Deutschland

"Ehrenmord"? Berlins Integrationssenatorin von den Linken relativiert Aussage

Der Mord an einer Afghanin in Berlin, die mutmaßlich von ihren Brüdern getötet worden war, weil sie nach westlichem Vorbild hatte leben wollen, schockierte nicht nur die Öffentlichkeit. Sie stieß unerwartet eine Debatte um den Begriff Ehrenmord an. Linken-Senatorin Breitenbach, die von Femizid sprach, rudert nun zurück.
"Ehrenmord"? Berlins Integrationssenatorin von den Linken relativiert AussageQuelle: www.globallookpress.com © Jörg Carstensen / dpa

Um die Tötung der 34-jährigen Afghanin Maryam H. ist in Berlin unerwartet eine Debatte entflammt: Kann man das Verbrechen einen sogenannten Ehrenmord nennen? Auslöser der Diskussion war die Senatorin für Soziales, Arbeit und Integration aus den Reihen der Linken, Elke Breitenbach. Die 60-Jährige hatte nämlich unmittelbar nach Bekanntwerden des Todes der jungen Frau dem Tagesspiegel erklärt, dass es sich bei dem Verbrechen um keinen Ehrenmord, sondern um einen Femizid handelt.

Die Staatsanwaltschaft selbst hatte in dem Haftbefehl gegen die zwei Verdächtigen geschrieben, dass die Beschuldigten "aus gekränktem Ehrgefühl" die Tat begangen hätten. Als Verdächtige gelten zwei Brüder der Frau im Alter von 22 und 25 Jahren. Die Staatsanwaltschaft selbst ist überzeugt, dass sich hierbei um einen sogenannten Ehrenmord handelt.

Die 34-Jährige war 2013 aus Afghanistan nach Deutschland gekommen und hatte einen Asylantrag gestellt. Sie war verheiratet, soll sich jedoch 2017 von ihrem wohl gewalttätigen Mann scheiden lassen haben. Seitdem lebte die junge Frau in einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin mit ihren zwei Kindern und soll zuletzt eher einen westlichen Lebensstil geführt haben. Sie trug offenbar kein Kopftuch mehr, hatte sich geschminkt, westlich gekleidet, ging aus und soll gar neu verliebt gewesen sein. Sehr zum Missfallen ihrer Familie offenbar. Sie soll laut einem Bericht der B.Z. gar in Todesangst vor ihren Brüdern gelebt haben. Die beiden jungen Männer sollen laut der Zeitung bereits polizeibekannt gewesen sein, unter anderem, weil sie auch gegenüber ihrer Schwester gewalttätig gewesen seien.

Die zwei Männer sitzen nun seit dem 4. August in Untersuchungshaft. Sie sollen ihre Schwester gemeinsam getötet, den Leichnam der Frau in einem Koffer mit dem Zug von Berlin nach Bayern transportiert und dort in der Nähe des Wohnortes eines der Brüder vergraben haben. Als Tatmotiv wurde im Haftbefehl eine Ehrverletzung der beiden Brüder angeführt, da das Leben ihrer geschiedenen Schwester nicht ihren Vorstellungen von Moral entsprochen habe.

Doch von einem sogenannten Ehrenmord wollte Integrationssenatorin Breitenbach zunächst nicht sprechen. Dem Tagesspiegel erklärte die Linken-Politikerin:

"In Deutschland wird jeden dritten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Das ist kein Ehrenmord, das ist Femizid."

Sie habe "leider keine Idee, wie man Männer besser integrieren kann". Es gehe hierbei nicht um die Herkunft und die Nationalität der Täter, es gehe um die Frage des Geschlechts, so Breitenbach. 

