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"Weit unter der Gürtellinie": Sexismus-Vorwürfe gegen Baerbock-Kritiker

Aktuell bestimmen vor allem Meldungen über ihren Lebenslauf die Debatte um Annalena Baerbock. Das stößt bei den Strategen der Partei auf Unverständnis. Nicht nur Katrin Göring-Eckardt wittert hinter den Schlagzeilen insbesondere eine frauenfeindliche Kampagne.
"Weit unter der Gürtellinie": Sexismus-Vorwürfe gegen Baerbock-KritikerQuelle: www.globallookpress.com

Viele Wahlberechtigte, vor allem unter den Jüngeren, können sich an niemanden sonst im Kanzleramt erinnern, als an Angela Merkel. Nun steht mit Annalena Baerbock wieder eine Frau in den Startlöchern, diesmal als grüne Hoffnungsträgerin, um in die Fußstapfen der "ewigen Kanzlerin" zu treten.

Dabei geht sie bislang jedoch alles andere als taktisch klug vor. Sie selbst lieferte ihren politischen Gegnern in Politik und Gesellschaft in den vergangenen Wochen immer wieder Steilvorlagen, um ihrer Kanzlerkandidatur womöglich den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Abfällige Kommentare über ihren Co-Vorsitzenden der Grünen, Robert Habeck, eine umstrittene Selbstzuschreibung der Qualifikation als "Völkerrechtlerin", das Eingeständnis zur Berücksichtigung und Regulierung von Nebeneinkünften erst nach Aufdeckung und sich mehrfache wiederholende Korrekturen in der Vita bezüglich ihrer akademischen Laufbahn brachten ihr den Ruf ein, es mit der Umschreibung der eigenen Vergangenheit in vielen Punkten nicht so genau zu nehmen. Für eine Kanzlerkandidatin, die naturgemäß unter besonderer Beobachtung steht, sind das recht viele – eigentlich vermeidbare – Fettnäpfchen, in die Baerbock in kürzester Zeit getreten ist.

Und bisher weiß niemand sicher, ob das Ende dieser selbstverschuldeten Pannenserie erreicht ist. So tauchten unlängst neue Ungereimtheiten im nun bereits weit weniger schillernden Lebenslauf der Grünen-Politikern auf. Zuletzt kam ans Licht, dass sie – entgegen eigenen Angaben – kein Mitglied des German Marschall Fund ist.

Doch es regt sich auch Widerstand, um der vermeintlichen "Völkerrechtlerin" nach Kräften beizustehen. Und dabei wird durchaus schweres Geschütz aufgefahren. Schwer ins Gewicht fallen dürfte etwa der Vorwurf des "Sexismus" an die Adresse der Baerbock-Kritiker. Nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt war es zuletzt keine Geringere als Katrin Göring-Eckardt, die diesen Vorwurf erhob.

Die Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen argumentierte während der "Berliner Runde", es sei zwar gut, dass Journalisten recherchierten, aber:

"Wenn ich mir anschaue wie auf die einzige Frau im Rennen gerade draufgehauen wird, die Vorwürfe weit unter der Gürtellinie auf eine Frau gezogen werden, dann finde ich das nicht nur absurd und unterirdisch, sondern das entmutigt viele andere Frauen auch, überhaupt in der Politik noch eine Rolle spielen zu wollen."

Auch neben Frau Göring-Eckardt mehrten sich zuletzt Stimmen, die ähnliche Vorwürfe in den Raum warfen.

Gleichzeitig wurde die 40-jährige Baerbock in den vergangenen Monaten wohl wie keine andere Politikerin der letzten Jahre mit unvergleichlich vielen Vorschusslorbeeren bedacht und zur neuen "Hoffnungsträgerin" der Nation aufgebaut.

Genau das war wohl für viele ihrer Kritiker ein willkommener Anlass, um die Politikerin möglichst wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen. Ausfälle wie etwa die eines Hans-Georg Maaßen sind zwar wiederum äußerst fragwürdig, aber doch nur schwer als zweifelsfreier Hinweis auf sogenannten Sexismus zu interpretieren.

Dann sind da allerdings noch krude Theorien und Behauptungen – etwa zum Privatleben von Annalena Baerbock. So wird behauptet, die neue grüne Galionsfigur hätte sich vor Beginn ihrer politischen Karriere angeblich für Nacktfotos zur Verfügung gestellt.

Auch Meldungen wonach Baerbock beabsichtige, die Witwenrente abzuschaffen, geisterten durchs Netz. Allen erfundenen, verkürzten oder irreführenden Meldungen ist jedoch stets eines gemeinsam: Sie erreichen alle nicht ein so großes mediales Echo wie die von Baerbock selbst verschuldeten "Böcke".

Wenn es nun doch nicht mutmaßlich plumper Sexismus ist, der sich über Baerbock ergießt, so könne es für auf Diskreditierung abzielende Falschmeldungen  nur noch eine plausible Erklärung geben: Es müsse sich offenbar um eine von Russland (und der Türkei) ferngesteuerte Desinformationskampagne handeln.

Davon ist etwa Cem Özdemir überzeugt, der frühere Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Russland und die Türkei würden im Vorfeld der Bundestagswahl digitale "Schmutzkampagnen" gegen seine Partei und insbesondere gegen deren Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock betreiben. In einem Interview mit dem Tagesspiegel war er sich sicher:

"Annalena und wir werden nicht mehr nur national, sondern auch durch Putin und seine Geheimdienste sowie durch türkische Aktivisten angegriffen, die im Internet Schmutzkampagnen gegen sie und uns Grüne fahren."

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