Dudens Genderpolitik in der Kritik: Tradition verliert den Kampf um Wortbedeutungen
Bisher fühlten sich Männer und Frauen gleichermaßen angesprochen, wenn man beispielsweise vom "Bäcker" oder "Doktor" sprach. Die Wenigsten dürften sich von der grammatisch maskulinen Bezeichnung diskriminiert gefühlt haben, dennoch macht nun der Duden, das wichtigste deutsche Rechtschreibwörterbuch, mit diesem sogenannten generischen Maskulinum Schluss.
"Die Festlegung des grammatischen Genus Maskulinum auf das natürliche Geschlecht entspricht nicht der Systematik des Deutschen", warnt die Sprachwissenschaftlerin Prof. Ursula Bredel. Wenn das Wort "Mieter" nur noch männliche Mieter bezeichne, erschwere dies auch die Bezeichnung diverser Menschen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen: Die bislang häufige Bezeichnung "Mieter (m/w/d)" wäre dann nicht mehr möglich.
Die Grammatik-Expertin Prof. Gisela Zifonun warnte bereits 2018 vor einer Abschaffung des generischen Maskulinums: "Sprachsystematisch führt ein Total-Verzicht auf maskuline Personenbezeichnungen in geschlechtsneutraler Deutung zu empfindlichen Lücken", schrieb sie im IDS Sprachreport.
Auch die Mannheimer Linguistik-Professorin Angelika Wöllstein gibt zu bedenken: Bei einer Durchsage im Zug "Ist ein Arzt an Bord?" seien nicht nur männliche Ärzte gefragt. Dasselbe gelte für Wendungen wie "zum Arzt gehen" oder "zum Bäcker gehen". Lexikalische Informationen im Wörterbuch sollten solchen Beispielen nicht widersprechen, fordert Wöllstein.
Der Duden hält an seinem Kurs fest. Die Redaktionsleiterin Kathrin Kunkel-Razum erklärt:
"Ein geschlechterübergreifender Gebrauch der maskulinen Formen, besonders im Plural ("Die Lehrer dieser Schule engagieren sich sehr"), wird von der Redaktion auch weiterhin in Beispielen gezeigt. Allerdings gerät dieser Gebrauch immer stärker in die Diskussion, da oft nicht eindeutig ist, ob nur männliche oder Personen aller Geschlechter gemeint sind."
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(rt/dpa)
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