Deutschland

"Lasse mich nicht bevormunden" – Seehofer will sich nicht mit Vakzin von AstraZeneca impfen lassen

Die Impfung der älteren Kabinettsmitglieder mit AstraZeneca soll laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bei der Bevölkerung wieder Vertrauen in den umstrittenen Impfstoff wecken. Bundesinnenminister Horst Seehofer will bei der Aktion nicht mitmachen.
"Lasse mich nicht bevormunden" – Seehofer will sich nicht mit Vakzin von AstraZeneca impfen lassenQuelle: www.globallookpress.com

Bundesinnenminister Horst Seehofer (71) will sich nicht mit dem jetzt vor allem für ältere Menschen vorgesehenen Vakzin von AstraZeneca impfen lassen. Das sagte eine Sprecherin des Ministeriums am Donnerstag auf Anfrage. Zuvor hatte die Bild-Zeitung berichtet, Seehofer habe einen Appell von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an die älteren Kabinettskollegen, sich mit dem Vakzin impfen zu lassen, zurückgewiesen. "Ich lasse mich nicht bevormunden", sagte der CSU-Politiker demnach zu Bild.

Bund und Länder waren am Dienstagabend der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) gefolgt, das Präparat von AstraZeneca in der Regel nur noch für Menschen ab 60 Jahren einzusetzen. Im Kabinett wären es außer Seehofer Vize-Kanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (62), Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (62), Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (65) und Kanzlerin Angela Merkel (66). Laut Bild hatte Spahn auch den Ü60-Ministerpräsidenten eine Impfung mit dem britisch-schwedischen Impfstoff nahegelegt. Er sagte, dass die Impfung mit AstraZeneca eine gute Vorbildwirkung entfalten könne.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (72) hatte sich im März gegen das Coronavirus AstraZeneca impfen lassen. Der 62-jährige niedersächsische Ministerpräsident Stefan Weil hat einer Impfung bereits zugesagt, "solange er an der Reihe ist".

Eine Impfung mit AstraZeneca ist für Jüngere weiterhin möglich, allerdings "nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung". Hintergrund sind Fälle von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen. Erst Mitte März waren AstraZeneca-Impfungen nach einer Impfpause von einigen Tagen und neuen Überprüfungen wieder angelaufen.

Die Altersbeschränkung für das Präparat haben erhebliche Konsequenzen für die Planung der gesamten Corona-Impfungen in Deutschland. Der Deutsche Lehrerverband sprach von einem "katastrophalen Rückschlag für die gerade Fahrt aufnehmende Impfung von Lehrkräften" und forderte eine Umstellung auf andere Präparate. Die Bundesregierung bat die Bürger um Verständnis, dass nun zunächst einige Umorganisationen erforderlich seien. So müssten Lieferungen an Impfzentren und dann auch Arztpraxen für die Zeit nach Ostern neu austariert werden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Die CDU-Gesundheitspolitikerin Karin Maag nannte die neuen Vorgaben eine "angemessene Reaktion" auf die Auffälligkeiten. "Auf dieser Grundlage kann die Impfkampagne gut und sicher weitergeführt werden." Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte am Dienstagabend in der ARD: "Wir werden eine kleine Delle haben von ein paar Tagen, wo es Verwirrung gibt, aber dann wird das Impftempo wieder voll anziehen." Generell überwiege bei den über 60-Jährigen der Nutzen mögliche Risiken. "Es ist ein sehr guter Impfstoff, den ich weiter empfehlen kann."

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) rät weiterhin nicht zu Einschränkungen bei der Anwendung des AstraZeneca-Impfstoffs. Der Sicherheitsausschusses der EMA hatte zuletzt bekräftigt, dass der Impfstoff "sicher und wirksam" sei, und es keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Blutgerinnsel gebe.

(rt/dpa)

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