Gesellschaft

Drei-Monats-Frist für Genesene – Wie das RKI mit der Wissenschaft jongliert

Die umstrittene Drei-Monats-Regelung für den Genesenenstatus ist immer noch gültig, obwohl das Robert Koch-Institut (RKI) dafür freihändig mit der Wissenschaft umging. Warum eine Immunitätsdauer nach Genesung von sechs Monaten am 15. Januar 2022 auf drei Monate reduziert wurde, ist schwer nachzuvollziehen.
Drei-Monats-Frist für Genesene – Wie das RKI mit der Wissenschaft jongliertQuelle: www.globallookpress.com © Chris Emil Janssen via www.imago-images

Von Maria Müller

Das Verwaltungsgericht von Osnabrück bestätigt in seinem Beschluss vom vierten Februar die "Rechtswidrigkeit der Verkürzung der Dauer des Genesenenstatus auf drei Monate". Das Gericht schreibt:

"Weder der Begründung zur Änderung … noch der entsprechenden Seite des RKI ist eine wissenschaftlich überzeugende Begründung für die Dauer der Verkürzung des Genesenenstatus auf 90 Tage zu entnehmen."

Der von dem Verwaltungsgericht festgestellte Mangel an wissenschaftlicher Begründung liegt mit größter Sicherheit daran, dass es sie nicht gibt. Nach Durchsicht von rund 160 internationalen Studien über die Schutzwirkung der natürlichen und der durch Impfung induzierten Immunität sowie deren Dauerhaftigkeit konnte die Autorin keine dreimonatige Frist finden.

Im 2021er Juli-Bulletin Nr. 22 veröffentlichte das RKI seine erste Stellungnahme hinsichtlich der  Langwierigkeit und Qualität der Genesungsimmunität. Acht Studien dienten als wissenschaftliche Belege. Sie standen in Einklang mit einer überwiegenden Mehrheitsposition in der Wissenschaft. Damals resümierte das RKI:

Da die verfügbaren klinischen und immunologischen Daten eine Schutzwirkung für mindestens 6–10 Monate nach überstandener COVID-19-Infektion belegen, sollte frühestens 6 Monate nach der Infektion eine COVID-19- Impfstoffdosis verabreicht werden."

Das RKI erklärte zudem noch:

"… In der Beurteilung des ECDC wird festgestellt, dass die Zunahme der Delta-Variante nicht mit einer Zunahme an Reinfektionen bei Personen einherging, die eine PCR-gesicherte Infektion mit einer der bisher zirkulierenden Varianten durchgemacht hatten."

Auch die Gesellschaft für Virologie äußerte sich in ihrer ersten Stellungnahme am 30. September analog:

"Die nachgewiesene Dauer des Schutzes nach durchgemachter SARS-CoV-2 Infektion beträgt mindestens ein Jahr. Aus immunologischer Sicht ist von einer deutlich längeren Schutzdauer auszugehen, die auf Grund des begrenzten Beobachtungszeitraum aber noch nicht durch entsprechende Studien belegt ist.

Auf Grund dieser aktuellen Erkenntnisse sollten Genesene bei Regelungen zur Pandemie-Bekämpfung (z.B. Testpflicht) den vollständig Geimpften zunächst für mindestens ein Jahr gleichgestellt werden."

Und:

"Daten aus mehreren Ländern belegen, dass Menschen, die eine SARS-CoV-2 Infektion durchgemacht haben, gegen eine erneute Infektion oder Erkrankung sehr gut geschützt sind, und dass sich dieser Schutz auch auf Virusvarianten, inklusive der Delta-Variante, erstreckt."

Fazit: Es gab keine Notwendigkeit, die Frage ganz neu allein unter der Wirkung der Delta-Variante zu untersuchen.

Doch das Robert Koch-Institut begrenzt in seinem Bulletin Nr. 48 vom 2. Dezember die Dauer der natürlichen Immunität auf ein halbes Jahr  – unter ausschließlicher Bezugnahme auf Daten der Delta-Variante. Wovon es dann nur wenige findet. In dem Bericht heißt es dann auch entsprechend:

"Die Datenlage zur Schutzdauer von Personen nach durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion unter der Delta-Variante ist begrenzt. Im Rahmen eines rapid reviews konnten lediglich vier Studien identifiziert werden."

