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Mordsache Skripal: Die fraglichen Beweismittel von Scotland Yard - Wo sind die Skripals? (Teil 3)

Großbritannien macht die russische Regierung für das Attentat auf die Skripals verantwortlich. Aber wie begründet ist der Vorwurf? Der ehemalige Kriminalbeamte Jürgen Cain Külbel untersucht für RT Deutsch die Ermittlungsergebnisse der britischen Behörden.
Mordsache Skripal: Die fraglichen Beweismittel von Scotland Yard - Wo sind die Skripals? (Teil 3)Quelle: www.globallookpress.com © Global Look Press

von Jürgen Cain Külbel

London schweigt sich zum Verbleib der Skripals aus. Und seine EU-Partner sowie die Mainstreammedien interessieren sich nicht dafür, wo sich die beiden Anschlagsopfer befinden, die zugleich die wichtigsten Zeugen sind. Auch wenn eine Antwort auf die Frage ihres Verbleibs daher zwangsläufig spekulativ bleiben muss, wollen wir dieser Frage nachgehen...

(Teil I und II können Sie hier und hier nachlesen).

Die Ermittler von Scotland Yard haben einen guten Ruf. Eigentlich. Allerdings wird zunehmend deutlich, dass die jüngsten "Enthüllungen" im Fall Skripal auf geheimdienstlich lancierten Falschinformationen basieren. Welche Rolle Scotland Yard in dieser Klamotte spielt, ist ungewiss. Festzuhalten bleibt, dass die polizeilichen Sprachrohre im Fall Skripal – Neil Basu, Chef der Anti-Terror-Polizei in London, Kier Pritchard, Chef der Polizeibehörde der Grafschaft Wiltshire, in der die Tatorte Salisbury, Amesbury sowie das Zentrum der britischen Chemie- und Biowaffenforschung Porton Down liegen – am 5. März 2018 in ihre Ämter befördert worden waren; also wenige Stunden nach dem Mordversuch an Sergej Skripal und seiner Tochter Julia. Pritchard und Basu lösten zuvor neben polizeilichen und kriminalistischen Aufgaben auch geheimdienstliche. Das muss nichts zu bedeuten haben; kann aber auf eine gewisse geplante Choreographie in der Arbeit am Fall Skripal hindeuten.

Sergej Skripal wurde seit dem Anschlag weder in der Öffentlichkeit noch auf einem Video gesehen. Tochter Julia präsentierte sich ein einziges Mal in einem Video, verschwand dann aber wieder von der Bildfläche. Die russische Botschaft in London sagt, dass sie keinen Zugang zu den Skripals hat. Auch der Polizist Nick Bailey, der ebenfalls verletzt worden sein soll, tauchte nie wieder in der Öffentlichkeit auf.

"Wann ist mit einem öffentlichen Statement von Sergej Skripal zu rechnen?", fragte der Autor bei Scotland Yard an. Jim Avey vom Pressebüro reagierte:

Aussagen sind sehr oft eine Entscheidung des Einzelnen und wir halten uns an deren Wünsche. Wir sind nicht in der Lage, Hinweise zu geben, wann solche Aussagen gemacht werden könnten. Es tut mir leid, aber wir können Ihnen bei dieser Anfrage nicht weiterhelfen.

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Damit nicht zufrieden, schrieb ich am 1. September 2018 erneut an Scotland Yard: "Wir haben alle möglichen Gerüchte über Sergej Skripal und seine Tochter Julia gehört, und es gibt ein unbegründetes Gerücht, dass Sergej Skripal tot sei. Können Sie mir bitte bestätigen, dass er noch lebt?" Asim Bashir, Offizier für Medien und Kommunikation, antwortete:

Beide waren mehrere Wochen schwer krank im Krankenhaus. Glücklicherweise erholen sie sich, nachdem sie aus dem Krankenhaus entlassen wurden – Sergej wurde am 18. Mai aus dem Krankenhaus entlassen, Julia am 9. April. Detective Sergeant Nick Bailey, ein Polizeibeamter aus Wiltshire, wurde ebenfalls schwer krank, nachdem er dem Nervenkampfstoff ausgesetzt worden war und am 6. März ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Seit seiner Entlassung aus dem Krankenhaus am 22. März hat Nick weiterhin gute Fortschritte gemacht, kann aber nicht arbeiten.

