Deutschland

Kritik an Corona-Beschlüssen: Nur ein "Ergebnis auf Sicht"

Nicht nur oppositionelle Parteimitglieder äußern ihre Bedenken über die getroffenen Entscheidungen des Bund-Länder-Gipfeltreffens, auf dem die weiteren Vorgehensweisen im Kampf gegen das Coronavirus vorgestellt wurden. FDP-Chef Christian Lindner, Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, die Vorsitzende der Linksfraktion Janine Wissler und weitere Stimmen werden laut, die mit den kommenden Maßnahmen und deren Begründungen nicht einverstanden sind.
Kritik an Corona-Beschlüssen: Nur ein "Ergebnis auf Sicht"Quelle: www.globallookpress.com © Clemens Bilan / Pool

Auf dem Corona-Gipfeltreffen von Bund und Ländern am 10. August wurden die Weichen für den Umgang mit der Pandemie in den kommenden Monaten getroffen. Eine Testpflicht zum Betreten öffentlicher Innenräume wird bei der Überschreitung gewisser Inzidenzwerte für nicht geimpfte Personen nötig, die bislang kostenfreien Tests müssen ab dem 11. Oktober selbst bezahlt werden, und erneut plädierte man für eine Verlängerung der epidemischen Lage nationaler Tragweite.

Dies trifft nicht nur auf Zustimmung in der Politik. Einige Stimmen äußerten sich daher nach den Beschlüssen öffentlich, um Kritik an den gefällten Entscheidungen zu üben.

Via Twitter meldete sich am Dienstagabend FDP-Chef Christian Lindner nach dem Corona-Gipfeltreffen von Bund und Ländern unzufrieden über die Beschlüsse zum weiteren Vorgehen im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Es wären keine zielführenden Maßnahmen für den Herbst getroffen worden, während die Regierung weiter auf Sonderrechte ohne Parlamentsbeteiligung setze.

Dass der Inzidenzwert weiterhin den zentralen Bewertungsmaßstab ausmachen solle, beklagte Lindner ebenso wie die bevorstehenden Einschränkungen für Ungeimpfte. Auch fehlten ihm klare Ansagen bezüglich Impfboostern und eine echte Strategie betreffend niedrigschwelliger Impfangebote.

Ähnlich unzufrieden klang eine Twitter-Meldung seines Parteikollegen Martin Buschmann, der sich fragte, was die Bundesregierung eigentlich den ganzen Sommer über gemacht hätte, um sich auf den anstehenden Herbst vorzubereiten. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion bemängelte wie Lindner die fehlenden Ideen in den Fragen nach einfacheren Impfangeboten, der Impfbooster und eines konkreten Indikatorenmodells für die tatsächliche Gefahrenlage.

Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bemängelte hingegen das Plädieren von Bund und Ländern auf eine Verlängerung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Gegenüber t-online sagte sie, dass das Grundgesetz Freiheitseinschränkungen einen engen Rahmen setze. Die unveränderte Feststellung der epidemischen Lage würde sie als falsch empfinden, weshalb eine Regelung für den Herbst benötigt würde, die der neuen Situation und der Zahl geimpfter Bürger Rechnung trage. Göring-Eckardt fordert daher das "für eine rechtssichere befristete Fortführung bestimmter, auf die aktuelle COVID-19-Situation zugeschnittener, nicht überaus eingriffsintensiver Maßnahmen wie Masken, AHA-Regeln und Tests" Voraussetzungen geschaffen werden.

Kritik an der Abschaffung der kostenlosen Corona-Tests sprach die Vorsitzende der Partei Die Linke aus. Janine Wissler prognostizierte im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland, dass sich aufgrund dieser Entscheidung ab Oktober weniger Menschen testen lassen werden. Dies würde letztendlich dazu führen, dass Infektionsketten und die Entwicklung des Infektionsgeschehens schwerer nachvollziehbar werden, was niemanden helfe. Es würde am Ende mehr Geld als die kostenlosen Test-Angebote verschlingen, die derzeit noch aus der Staatskasse bezahlt werden.

"Man sollte nicht vergessen, dass offenbar auch vollständig Geimpfte das Virus übertragen können, auch für sie sollte es kostenfreie Testangebote geben", erinnerte die Linken-Politikerin.

