Deutschland

Keine Zeit für Doktorarbeiten? Olaf Scholz verteidigt Infektionsschutzgesetz und erntet Widerstand

Spitzenpolitiker der SPD wie Olaf Scholz haben dazu aufgerufen, die Änderungen am Infektionsschutzgesetz zügig umzusetzen – darunter auch die Ausgangssperren. Andere Parteimitglieder stellen sich wiederum dagegen oder fordern Ausnahmen wie etwa beim Kindersport.
Keine Zeit für Doktorarbeiten? Olaf Scholz verteidigt Infektionsschutzgesetz und erntet WiderstandQuelle: www.globallookpress.com © Kai Nietfeld

Führende SPD-Politiker haben davor gewarnt, den aktuellen Gesetzentwurf für eine bundeseinheitliche Corona-Notbremse zu blockieren, berichtet die Tagesschau. "Unverantwortlich wäre es jetzt, eine ganz lange wissenschaftliche Debatte darüber zu führen, was man alles auch anders machen könnte, ohne zu handeln", sagte Vizekanzler Olaf Scholz im Interview mit der Saarbrücker Zeitung.

"Wir können jetzt nicht Doktorarbeiten und Habilitationen schreiben. Wir müssen die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger schützen", betonte Scholz.

Es müssten jetzt Maßnahmen beschlossen werden, "die auch Wirkung zeigen". Auch Einwände gegen die geplanten Ausgangsbeschränkungen ab einem Inzidenzwert von 100 wies Scholz zurück. Die Bedenken seien "unverantwortlich". "Es geht darum, Kontakte zu beschränken, und das ist ein Weg, das zu erreichen – neben vielen anderen, die ebenfalls in dem Gesetz vorgesehen sind", hob er hervor.

Ähnlich äußerte sich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Sie sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, die Diskussion um eine Veränderung des Infektionsschutzgesetzes dürfe "nicht davon ablenken, dass wir jetzt handeln müssen. Ich appelliere an alle, sich an die Notbremse zu halten, und ich bitte die Bevölkerung, die Schutzmaßnahmen einzuhalten".

Gleichzeitig sprach sie sich für Nachbesserungen bei der Gesetzesänderung aus. Es gebe "Fragen bezüglich der Rechtsfolgen und auch der Verhältnismäßigkeit". Der vom Bundeskabinett verabschiedete Entwurf bleibe auch "in einigen Punkten hinter der Beschlusslage der Notbremse zurück". 

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach sich im Deutschlandfunk nachdrücklich für die Ausgangsbeschränkungen aus. Es gehe hier nicht nur darum, abendliche Indoor-Kontakte zu verringern, auch draußen könne man sich sehr wohl anstecken, sagte er. Gegenteilige Äußerungen von Aerosolforschern seien nicht wissenschaftlich belegt, sondern nur die Meinungsposition der Beteiligten.

"Aerosolforscher hin oder her" – Widerstand in der Partei

Doch in der SPD gibt es auch andere Stimmen. So kritisierte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller den Beschluss des Bundeskabinetts zur bundesweiten Corona-Notbremse. "Wir müssen doch sehen, dass wir ein Stück Normalität zurückgewinnen", sagte Müller am Dienstagabend im rbb. Es seien wichtige Erfahrungen, zu sehen, wie etwas in der Gastronomie oder in der Kultur funktioniere, so Müller weiter. Er hoffe deshalb, dass diese Erfahrungen in den Beratungen des Bundestages noch Einfluss finden werden.

Trotzdem befürwortete auch er einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen bei der Notbremse. Dieser würde "auch ein Stück mehr juristische Sicherheit" geben.

SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider stellte sich klar gegen die geplante Ausgangssperre von 21 bis 5 Uhr: "Wir müssen Spaziergänge ermöglichen, sonst kriegen die Leute einen Knall." Er selbst sei in einem Erfurter Plattenbau aufgewachsen und wisse, "wie es sich anfühlt, in engen Wohnungen zu leben".

Der SPD-Abgeordnete Klaus Mindrup zeigte sich ebenfalls empört: "Villenbewohner sind davon nicht wirklich betroffen." Die Ausgangssperre sei so sinnlos wie die Schließung der Spielplätze im ersten Lockdown, so Mindrup laut der Bild-Zeitung.

Andere Parteimitglieder plädieren für klare Ausnahmeregelungen. Der SPD-Abgeordnete Mahmut Özdemir fordert eine Herausnahme des Sports im Freien und kontaktlosen Sport für Kinder und Jugendliche von der geplanten Corona-Notbremse ohne Alterslimit. "Wenn Kinder in der Kita und Schule Hygieneregeln einzuhalten haben, kann man es ihnen auch beibringen, wie sie kontaktlos Sport betreiben können", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Ich glaube nicht, dass das eine Altersfrage, sondern eine pädagogische ist." In der Debatte um die Änderung des Infektionsschutzgesetzes war eine Begrenzung auf bis 14-Jährige die Rede.

Generell könne er zudem nicht verstehen, wenn die Sportverbände dank ihrer Hygienekonzepte sich top vorbereitet auf Corona und kontaktlosen Sport im Freien hätten, aber der Sport nicht vom Infektionsschutzgesetz mit Ausgangssperren ausgenommen würde. "Unter dem Strich muss man sagen, Aerosolforscher hin oder her: Sport im Freien ist kein Infektionstreiber." Dass die Politik dies bisher nicht hören wollte, bezeichnet er "als Versäumnis, das man jetzt dringen korrigieren muss".

In der Fraktion hoffen viele auf die morgige Anhörung im Bundestag, bei der auch externe Experten ihre Kritik vortragen sollen, schreibt die Bild-Zeitung. Der Abgeordnete Detlef Müller verspricht: "Wir gehen an das Gesetz ran und verändern die Ausgangssperre, damit Sport und Spazierengehen mit dem eigenen Hausstand erlaubt bleiben."

Infektionsschutzgesetz sieht Ausgangssperre vor 

Das Bundeskabinett hatte am Dienstag den Entwurf für das neue Infektionsschutzgesetz gebilligt. Dieses sieht erstmals eine bundeseinheitliche Notbremse vor, die ab einem Inzidenzwert von 100 greifen soll. Die Notbremse umfasst unter anderem eine nächtliche Ausgangssperre und die Schließung der meisten Geschäfte. Der Bundestag will darüber am Mittwoch kommender Woche entscheiden. Das teilte die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann, in Berlin mit. Es werde aber noch deutlich länger als acht Tage dauern, bis die Änderungen am Infektionsschutzgesetz wirksam würden, sagte sie. Vor allem aus einigen Bundesländern sowie von AfD und FDP gibt es Widerstand gegen das Vorhaben.

Mehr zum Thema - Ex-Richterbund-Chef Gnisa "fassungslos": Bund plane "nicht mehr einzufangenden Dauerlockdown"

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.