Das RKI hat bei diesem Manöver die anfangs erwähnten rund 160 Untersuchungen ignoriert, von denen 150 hier aufgelistet sind. Darunter sind sieben mit Delta-Daten.

Unter 10 weiteren Arbeiten aus dem zweiten Halbjahr 2021 befinden sich drei mit Delta-Auswirkungen, die ebenfalls unter den Tisch fielen. Sie passten alle nicht ins Konzept des RKI. Zu diesem Zeitpunkt waren sie in seriösen wissenschaftlichen Zeitschriften und deren Internet-Portalen  publiziert. Darunter ist eine Meta-Analyse mit Daten von 12.011.447 Personen aus 18 Ländern, in 54 Studien bearbeitet. Wie ist es möglich, dass das RKI sie alle nicht finden konnte?

Mit der einzigen Bezugnahme auf lediglich vier Studien, von denen zwei den überlegenen Charakter der natürlichen Immunität bestätigen und nur eine das Gegenteil aufzeigt, rechtfertigte sich das RKI mit einer nun angeblich bestehenden  wissenschaftlichen "Unsicherheit" oder "Widersprüchlichkeit". Und fixierte deshalb die natürliche Immunität auf ein halbes Jahr. Wo bleibt die Logik, woher kommt gerade diese Zeitspanne? Die Entscheidung konnte nur auf der Grundlage einer künstlich eingeschränkten Datenlage getroffen werden, wie sie das RKI hier vorführte.

Die dichte internationale Datenmenge belegt demgegenüber einen wichtigen Aspekt: Die Dauer der natürlichen Immunität endet nicht nach drei Monaten, auch nicht nach sechs Monaten, sie besteht bis über ein Jahr und darüber hinaus. Eine Frist von sechs Monaten kam aufgrund der zeitlich begrenzten Experimente in die Diskussion, sie gilt nicht als bewiesener Endpunkt. (Der wurde bei bis zu 18 Monaten festgestellt.)

Der Schutzist fast gleichwertig bei natürlich Immunisierten und Geimpften, wobei die natürliche Immunisierung häufig (erheblich) besser abschneidet. Das alles verdeutlicht, dass die Beschlussfassung des RKI ohne Würdigung der internationalen wissenschaftlichen Datenlage stattfand.

Wie konnte es zu dieser Irreführung kommen? Worum handelt es sich bei dieser speziellen Studie, die öffentliche Institutionen zu solch einem schwerwiegenden Fehlverhalten bringt? Sie stammt von der US-Regierung bzw. der ihr unterstellten Gesundheitsbehörde CDC, mit Datum vom 5. November 2021. Demnach seien Genesene in Bezug auf Neu-Infektionen und schwere Krankheitsverläufe weit gefährdeter als "vollständig" Geimpfte.

Eine mit streng wissenschaftlichen Kriterien durchgeführte  Vergleichsanalyse des Autors  Dr. Martin Kulldorf stellt allerdings Probleme im Studiendesign und in der Datenbewertung fest. Er ist Epidemiologe und Biostatistiker und auf den Ausbruch von Infektionskrankheiten und die Sicherheit von Impfstoffen spezialisiert.

Fazit: Bei den Stellungnahmen der Fachinstitutionen überwog das politische Gewicht der US-Regierung bei weitem die wissenschaftliche Evidenz.

Die Gesellschaft für Virologie folgt dem RKI

Zum Schluss muss der Vollständigkeit halber die Aktion der Gesellschaft für Virologie mit benannt werden. Mit ihrer zweiten aktualisierten Stellungnahme zur Immunität von Genesenen vom 05.Januar 20 22  folgte sie dem RKI auf dem Fuß: 

"In der Zwischenzeit sind aber auch zwei weitere Artikel aus den USA veröffentlicht. Der eine kommt zu dem Schluss, dass eine durchgemachte SARS-CoV-2 Infektion bei ≥ 18-Jährigen einen schlechteren Schutz vor Erkrankung vermittelt als eine zweimalige Impfung3. Der andere untersuchte ≥65-Jährige und berichtet ebenfalls, dass die durchgemachte Infektion einen schlechteren Schutz vor Infektion, schwerer Erkrankung und Tod vermittelt als die vollständige Impfung4. Auf Grund dieser widersprüchlichen Datenlage kann gegenwärtig nicht sicher von einem ein Jahr anhaltenden Schutz Genesener ausgegangen werden.”

