Deutschland

"Für uns zählt jeder Tag": Corona-Impfkampagne bundesweit gestartet

Die Impfkampagne gegen das Coronavirus in Deutschland hat am Sonntag begonnen. Der Start der größten Impfaktion in der Geschichte des Landes gibt Hoffnung auf ein Ende der Pandemie. Doch erst in einem halben Jahr wird es möglich sein, flächendeckend zu impfen.    

Knapp ein Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie haben am Sonntag die Impfungen gegen das Coronavirus bundesweit begonnen. Mobile Teams impften zuerst vor allem Menschen über 80 Jahre in Pflege- und Seniorenheimen sowie Pflegekräfte und besonders gefährdetes Krankenhauspersonal.

Es ist die größte Impfaktion, die es in Deutschland jemals gegeben hat. Zunächst steht bundesweit aber nur eine sehr begrenzte Zahl von Impfdosen bereit. Pro Bundesland waren es bei der Verteilung am Samstag knapp 10.000, in Bremen knapp 5.000 – insgesamt rund 150.000 Dosen. Bis Jahresende sollen aber 1,3 Millionen Impfdosen ausgeliefert werden. Ende März sollen es dann über zehn Millionen sein. Damit die Impfung die volle Wirkung entfalten kann, muss sie nach drei Wochen ein zweites Mal verabreicht werden. 

Laut Gesundheitsminister Jens Spahn wird es noch ein halbes Jahr dauern, bis es zu flächendeckenden Impfungen kommt. Bei einer Pressekonferenz am Samstag bekräftigte Spahn das Ziel, Mitte des kommenden Jahres "mit dem Impfen in die Fläche zu gehen und jedem der will, ein Impfangebot zu machen".

Der Gesundheitsminister rief zu einem "nationalen Kraftakt" auf. Jede Impfung mehr bedeute weniger Infektionen und weniger Todesfälle. "Wer mitmacht, rettet Leben", so Spahn am Samstag.

Die 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union hatten sich nach der Zulassung des Impfstoffes der Mainzer Firma BioNTech und des US-Pharmariesen Pfizer darauf verständigt, dass die Impfkampagne überall gleichzeitig am Sonntag nach Weihnachten beginnen soll. Ungarn und die Slowakei hielten sich aber nicht an die Abmachung und impften schon am Samstag.

Startschuss mit 101-Jähriger Heimbewohnerin

Auch in Deutschland wurde sich nicht an die Abmachung gehalten. In einem Seniorenzentrum in Halberstadt in Sachsen-Anhalt wurden bereits am Samstag die ersten Bewohner und Mitarbeiter geimpft, allen voran die 101-Jährige Edith Kwoizalla. Die Verantwortlichen im Landkreis Harz und der Heimleiter wollten angesichts der dramatischen Lage keine Zeit verlieren. 40 der 59 Bewohnerinnen und Bewohner sowie 10 von rund 40 Mitarbeitern ließen sich impfen. "Es geht allen gut", sagte der Betreiber der Einrichtung, Tobias Krüger, am Sonntagvormittag.

"Für uns zählt jeder Tag", sagte der Technische Leiter des Impfzentrums im Landkreis, Immo Kramer, dem MDR. Karsten Fischer vom Pandemiestab des Landkreises sagte dem Sender: "Wir wollen diesen einen Tag, den der Impfstoff an Haltbarkeit dann verliert, nicht verschwenden. Wir wollen ihn gleich ausbringen." Der Impfstoff war bereits am Samstag bundesweit ausgeliefert worden.

Am Sonntag startete die Impfaktion in allen 16 Bundesländern. In Hamburg bekam eine 84 Jahre alte Bewohnerin des Hospitals zum Heiligen Geist die erste Dosis. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher rief dazu auf, "der Pandemie die Stirn zu bieten". In Berlin waren drei über 100-Jährige unter den ersten, die geimpft wurden. Komplikationen wurden zunächst nicht bekannt. "Das ist ein Piks und fertig", sagte die 83 Jahre alte Helga Klingseisen, die in Germering als eine der ersten in Bayern gegen das Coronavirus geimpft wurde.

"Endloses Warten reduziert Bereitschaft" – Söder warnt vor Engpässen

Die Bundesregierung wirbt dafür, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen – auch um andere zu schützen. Nach Einschätzung von Experten ist eine Impfquote von 60 bis 70 Prozent nötig, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Nach einer YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur haben 65 Prozent der Deutschen vor, sich impfen zu lassen.

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek sieht im Beginn der bundesweiten Impfkampagne die Chance für eine schrittweise Rückkehr zur Normalität. "Das normale Leben wird Schritt für Schritt zurückkommen. Ein langer Atem ist aber noch nötig", sagte die CDU-Politikerin der dpa. So müsse die Massenproduktion der Impfstoffe gelingen und die Impfinfrastruktur wie geplant funktionieren.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder warnte vor negativen Folgen durch Lieferengpässe. "Endloses Warten reduziert auch die Bereitschaft der Bevölkerung, sich impfen zu lassen". Leider sei noch nicht genügend Impfstoff vorhanden, so Söder.

Außenminister Heiko Maas rief dazu auf, bei den Corona-Impfungen über den nationalen Tellerrand hinauszuschauen. Zwar gehe es jetzt zunächst um eine gerechte Verteilung im eigenen Land, sagte der SPD-Politiker. Aber man müsse gleichzeitig darauf achten, dass nicht ganze Weltregionen von der Impfstoffversorgung abgeschnitten werden. "Es wird erst jeder einzelne auch von uns sicher sein, wenn wir alle sicher sind auf der Welt vor diesem Virus", betonte der Minister. Er warnte, ohne eine flächendeckende Verteilung der Impfstoffe weltweit könne es passieren, dass das Virus zurückkomme.

Am 27. Januar 2020 war die erste Corona-Infektion in Deutschland bekanntgeworden. Seitdem wurden mehr als 1,6 Millionen Menschen positiv auf das Virus getestet. Bis Sonntag starben laut Robert Koch-Institut in Deutschland 29.778 Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus.

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(dpa/rt)

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