Schweizer Wissenschaftler: Cannabis ist eine chinesische Entdeckung
Wissenschaftler der Universität Lausanne haben die Genome von 110 unterschiedlichen Hanf- und Cannabispflanzen aus der ganzen Welt untersucht, um die Frage zu klären, wo und wann diese Pflanze zuerst kultiviert wurde. Das Ergebnis: vor etwa 12.000 Jahren in China. Damit ist Cannabis eine der frühesten Kulturpflanzen.
Diese Entdeckung unterstreicht ein weiteres Mal, wie groß der Anteil der frühen chinesischen Kulturen an der Entwicklung der Landwirtschaft war. Denn schon Reis, Hirse, Soja, Pfirsiche und Aprikosen wurden in China zuerst kultiviert, so wie Schweine, Pferde und Hühner dort domestiziert wurden. Dank der günstigen geografischen Verbindung konnten sich all diese Neuheiten über die gesamte eurasische Landmasse ausbreiten.
Den Forschern zufolge ist die Wildpflanze, auf der die Züchtung beruhte, vermutlich längst ausgestorben, da es über diesen langen Zeitraum zur Kreuzung mit vielen verwilderten Zuchtformen gekommen sein muss. Auch unter den untersuchten Varianten befanden sich solche verwilderten Arten.
Zudem bestätigte die Untersuchung, dass die Hanfpflanze, die zur Faser- und Ölgewinnung angebaut wird und über Jahrhunderte hinweg eine unverzichtbare Rolle spielte und die Cannabispflanze, aus der Marihuana gewonnen wird, von einer einzigen domestizierten Urform abstammen. Diese Urform hat schon bald die ersten archäologischen Zeugnisse in China hinterlassen, wie Abdrücke von Seilen auf Keramikscherben belegen. Spätestens vor 7.000 Jahren war der Anbau in China und Japan weit verbreitet. Funde von Abdrücken wie auch von Samen sind keine Seltenheit.
Diese ursprüngliche Zuchtform wurde vermutlich sowohl als Textilfaser für Seile und Gewebe verwendet als auch als Ölsaat und Droge.
Vor etwa 4.000 Jahren, so die Schweizer Forscher, wurde dieser Ur-Hanf gezielt auf die unterschiedlichen Endprodukte hin gezüchtet, einerseits für Fasern und Öl, andererseits für Rauschmittel. Bei einer Art wurde die Neigung Zweige zu bilden reduziert, um mehr lange Fasern zu erhalten. Bei dieser Zucht verringerte sich gleichzeitig der Anteil der zur Bildung der psychoaktiven Substanz Tetrahydrocannabinol (THC) erforderlichen Enzyme. Eine weitere Art wurde auf die Erzeugung von mehr Blüten hin gezüchtet, bildet mehr Zweige und hat eine längere Blühperiode. Beide Varianten verbreiteten sich schon zur Bronzezeit bis nach Europa.
Während in China sowohl die Nutzung der Faserpflanze als auch die Nutzung des Rauschmittels belegt ist, Letzteres vor etwa 2.500 Jahren, wurde in Indien vor etwa 3.000 Jahren nur die berauschende Variante übernommen. Die auf THC gezüchtete Pflanze erreichte Afrika im 13. Jahrhundert. Nach Lateinamerika kam sie mit den Europäern zusammen mit dem Faserhanf. In Nordamerika wurde die europäische Zuchtlinie der Faserpflanze Mitte des 19. Jahrhunderts von chinesischen Züchtungen verdrängt, so die Lausanner Studie.
Die modernen Züchtungen vertiefen die Unterschiede zwischen den beiden Nutzformen immer weiter. Aus der Fasern-liefernden Hanfpflanze wird THC weiterhin herausgezüchtet, um ihren Anbau als Nutzpflanze unter den gesetzlichen Bestimmungen zu ermöglichen, während die THC-haltige Variante beständig auf wachsende Ergiebigkeit hin gezüchtet wird. Nicht nur für den Drogenmarkt, sondern auch, weil das Interesse an der medizinischen Nutzung unterschiedlicher Cannabinoide stetig zunimmt. Dennoch steht am Anfang beider Formen die Leistung chinesischer Bauern aus der Jungsteinzeit.
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