Ich hatte noch andere Fragen, schickte sie am 2. September 2018 an Bashir und Anti-Terror-Chef Neil Basu: "Der Internationale Tag der Verschwundenen, am 30. August eines jeden Jahres begangen, ist ein Tag, der geschaffen wurde, um auf das Schicksal vermisster Menschen aufmerksam zu machen. Ist es nicht Zeit für eine humane Geste seitens Scotland Yard, Sergej Skripal zu erlauben, seinen Verwandten und der Welt ein Lebenszeichen zu schicken? In jedem Kriminalfall gibt es unterschiedliche Untersuchungsrichtungen. Prüft Scotland Yard auch die Möglichkeit, ob britische oder andere Geheimdienste beziehungsweise andere kriminelle Strukturen in den Anschlag verwickelt waren?"

Basu antwortete nicht; er feilte wahrscheinlich schon an seinem Russen-Statement. Dafür antwortete Bashir: "Wir werden unsere Statements zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts hinzufügen und werden auch keine laufenden Kommentare zu den Ermittlungen abgeben.” Das macht die britische Presse jedoch voller Inbrunst, und es schält sich immer deutlicher heraus, dass sie von britischen und anderen Ex-Geheimdienstlern, die die Londoner Regierung "beraten", mit Informationen gefüttert wird; was bedeutet: die "Dienste" übernehmen momentan die mediale Deutungshoheit im Fall Skripal.

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Nachdem Neil Basu am 5. September 2018 die russischen "Verdächtigen" Ruslan Boschirow und Alexander Petrow des Anschlages auf Sergej und Julia Skripal bezichtigte, behaupten britischen Medien nun, die Polizei suche jetzt auch nach einem Sanitäter namens "Dr. Nowitschok" sowie einer vierten Person, die den beiden Russen geholfen haben soll. Der Sunday Mirror schrieb unter Berufung auf eine namentlich nicht genannte "Regierungsquelle":

Man glaubt, sie hätten einen Führungsoffizier treffen können, der in der Botschaft arbeitete, und ein Vierter, ein Arzt, hätte das Ganze überwachen können, um sicher zu gehen, dass sie die Operation nicht ruinieren, indem sie sich verunreinigen.

Die Entwicklungen im Fall Skripal in der letzten Woche schwemmten hanebüchenes Zeug an die Öffentlichkeit; in summa: Russische Auftragsmörder fliegen mit echtem Pass und Stempel drinnen, der auf ihre geheimdienstliche Tätigkeit schließen lässt, sowie extrem tödlichen Nervengift im Gepäck direkt von Moskau nach London, lassen sich dort von russischen Hackern aus der Ferne auf die Sekunde genau zwei Übergangsschleusen zwischen Passkontrolle und Gepäckausgabe öffnen, checken in London in einem Mittelklasse-Nichtraucher-Hotel ein, kiffen dort was das Zeug hält, machen im Zimmer mit Nutten und Nowitschok rum und hangeln sich in Salisbury an zwei Tagen von einer Überwachungskamera zur nächsten Richtung Wohnhaus der Opfer, um dort gegen Mittag die Türklinke mit dem Nervengift zu verseuchen. Minuten zuvor, so ein alter Mann, habe er beide auf einem Kinderspielplatz nahe des Tatortes lässig schaukeln gesehen.

Wäre ich einer von den Ermittlern, die an den Strafsachen "Mord und versuchter Mord mittels Nowitschok" zum Nachteil der Geschädigten Julia und Sergej Skripal, Charlie Rowley und Dawn Sturgess arbeiten, so hätte ich nach den "Enthüllungen" der vergangenen Tage um Entbindung vom Fall gebeten. Allzu deutlich wird, dass andere Interessen als die Aufklärung eines Kapitalverbrechens mit einer Toten und vier Geschädigten in den Vorrang treten. Es ist müßig, die "Beweise", die Scotland Yard bislang vorgelegt hat, weiterhin auf ihre Beweiskraft hin zu untersuchen. Die vorgetragene Story ist nicht mehr glaubhaft.