Die Gesellschaft für Virologie benennt als Referenzstudien die gleichen vier Untersuchungen wie zuvor das RKI, argumentiert in der gleichen Weise, und schließt in der gleichen Weise die internationale wissenschaftliche  "Beweislast" aus ihren Argumenten aus.

Die schwächere Immunreaktion der Risikogruppe von über 65-Jährigen ist bekannt, sie kann jedoch nicht auf die Gesamtbevölkerung übertragen werden. Das bezeugen auch die Daten dieser Studie aus den USA.

Eine angebliche Widersprüchlichkeit in der Welt der Wissenschaft sieht anders aus. Das RKI bemühte ein unhaltbares Konstrukt, um die zuvor anerkannte Jahresdauer  der Genesenen-Immunität zu kippen. Damit war der Weg frei für die nächste Verkürzung auf drei Monate. Trotz Kritik, Protesten und Gerichtsurteilen ist das gelungen, denn sie ist immer noch gültig.

Die natürliche Immunität konkurriert mit den Impfstoffen

Die natürliche Immunität konkurriert mit der Impfungsimmunität. Je kürzer die anerkannte natürliche Immunität, desto häufiger die Auffrischungsimpfungen für alle, desto mehr Impfstoffe werden vermarktet.

Die Pharmafirmen Pfizer/BioNTech kündigten an, ein neues Vakzin gegen Omikron im März auf den Markt zu bringen. Die überwältigende Mehrheit der Menschheit wird gerade in Windeseile mit Omikron infiziert und immunisiert. Der dreimonatige Genesenenstatus zwingt zu einer neuen Impfung mit dem neuen Stoff im März/April, trotz der dann bestehenden Massenimmunisierung.

Würde die Dauerhaftigkeit der natürlichen Immunität für ein Jahr oder auch nur ein halbes Jahr in Deutschland anerkannt, könnte eine Zwangsimpfung gegen Omikron nicht durchgesetzt werden. Man müsste sie auf die zweite Jahreshälfte verschieben. Zu diesem Zeitpunkt hätte sich die Pandemie womöglich so weit abgeschwächt, dass die Maßnahme sinnlos wäre. Oder der Impfstoff wäre bereits von neuen Varianten überholt.

Das Bundesgesundheitsministerium begründet diese Gesichtspunkte bereits mit der Omikron-Variante. Es gebe nun "ein sehr viel größeres Risiko, nach drei Monaten zu erkranken." Bei Delta seien sechs Monate ausreichend gewesen. Woher hat Minister Karl Lauterbach diese Erkenntnis? Eine neue pseudowissenschaftliche These geistert durch das Ministerium: Die menschlichen Immun-Mechanismen würden sich je nach Virusvariante völlig verändern. Doch die ersten Untersuchungen mit Omikron-Daten bestätigen das nicht.

Mehr zum Thema: Medienberichte: Genesenenstatus soll nun wieder 180 Tage gelten – oder doch nicht?

Information:

In puncto Sicherheit und Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe haben viele Menschen Bedenken bezüglich der relativ neuen Impfstoffe auf Basis der mRNA-Technologie. Zahlreiche Experten in Wissenschaft, Politik und Medien schätzen diese als sicher und effektiv ein, da sie das Risiko einer schweren COVID-19-Erkrankung weitgehend verhindern und die Vorteile einer mRNA-Impfung die Risiken und Nebenwirkungen überwiegen. Langzeitnebenwirkungen der Impfungen sind generell nicht bekannt. Auch Risiken wie der ADE-Effekt (antibody-dependent enhancement, auf Deutsch: infektionsverstärkende Antikörper) wurden bisher bei weltweit Milliarden verabreichter Impfstoff-Dosen nicht beobachtet. Auch, dass Gensequenzen von beispielsweise mRNA-Vakzinen in die menschliche DNA eingebaut werden, gilt in Fachkreisen als ausgeschlossen. Stellungnahmen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der bundesdeutschen Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) lassen sich hier und hier nachlesen.

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