Deutschland

"Den Gegnern der Freiheit zu trotzen": Die außenpolitische Agenda von CDU und CSU

CDU und CSU haben ihr Wahlprogramm verabschiedet. Dieses gewährt auch Einblicke in die außenpolitische Gedankenwelt der Unionsparteien, die nach eigenem Bekunden stets vom "christlichen Menschenbild" geleitet werden. Bei der "Gestaltung der Weltordnung" ringe die "Wertegemeinschaft" der NATO mit "autoritären Staaten", ist man sich sicher.
"Den Gegnern der Freiheit zu trotzen": Die außenpolitische Agenda von CDU und CSUQuelle: www.globallookpress.com

"Das Programm für Stabilität und Erneuerung. Gemeinsam für ein modernes Deutschland" So ist das 139-seitige Wahlprogramm überschrieben, mit dem CDU und CSU für die Bundestagswahl im September an den Start gehen. "Wir können Deutschland führen", versprechen die Unionsparteien selbstsicher für den Start in die Nach-Merkel-Ära.

Das Wahlprogramm wurde von den Spitzenfunktionären beider Parteien einstimmig beschlossen. Zuvor erklärte in der Präsidiumssitzung Bundeskanzlerin Kanzlerin Merkel, die nach knapp 16 Jahren an der Regierung nicht mehr zur Wahl antritt,  dass Deutschland angesichts der Corona-Pandemie vor tiefgreifenden Umbrüchen stehe.

Deutschland solle international mehr Verantwortung übernehmen

Durch die Pandemie seien die Karten global noch einmal neu gemischt worden. Laut dem Wahlprogramm habe die Pandemie nochmals verdeutlicht, "wie vernetzt die Welt" doch sei. Die globalen "Menschheitsaufgaben" ließen sich nur gemeinsam lösen. Dafür sei es jedoch notwendig, global "mehr Verantwortung zu übernehmen".

"Es ist in unserem eigenen Interesse, dass wir international mehr Verantwortung übernehmen."

Die Unionsparteien erkennen nun in diesem Zusammenhang einen "weltweiten Epochenwechsel", der vor allem auf den Aufstieg Chinas zurückzuführen sei und in dem sich somit das "internationale Machtgefüge" nachhaltig verändere. Auf der internationalen Bühne beobachten CDU und CSU wenige Programmzeilen später gleich mehrfach einen Bruch des Völkerrechts:

"Wir erleben die Missachtung des Völkerrechts und Regelbrüche durch bedeutende Staaten des internationalen Systems, und wir sehen, dass sich weltweit populistische Strömungen ausbreiten, auch in demokratischen Staaten."

Demokratien ringen mit autoritären Staaten

Selbstkritik findet an dieser Stelle allerdings keinen Platz. Deutschlands Handeln in der Welt sei demzufolge ohnehin stets unerschütterlich vom "christlichen Menschenbild" geprägt. Auf dieser Grundlage sei es nun geboten, eine "Sicherheitsarchitektur" zu schaffen, um dadurch proaktiv zur "Gestaltung der Weltordnung" beitragen zu können. Nur auf diese Weise sei es möglich, das Rennen um Macht und Einfluss im Sinne der Demokratien zu entscheiden und den eigenen Werten zum internationalen Durchbruch zu verhelfen. Dafür sei es nun höchste Zeit, denn "autoritäre Staaten" würden danach streben, die eigene Ordnung zu "destabilisieren".

"Demokratien und autoritäre Staaten ringen um den globalen Gestaltungsanspruch im 21. Jahrhundert. Es geht um den Fortbestand unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung, die autoritäre Staaten in Frage stellen und zu destabilisieren versuchen."

Um gemeinsam mit den USA aus dieser selbst diagnostizierten Rivalität gestärkt hervorzugehen, gelte es nun, "die internationale regel- und wertebasierte Ordnung wieder zu stärken". Auch im indopazifischen Raum und in Lateinamerika sei es nun an der Zeit, die Werte der transatlantischen Gemeinschaft zur Geltung zu bringen.

"Dabei leitet uns der Gedanke der Freiheit und der unantastbaren Würde des Menschen."

Es seien die bereits erwähnten "autoritären Staaten", die versuchen würden, etwa die universelle Gültigkeit der Menschenrechte "aufzuweichen".

Für Deutschland selbst sei es nun an der Zeit, gemeinsam mit den Verbündeten und Partnern eine "führende" Rolle auf der globalen Bühne einzunehmen – und dies zur Not "auch militärisch". Dazu schwebt der CDU und der CSU eine nationale Sicherheitsstrategie vor, die regelmäßig vorzulegen sei.

Als Instrument zur auch internationalen Stärkung der Demokratie will man auch die politischen Stiftungen weiterhin "angemessen finanziell unterstützen".

Gemeinsam mit den USA unter Präsident Joe Biden will man nun die großen Themen der Zeit anpacken. Darunter die Klima-, Handels-, Wissenschafts- und Technologiepolitik.