Welche Rolle spielen die Skripals?

Welche Rolle die Skripals dabei spielen, weiß man nicht, denn sie äußern sich nicht. Wir verfügen nur über die Aussagen von Scotland Yard und mittelprächtige Zeitungsenten, die auf Äußerungen dubioser Quellen mit Geheimdienstnähe basieren. Zumindest geht ein Londoner Gericht davon aus, dass die Skripals Opfer einer Straftat geworden sind. Es erteilte am 22. März 2018 Ärzten die Erlaubnis erteilt, "Blutproben von dem vergifteten russischen Ex-Spion Sergej Skripal und seiner Tochter zwecks Überprüfung durch Inspektoren der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) entnehmen zu können".

Die OPCW erklärte im April, ihr "Team konnte Blutproben von den drei betroffenen Personen sammeln (…) und führte die Identifizierung der drei Personen anhand amtlicher Lichtbildausweise durch". Ob die OPCW nun Blutproben einsammelte, die zuvor von englischen Ärzte den Skripals abgenommen worden waren oder selbst Blutproben von den Opfern nahm, ist nicht endgültig geklärt. Daher können die Versionen, Sergej Skripal habe "freiwillig" an dieser anti-russischen Nowitschok-Aktion teilgenommen beziehungsweise das Attentat sei ein fiktives, nicht ausgeschlossen werden. Zumindest solange er sich nicht äußert.

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Ich will das nicht kommentieren, doch sollte man auch nicht vergessen, dass der vormals russische, spätere MI6-Agent Sergej Skripal seine russischen Mitstreiter immer für bares Geld verraten hat. Warum nicht auch diesmal? Es gibt viele Szenarien, warum die Skripals zum Schweigen verdammt sein können. Denken wir auch an eine mögliche Zuarbeit Skripals für das berüchtigte "Trump-Dossier", in dem behauptet wird, die russische Regierung habe Trumps Wahlkampf unterstützt und russische Behörden sollen über kompromittierenden Material über den US-Präsidenten verfügen, welche benutzt werden könnten, ihn zu erpressen. Möglich auch, dass er zurück wollte nach Russland zu seiner Familie, und gewisse "Geheimnisse", vielleicht auch bezüglich des "Trump-Dossiers", als Gegenwert für die Rückfahrkarte anbot. Wer weiß. Alles ist möglich.

Doch gehen wir erstmal davon aus, dass die Skripals Geschädigte sind. Dann ist ihre Vernehmung als Zeugen notwendig und unabdingbar. Denn: Oftmals ist die Zeugenvernehmung die einzige Möglichkeit, um die Wahrheit allseitig und unvoreingenommen feststellen zu können. Die Aussagen der Skripals könnten vor allem zur Aufklärung des Tatgeschehens und zur Ermittlung des Täters sowie anderer an der Begehung der Straftat beteiligten Personen beitragen. Diesbezüglich sind Zeugenaussagen in belastender als auch in entlastender Hinsicht gleichermaßen bedeutsam.

Gibt es denn im britischen Parlament nicht eine ehrliche Haut, die da mal fragt, wieso die Skripals nicht zu Wort kommen? Oder: Warum lädt Premierministerin Theresa May ihre Lieblingsopfer Julia und Sergej Skripal nicht mal zu einem Tässchen Tee ein, lässt sie vor den Kameras der BBC deren Geschichte erzählen? Wäre doch prima für alle Beteiligten. Wäre auch prima in Sachen Wahrheitsfindung. Fragen über Fragen, Stoff für eine spannende Talk-Runde. Doch das wird May nicht tun; es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, würden die Skripals reden, bräche das Konstrukt gewisser Kreise zusammen – dazu mehr in Teil IV der Serie. Also dürfen sie nicht reden. Ob die Skripals nun freiwillige Mitspieler in diesem Stück sind oder gegen ihren Willen, eins steht fest: Ihr Schicksal scheint besiegelt.

