Deutschland

Schaden für die Demokratie? Was der XXL-Bundestag bedeuten würde

Für nach der Wahl rechnen Experten erneut mit einem Bundestag in Rekordgröße. Auch wenn derzeit noch unklar ist, wie viele Abgeordnete nach dem 26. September tatsächlich ins Parlament einziehen werden, rechnen Experten mit einer Abgeordnetenzahl zwischen 650 und 1.000.

Für nach der Wahl rechnen Experten erneut mit einem Bundestag in Rekordgröße. Auch wenn derzeit noch unklar ist, wie viele Abgeordnete nach dem 26. September tatsächlich ins Parlament einziehen werden, rechnen Experten mit einer Abgeordnetenzahl zwischen 650 und 1.000. Aktuell umfasst das Parlament 709 Abgeordnete. Ausgelegt ist es ursprünglich nur für 598.

Viele Abgeordnete kosten viel Geld

Nicht nur, dass im ehrwürdigen Reichstagsgebäude allmählich der Platz knapp wird – ein noch größerer Bundestag würde vor allem noch mehr Kosten bedeuten, die letztlich der Steuerzahler trägt. Der Bund der Steuerzahler schätzt, dass der nächste Bundestag bis zu 1,2 Milliarden Euro mehr kosten könnte.

Auch dem Ansehen der Demokratie könnte dies abträglich sein, meinen Experten. Denn wenn Abgeordnete über das Wahlrecht abstimmen und so Konstellationen ermöglichen, in denen besonders viele Abgeordnete ins Parlament einziehen, könnte der Verdacht aufkeimen, man handele aus Eigennutz. Bereits 2019 hatten mehr als 100 Staatsrechtler in einem offenen Brief gewarnt, es dürfe nicht der Eindruck entstehen, den Abgeordneten sei "das eigene Hemd (…) wichtiger (…) als der Gemeinwohlrock". Auch zu bedenken ist, dass Entscheidungsprozesse und Diskussionen schwieriger werden, je mehr Abgeordnete ein Parlament hat – unter anderem auch, weil die Ausschüsse entsprechend größer würden. Staatsrechtlerin Sophie Schönberger erklärte gegenüber dem Deutschlandfunk, ab einer gewissen Größe käme das Parlament in einen Bereich, in dem er "als handlungsfähige demokratische Institution beschädigt" würde.

Warum der Bundestag eine neue Rekordgröße erreichen könnte

Maßgeblich für die Verteilung der Sitze im Bundestag ist das Verhältnis der Zweitstimmen. Mit der Erststimme entscheidet sich der Wähler bekanntlich für einen der Direktkandidaten im eigenen Wahlkreis. Erringt eine Partei mehr Direktmandate, als ihr Abgeordnete nach dem prozentualen Anteil der Zweitstimmen zustehen, kommt es zu den sogenannten Überhangmandaten – durch sie steigt die Zahl der Abgeordneten.

Seit 2013 gibt es zudem Ausgleichsmandate. Sie sollen sicherstellen, dass der Proporz der Zweitstimmen im Parlament trotz Überhangmandaten erhalten bleibt. Konkret bedeutet das, dass alle anderen Parteien entsprechend mehr Sitze bekommen, bis die durch die Überhangmandate eingetretene Verzerrung der Sitzverteilung wieder aufgehoben ist. Die Anzahl der Abgeordnetenzahl steigt also weiter.

Derzeit sitzen 709 Abgeordnete im Bundestag, laut Bundeswahlgesetz sollen es regulär 598 Abgeordnete sein. Damit ist der Bundestag das zweitgrößte Parlament der Welt – nach dem Nationalen Volkskongress Chinas der Volksrepublik China mit knapp 3.000 Abgeordneten. Allerdings ist Deutschland zugleich der bevölkerungsreichste Staat in Europa. Derzeit vertritt hierzulande ein Abgeordneter 117.000 Bürger. Im europäischen Vergleich gibt es durchaus Länder, die zwar nach der Abgeordnetenzahl ein kleineres Parlament haben, in denen aber ein Volksvertreter eine noch geringere Anzahl an Bürgern vertritt. Beispiele sind Italien (95.000 Bürger/Abgeordneten) und Österreich (49.000 Bürger/Abgeordneten).

Die Parteienlandschaft hat sich verändert

Doch mit dem Verfahren allein lässt sich das Anwachsen des Bundestages nur zum Teil erklären. Ein weiterer wichtiger Grund liegt in der Veränderung der Parteienlandschaft. In der Vergangenheit dominierten die beiden Volksparteien CDU/CSU und SPD im Wesentlichen die politische Landschaft. Heute sind mehrere mittelgroße Parteien hinzugekommen. Diese Konstellation begünstigt eine größere Zahl an Überhang- und dann auch Ausgleichsmandaten. Wahlrechtsreform soll vor der Bundestagswahl 2025 kommen Eine Wahlrechtsreform sollte eigentlich schon vor der Bundestagswahl am 26. September verabschiedet werden – da jedoch große Uneinigkeit zwischen den Parteien über die Lösung bestand, wurde nur eine kleine Reform umgesetzt, um ein allzu großes Anwachsen der Sitze im Bundestag zu vermeiden. Eine umfassende Reform wurde auf die nächste Legislaturperiode verschoben. Aktuell ist geplant, vor der Bundestagswahl 2025 die Anzahl der Wahlkreise von derzeit 299 auf dann 280 zu reduzieren. Parallel wird eine Reformkommission, zu gleichen Teilen besetzt mit Abgeordneten und Sachverständigen, auch weitere Ideen wie eine mögliche Absenkung des Mindestwahlalters auf 16 Jahre oder eine Verlängerung der Legislaturperiode erörtern.

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