Es könne dagegen auch nicht sein, dass die kostenlosen Testangebote seitens Bund und Länder zum 11. Oktober eingestellt werden, Arbeitgeber jedoch weiterhin verpflichtet seien, ein derartiges Angebot aufgrund der Corona-Arbeitsschutzverordnung aus eigener Tasche bezahlen zu müssen, beklagt die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Der Staat dürfe die Kosten für Tests nicht einseitig auf Arbeitgeber abwälzen, weshalb spätestens am Datum der Beendigung der kostenfreien Testangebote auch die besondere Arbeitsschutzverordnung auszulaufen habe, forderte der BDA nach den Beratungen von Bund und Ländern.

"Wenn der Staat sich aus der Finanzierung der kostenfreien Corona-Tests zurückzieht, muss auch das verpflichtende Testangebot der Arbeitgeber enden", so der Arbeitgeberverband.

Planungssicherheit und Verlässlichkeit wären das Gebot der Stunde für Menschen und Betriebe in Deutschland. Der Bundeswahlkampf dürfe nicht auf dem Rücken von Arbeitgebern ausgetragen werden.

Selbst an den Beschlüssen Beteiligte, wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), zeigten sich nicht vollends zufrieden mit den Ergebnissen des Corona-Gipfeltreffens von Bund und Ländern. Es sei nur ein "Ergebnis auf Sicht" erreicht worden. Die nun geltende 3G-Regelung – die die Rückkehr zu Freiheiten für Geimpfte, Genesene und Getestete vorsieht – sei damit zu erklären, dass einige Personen mit Mitspracherecht in Sorge wären, abschließende Entscheidungen vor der Bundestagswahl zu treffen.

Eine 2G-Debatte würde aber nach seiner Ansicht in Zukunft anstehen, die sich um exklusive Zugänge von einzig Geimpften und Genesenen drehen wird. Bereits jetzt gäbe es Institutionen, exemplarisch nannte Söder Klubs, Fußballvereine und Hotels, die nur für vollständig Geimpfte geöffnet seien. "Das ist die Realität. Das wird auch noch stärker werden", vor allem wenn die Inzidenz wieder hochschnelle, sagte er in einem Interview mit den ARD-Tagesthemen. Es wäre ihm jedoch lieber, man würde ein ehrliches Gespräch darüber nicht erst nach der Bundestagswahl führen.

"Mir wäre es lieber, jetzt ehrlich darüber zu reden, als es zu vertagen bis nach der Bundestagswahl.

Ebenfalls ist der an der Konferenz beteiligte Ministerpräsident von Niedersachsen, Stephan Weil (SPD), nicht ganz mit den Beschlüssen einverstanden. Er beharrt darauf, dass neben der Inzidenz künftig weitere Kriterien zur Bewertung der Corona-Pandemie herangezogen werden müssten. Da der verabschiedete Beschluss der Regierungschefs von Bund und Ländern dies aber nicht vorsieht, steht in einer Protokollerklärung zum Beschluss, dass Niedersachsen einen neuen Maßstab zur Einschätzung des Pandemiegeschehens in Zukunft für geboten halte.

Weil bedaure es sehr, dass es keine gemeinsame Verständigung auf neue Parameter zur Lagebewertung gebe. Aus seiner Sicht müssten auch der Impffortschritt und die Intensivbettenbelegung neben der Inzidenz stärker berücksichtigt werden. Die Protokollerklärung brächte zum Ausdruck, dass Niedersachsen mit dem Beschluss nicht einverstanden und die Diskussion noch nicht beendet sei.

Er rechne mit der Veröffentlichung einer neuen niedersächsischen Verordnung zwischen dem 23. und 25. August, die einen neuen Maßstab zur Bemessung des Pandemiegeschehens bieten werde. Derzeit wäre eine Lösung in der Vorbereitung und verschiedene Modelle würden geprüft. Von Bund und Ländern hätte er sich bezüglich dieses Themas insgesamt eine präzisere Vorbereitung gewünscht.

Die Kritik am Festhalten des Inzidenzwertes wird auch von dem Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins geteilt. Daniel Günther (CDU) hätte sich gewünscht, dass die Vereinbarung, die ab dem 23. August dafür sorgt, dass nur noch Geimpfte, Genesene oder negativ Getestete Zugang zu bestimmten Innenräumen erhalten, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz den Wert von 35 übersteigt, auch an weitere Indikatoren geknüpft worden wäre.

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