Auf die Aussagen der Politikerin folgte scharfe Kritik sowohl von Politikern anderer Parteien als auch von Integrationsexperten. Kai Wegner, CDU-Spitzenkandidat für die Berliner Abgeordnetenhaus-Wahl, bezeichnete Breitenbachs Worte als "Teil des Problems". Laut Wegner leugnet "Frau Breitenbach die Realität, um ihr brüchiges Weltbild zu stabilisieren". Der CDU-Politiker führte an: 

"Wer die religiös-kulturellen Hintergründe von sogenannten Ehrenmorden abstreitet, schützt die Täter und lässt die Opfer im Stich."

Wegner forderte "ein konsequentes Vorgehen gegen Ehrenmorde, Zwangsheiraten, Unterdrückung und familiäre Zwangsstrukturen", weil man dies auch Frauen mit Migrationshintergrund, die in Deutschland in Freiheit und Selbstbestimmung leben wollten, schuldig sei.

Auch die SPD-Spitzenkandidatin für Berlin Franziska Giffey kritisierte die Linken-Politikerin. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter schrieb Giffey: 

"Mich erschüttert der grausame Mord an der jungen Frau und Mutter Maryam zutiefst. Ihr wurde aus verletztem Ehrgefühl das Leben genommen, weil sie so lebte, wie sie es wollte. Es muss klar benannt werden, dass das nichts anderes ist als ein schrecklicher Ehrenmord."

Auch der deutsch-israelische Psychologe Ahmad Mansour mahnte in einem Interview mit dem Tagesspiegel, dass man "die kulturellen und religiösen Hintergründe von bestimmten Phänomenen" nicht ignorieren dürfe. Er sagte: 

"In der Gesellschaft herrscht kaum ein Wahrnehmungsbewusstsein für die Probleme, die es bei der Integration von Migranten gibt. Sehr viele verdrängen oder relativieren diese Probleme. Bei Ehrenmord wird von Femizid gesprochen, vom allgemeinen Phänomen von Gewalt gegenüber Frauen."

Natürlich gebe es diese allgemeine Gewalt gegen Frauen, so Mansour weiter. "Aber wenn wir dabei die kulturellen und religiösen Hintergründe von bestimmten Phänomenen ausblenden, hilft das nicht weiter."

Auf Twitter schrieb der Psychologe, der sich seit Jahren mit dem Thema der Integration von Zugewanderten beschäftigt, dass ihn der Umgang der Politik mit dem Thema Ehrenmord sprachlos mache: 

"Es macht mich sprachlos, wütend wie naiv, plan- und konzeptlos die Politikerin aus Berlin mit dem Thema umgeht. Diese Politik hilft keinem Migranten, keinem Flüchtling, sondern dient nur dem Zufriedenstellen der eigenen Ideologieanhänger."

Auch Breitenbach ruderte zurück und relativierte ihre Aussage inzwischen. Der dpa erklärte die Linken-Politikerin nach der scharfen Kritik dann am Montag, dass sie den Begriff "Ehrenmord" als unpassend empfindet. Denn er beinhalte eine "Rechtfertigung der Täter". Breitenbach führte an, dass es bei Mord "keine Ehre gibt", weshalb sie auch den Begriff "Femizid" verwende. Darunter wird ein Mord an einer Frau aufgrund ihres Geschlechts verstanden. Breitenbach betonte im Gespräch mit der dpa, dass es dabei immer – wie auch bei dieser Tötung – um patriarchale Strukturen gehe.

Auch die muslimische Frauenrechtlerin Seyran Ateş hatte sich zum Thema geäußert. Am Dienstag sagte sie dem rbb Inforadio, dass die Politik hierzulande das Phänomen der sogenannten Ehrenmorde anerkennen und auch so benennen solle. Es wäre in der Integrationspolitik schon viel gewonnen, wenn akzeptiert würde, dass es so etwas wie "Ehrenmorde" gebe. Ateş sagte:

"Ehrenmorde sind nur die Spitze des Eisberges. Man muss genauer hingucken."

Es gebe große Probleme in diesen Parallelgesellschaften mit häuslicher Gewalt und Zwangsverheiratungen. Dort müsse bereits angesetzt werden.

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