Chris Phillips, ehemals Leiter des Nationalen Sicherheitsdienstes für Terrorismusbekämpfung in Großbritannien mit über 30 Jahren Erfahrung in der Polizeiarbeit, der nun die Regierung als Experte für strategische Terrorismusbekämpfung vertritt und eng mit dem Inlandsgeheimdienst MI5 kooperiert, erklärte der britischen Presse, Julia, "die ja noch immer medizinische Versorgung benötigt, hat vielleicht ihr geheimes neues Leben in der Sicherheit einer privaten medizinischen Klinik begonnen".

Die Skripals, so Phillips, müssten sich darauf vorbereiten, zu verschwinden, neue Identitäten anzunehmen, sich für immer von Familie und Freunden zu verabschieden. Sie gehen in sichere Häuser, erhalten falsche Pässe und von der Regierung ausgestellte Kreditkarten.

Die große Herausforderung für den Sicherheitsdienst, sie vor den Russen zu verstecken, ist die enorme Medienberichterstattung, die ihr Fall bereits erfahren hat", glaubt Phillips.

Möglicherweise werden sie in eines der Länder des Geheimdienstverbundes "Five Eyes" verbracht, mit denen Großbritannien eng zusammenarbeitet: Die USA, Kanada, Australien, Neuseeland.

Phillips meint, da "ihre Gesichter überall im Fernsehen, Internet und in den Zeitungen aufgetaucht sind", würde er erwarten, "dass sie weit, weit weg geschickt werden. Bei dieser Operation werden keine Kosten gespart". Priorität werde sein, die Art des Aussehens zu verändern; Julia könnte das Make-up ändern, die Haare färben, aber ihr Vater müsse sich wohl einer plastischen Operation unterziehen. Und um bei ihren neuen Nachbarn keinen Verdacht zu erregen, müssten sich die Skripals daran gewöhnen, getrennt zu leben.

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Ich wandte mich an Chris Phillips: "OK, neue Identitäten, sichere Häuser, Pässe, Führerschein, Kreditkarten, die Skripals könnten ihre Geschichte und ihr Aussehen verändern. Ich glaube, die große Herausforderung für ihre Sicherheit ist ihre Aussprache und der Akzent. Es ist zu spät, ihre Aussprache in ein perfektes Englisch oder gar Cambridge-Englisch zu verwandeln. Zudem kann niemand erwarten, dass sie den Rest ihres Lebens in Isolation voneinander leben, keine Kontakte zu anderen Menschen pflegen. Sollten die Skripals in englischsprachige Länder oder nach Portugal, Spanien verbracht werden, müssen sie weit weg von den Einheimischen und weit weg von russischen Exilanten oder der russischen Gemeinschaft in diesen Ländern leben. Das ist keine Lösung, weil dadurch erst recht der Verdacht geweckt wird; die Frage wird immer im Raum stehen: Wer ist der Neue mit dem russischen Akzent, woher kommt er, kann ich ihm trauen? Beider Gesichter und ihr Kriminalfall sind auf der ganzen Welt bekannt. Und woher sollten sie das Geld zum Leben bekommen – immer nur aus der Kasse des Königreichs? Sollten sie eine Arbeit aufnehmen? Haben Sie eine Idee?"

Die Antwort ist dürftig:

Ich habe Ideen dazu, aber glaube nicht, dass es irgendjemanden interessiert, etwas darüber zu veröffentlichen. Also kann ich in dieser Geschichte leider nicht weiterhelfen. Ich habe keine Ahnung, wo beide sind, und würde auch nicht darüber reden, selbst wenn ich es wüsste. So etwas wäre zu Recht streng vertraulich.

Also schrieb ich zurück: "Danke. Ich weiß, dass es schwierig ist, den Fall zu kommentieren. Besonders für Sie. Meine Meinung ist, betrachtet man den Fall aus geheimdienstlicher Sicht: Beider Leben ist vorbei."

