Deutschland

"Hallo, liebe Menschen!" – Stuttgart übt die genderneutrale Ansprache

Um "Rollenklischees und Diskriminierung" zu vermeiden: Nach Hannover könnte nun Stuttgart auf eine gendergerechte Sprache umsteigen. Der grüne Ministerpräsident zeigt jedoch sein Unverständnis und nennt die Reformen "Tugendterror".
"Hallo, liebe Menschen!" – Stuttgart übt die genderneutrale Ansprache© Screenshot

Im Stuttgarter Rathaus könnte die Anrede "Sehr geehrte Damen und Herren" bald der Vergangenheit angehören, schreiben Medien des Axel-Springer-Verlags. Einer Vorlage nach soll nur noch geschlechtergerecht gesprochen werden. Auch der Begriff "Mutter-Kind-Parkplatz" müsste dann verboten werden.

Viele Behörden, Hochschulen und Organisationen haben in Baden-Württemberg bereits verbindliche Leitfäden für geschlechtergerechte Sprache entwickelt. Auch im Stuttgarter Rathaus soll künftig darauf geachtet werden. Laut Bild hat der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Fritz Kuhn eine entsprechende Vorlage unterzeichnet. Der Grünen-Politiker will die Anrede "Sehr geehrte Damen und Herren" abschaffen und durch "Sehr geehrte Teilnehmende" oder "Liebe Menschen" ersetzen.

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Generell sollen Begriffe, die Rollenklischees bedienen, vermieden werden – dazu würde auch "Mutter-Kind-Parkplatz" zählen. Die künftige Begrüßung könnte dann so lauten: "Guten Tag, Michael Müller" und "Hallo, Sandra Meyer".

In ihrem "Leitfaden zur geschlechtersensiblen Verwendung von Sprache" hat die Universität Stuttgart gezeigt, welche Umformulierungen in Ansprachen, Schriftverkehr und wissenschaftlichen Texten nötig sind, um angestrebte Genderneutralität zu erreichen. Darin werden "Beispiele und Anregungen für Gestaltungsmöglichkeiten gendersensibler Formulierungen" aufgezeigt – wie etwa bei der Personen- und Sachbezeichnung, für Umschreibungen mithilfe des Passivs oder eines Adjektivs, der Bildung von Relativsätzen und so weiter. Die Neuerungen sind umfassend:

Vor Stuttgart hatten bereits einige andere Städte in Deutschland die geschlechtergerechte Sprache eingeführt. Im Januar vergangenen Jahres gab Hannover eine entsprechende Empfehlung heraus, um der "Vielzahl geschlechtlicher Identitäten" Rechnung zu tragen.

So wurden Lehrer zu Lehrenden, Wähler zu Wählenden, Teilnehmer zu Personen – und aus dem Rednerpult das Redepult. Die niedersächsische Landeshauptstadt wollte laut damaliger Mitteilung mit den neuen Formulierungen eine "diskriminierungsfreie und den Geschlechtern gerecht werdende Sprache" umsetzen. "Sprache ist in Bewegung", fasste diese Entwicklung eine Sprecherin der Stadtverwaltung zusammen.

Neben Hannover hat auch Augsburg neue Sprachregeln eingeführt. Diese haben allerdings stürmischen Gegenwind ausgelöst, stellte die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Hannover nach einem Jahr fest.

Kretschmann hält nichts von "überspanntem Sprachgehabe"

Obwohl er der gleichen Partei angehört wie Fritz Kuhn, kann sich auch der langjährige Landesvater Baden-Württembergs nicht mit der neuen Sprachrealität anfreunden. Winfried Kretschmann ist strikt gegen Vorschriften für eine geschlechtergerechte Sprache.

Von diesem ganzen überspannten Sprachgehabe halte ich nichts", sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.

"Natürlich müssen wir darauf achten, dass wir in unserer Sprache niemanden verletzen, und Sprache formt unser Denken ein Stück weit. Aber jeder soll noch so reden können, wie ihm der Schnabel gewachsen ist." Er sei gegen "Sprachpolizisten", so Kretschmann.

Den Trend zu sprachlicher und politischer Korrektheit beobachtet der Regierungschef mit großer Skepsis – und er warnt vor einem "Tugendterror" im Umgang mit der Geschichte.

Kretschmann räumte ein, dass er sich dennoch dem Trend "bis zu einem gewissen Grad" beugt, obwohl es ihm nicht leicht falle. Er bemühe sich, stets auch die weibliche Form zu nennen, wenn er etwa von Zuschauern und Zuschauerinnen oder von Polizisten und Polizistinnen spricht.

Unbeugsam zeigt sich Kretschmann hingegen im Umgang mit historischen Vorbildern und warnt derweil auch vor einem Sturm gegen die Historie:

Ich bin ein ganz strikter Gegner von diesem Jakobinismus. Wir können die Geschichte nicht rückwärts bereinigen.

Selbst der große Philosoph Immanuel Kant (1724–1804) sei etwa in seinem Frauenbild zu sehr ein Kind seiner Zeit gewesen. "Das sollten wir diesen großen Geistern nicht zum Vorwurf machen. Das finde ich unsinnig und arrogant. Wir wissen seit der Französischen Revolution, wohin der Tugendterror führt – zu nichts Gutem."

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