"Unser Ziel muss sein, gemeinsam den Gegnern der Freiheit zu trotzen, globale Standards zu setzen und unseren technologischen Vorsprung zu wahren und auszubauen."

Die NATO als Wertegemeinschaft

In diesem Zusammenhang soll die "NATO als Wertegemeinschaft und Sicherheitsbündnis" der Garant der euroatlantischen Sicherheit sein. Garantiert werde "diese Sicherheit durch die nukleare Teilhabe, die Beistandsklausel für den Bündnisfall und die Präsenz amerikanischer Soldaten in Europa".

Die NATO als Wertegemeinschaft zu betrachten, ist dabei durchaus längst auch fraktionsübergreifend im Deutschen Bundestag konsensfähig. So meinte etwa auch Cem Özdemir als ehemaliger Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen erkannt zu haben, dass es sich bei der NATO um eine "Wertegemeinschaft" handele, die sich als Militärbündnis für "Demokratie" einsetzt:

"Jetzt geht es darum, dass die NATO deutlich macht, dass sie eine Wertegemeinschaft ist und für Demokratie steht. Da gibt es einiges zu tun."

Insbesondere gegenüber Russland sei es laut Özdemir an der Zeit, die NATO-Flagge der Demokratie zu schwingen. CDU und CSU bemühen zudem an dieser Stelle auch den ohnehin vielzitierten Begriff der "Wertegemeinschaft", welche durch andere Staaten mit Atomwaffen herausgefordert würde.

Daher sei es unabdingbar, auch weiterhin unter dem "nuklearen Schutzschirm" der USA zu verweilen. Als "gleichberechtigter Partner" solle sich "Europa" (gemeint ist wieder die EU) global für die eigenen Werte einsetzen. Letztere werden mit "Freiheit, Frieden und Demokratie" zusammengefasst.

Bekenntnis zum 2-Prozent-Ziel der NATO

Um die zukünftige Rolle Deutschlands zu unterstreichen, wird anschließend erneut unterstrichen, dass es für die eigenen Werte zwingend sei, mehr Verantwortung zu übernehmen – und zwar gemeinsam mit den NATO-Bündnispartnern. Dies gelte sowohl für "robuste Einsätze" als auch bei den sogenannten "Friedensmissionen". Doch auch in der sogenannten "Entwicklungszusammenarbeit" wolle man mit den NATO-Partnern gemeinsam den eigenen Werte-Kanon zur Geltung bringen. Dafür bekennen sich CDU und CSU "explizit" zur US-Vorgabe für die NATO, 2 Prozent des jeweiligen Bruttosozialprodukts jedes Mitgliedslandes in die Aufrüstung zu investieren.

"Wir Europäer müssen stärker als bisher für Stabilität in unserer Nachbarschaft Sorge tragen und für eine faire Lastenverteilung eintreten. Wir bekennen uns explizit zum 2-Prozent-Ziel der NATO."

Bis wann das seit Jahren bekräftigte Ziel erreicht werden soll, wurde nicht näher ausgeführt. Wie Bundeskanzlerin Merkel beim NATO-Gipfel in Brüssel erklärte, gehe sie davon aus, dass Deutschland dies "in Richtung 2030" erreichen könne. Gegenüber Russland will man weiterhin die sprichwörtliche "klare Kante" zeigen – insbesondere, was die Krim anbelangt. Gemeinsam wollen sich die Unionsparteien "für eine Rückkehr zum legitimen völkerrechtlichen Status der Krim einsetzen".

"Solange die russische Regierung dazu nicht bereit ist, müssen die Sanktionen bestehen bleiben."

Russland konstruktiv und entschlossen begegnen

Ohnehin wolle man stets "Russland konstruktiv und entschlossen begegnen". Auch teile Russland nicht die Werte der transatlantischen Gemeinschaft und fordere diese heraus. Zwar wolle man keine militärische Konfrontation in Europa riskieren, und doch befinde man sich diesbezüglich in einem Dilemma, denn Russland strebe danach, "eigene Interessen durchzusetzen". Dafür schrecke Moskau nicht einmal vor "offenen Drohungen gegen NATO-Verbündete zurück". Nähere Angaben zur Natur der angeblichen Drohungen werden an dieser Stelle nicht gemacht. Zum weiteren Arsenal Russlands bei der Durchsetzung eigener Interessen würden des Weiteren Cyberangriffe, aber auch "Desinformation und Propaganda" zählen. Auch hier wird die Faktengrundlage für solche Anschuldigungen nicht näher erläutert.

Wenn es allerdings um den Klimaschutz und die wirtschaftliche Zusammenarbeit geht, ist man jedoch trotz allem zum Dialog bereit. Doch so viel steht für die Schwesterparteien fest: Mehr politische Geschlossenheit innerhalb der NATO und der EU seien genauso gefragt wie "die Fähigkeit zur glaubhaften Abschreckung und Resilienz. Nur so ließe sich die Herausforderung durch "autoritäre Staaten", zu denen ganz offensichtlich auch Russland zu zählen ist, wirksam meistern.

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