Wo sind die Skripals?

Am 18. Mai 2018 wurde Sergej Skripal aus dem Krankenhaus entlassen. Julia Skripal war bereits am 9. April entlassen und an einen sicheren Ort verbracht worden. Nicht bekannt ist, ob Sergej nun am selben Ort wie seine Tochter untergekommen ist. Die Nachrichtenlage ist dünn: Lediglich Daniel Sandford, Korrespondent für Innenpolitik bei der BBC, sagte seinerzeit, er habe erfahren, dass Sergej Skripal laufen könne, lange mit der Polizei gesprochen habe, aber nicht vollständig erholt sei.

Lorna Wilkinson, die Pflegedirektorin des Salisbury District Hospital, sagte nach der Entlassung, dass die Behandlung der Skripals "eine riesige und beispiellose Herausforderung" gewesen sei und fügte hinzu: "Die Entlassung ist ein wichtiger Schritt in seiner Genesung, die jetzt außerhalb des Krankenhauses stattfinden wird." Wilkinson war nicht nur für die Betreuung der Skripals verantwortlich, sie und ihr Pflegepersonal kümmerten sich auch um die späteren Nowitschok-Opfer Charley Rowley und dessen Freundin Dawn Sturgess, die an den Folgen der Vergiftung verstarb.

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Sollten Geheimdienste die Finger im Spiel haben, davon ist auszugehen, ist es für sie wichtig, die Skripals isoliert und/oder geschützt zu halten und den Kreis der Eingeweihten klein zu halten, wozu momentan auch das Pflegepersonals zählt, da die Opfer ja noch weiterer Behandlung bedürfen. Das Personal, das diese außergewöhnlichen Krankheitsfälle diagnostizierte und behandelte, wird weiterhin betreuen müssen. Es kennt die Erkrankung, die Behandlungsmethode, weiß über Anamnese, Genese, Rekonvaleszenz der Geschädigten Bescheid. Also ist die Vermutung nicht zu weit hergeholt, dass sich die Skripals noch in Großbritannien aufhalten.

Gemäß einer Meldung vom 7. September 2018 konsultierte das Wiltshire Council Sergej und Julia Skripal zwecks Dekontamination des Wohnhauses von Sergej in der Christie Miller Street 6 in Salisbury. Der Council holte von beiden die Genehmigung ein, dass Militärangehörige das Haus betreten und mit "Entgiftungsarbeiten" beginnen dürfen. Überwacht werden die Arbeiten, die bis zu einem Monat dauern können, vom britischen Ministerium für Umwelt, Ernährung und ländliche Angelegenheiten (DEFRA). 

Am 23. Mai 2018 meldete sich Julia Skripal in einem Reuters-Video zu Wort; angeblich aufgenommen an "einem geheimen Ort in London, da sie unter dem Schutz des britischen Staates steht". Eine vorsichtige akustische Analyse der Tonspur des Videos ergab, das im Hintergrund Geräusche eines vorüberfliegenden Flugzeuges zu hören sind. Ein Experte, der hier nicht genannt werden soll, urteilt folgendermaßen: "Der Lautstärke des Flugzeuges nach zu urteilen würde es circa 3 Kilometer entfernt sein. Es handelt sich um eine zivile Maschine, vermutlich eine Boeing, die abfliegt. Der Start erfolgte Richtung Südwest. Die Maschine könnte sich in einer Höhe von 500 bis 1000 Meter befinden."

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Im Verlaufe des Interviews ist kein weiteres Flugzeuggeräusch zu hören, was nicht für die Geräuschkulisse eines Londoner "Großflughafens" spricht; in Heathrow beispielsweise starten alle 45 Sekunden Flugzeuge, Landungen samt dazugehöriger Geräusche gar nicht inbegriffen.

Die Interview-Aufnahmen könnten vermutlich gegen 10 Uhr vormittags entstanden sein und haben rund 30 bis 60 Minuten gedauert. Das Licht kommt erst leicht von vorne links, wechselt später geringfügig weiter nach links. Die Blickrichtung von Julia Skripal ist ungefähr in Richtung Süd-Osten. Bei der ersten Einstellung kam sie aus Richtung Osten gelaufen. Dass sie sich zum Zeitpunkt des Interviews in Großbritannien aufhielt, kann anhand einer auf dem Beistelltisch stehenden Mineralwasserflasche geschlossen werden. Die Flasche trägt das Etikett "Co-op Fairbourne Springs", dem einzigen britischen Supermarkt, der eine eigene Mineralwasser-Marke besitzt.

Sollte das Interview mit Julia Skripal nicht in London aufgenommen und Julia und Sergej Skripal noch immer in der Grafschaft Wilthsire "untergebracht" worden sein, so böte sich – aufgrund der Nähe des bisherigen Pflegepersonals sowie der Triebwerkgeräusche im Video und der analysierten Flugrichtung – als möglicher Verbleib das Gelände um den dortigen Militärflugplatz MoD Boscombe Down an, eine "teilstreitkräfteübergreifende Einrichtung des britischen Verteidigungsministeriums" nahe Amesbury. Der Flugplatz dient als Flugversuchs- und Testpiloten-Zentrum und wird vom britischen Geheimdienst-Unternehmen QinetiQ betrieben. QinetiQ hat einen US-amerikanischen Ableger und arbeitet dort eng mit dem Pentagon zusammen. Im Vorstand des britischen Unternehmens saß bereits Ex-CIA-Chef George Tenet.

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QinetiQ steht für die Zusammenarbeit zwischen den britischen Streitkräften und Verteidigungsindustrien sowie Medizinern; es ist sozusagen ein Zentrum für Verteidigungsmedizin. Zudem besitzt das Unternehmen große Erfahrung in der Einrichtung von mobilen Feldkrankenhäusern. Das britische Parlament schrieb 2004 in einem Memorandum:

QinetiQ ist an gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekten mit dem MoD (Verteidigungsministerium) – seinem Hauptkunden – beteiligt: ​​dem Gesundheitsministerium, dem NHS (National Health Service) und seinen Komponenten, Abbot Diagnostics, GlaxoSmithKline, Rentokil Initial, Merlin Biosciences und international renommierten Krankenhäusern sowie Pharma- und Medizintechnikunternehmen. In den letzten fünf Jahren hat das Unternehmen in Zusammenarbeit mit dem NHS und der britischen Gesundheitsindustrie Forschungsarbeiten im Wert von mehr als 10 Millionen Pfund durchgeführt.

QinetiQ ist also breit aufgestellt; es ist nicht nur geschäftlich mit dem "Dekontaminierer" des Hauses von Sergej Skripal, dem  DEFRA, verbandelt, nein, es leitet eben auch das Zentrum der britischen Chemie- und Biowaffenforschung, die Forschungseinrichtung Porton Down! Und QinetiQ steht natürlich auch mit dem National Health Service in "geschäftlichem" Kontakt; in einem dieser Krankenhäuser in Salisbury wurden sämtliche Nowitschok-Anschlagsopfer behandelt. 

Und die Nowitschok-Tote Dawn Sturgess, 44 Jahre alt geworden, hat eine ganz eigene Beziehung zu QinetiQ: Ihre Mutter Caroline, die sich um Dawns 10-jährige Tochter kümmert, arbeitet als Steward auf der Boscombe Down RAF-Basis; also unter Direktive von QinetiQ. Und Dawns früherer Ehemann Andrew 'Hopey' Hope, mit dem sie zwei Söhne hat, besitzt ebenfalls eine "Zulassung" für Boscombe Down, wo er seit November 2001 als Flugzeugingenieur bei QinetiQ unter Kontrakt steht.

Vielleicht passt QinetiQ vorerst auch auf Julia und Sergej Skripal auf. Doch das soll nur Spekulation bleiben. Vielleicht findet ein tapferer britischer Journalist mehr heraus.

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