Europa

Emmanuel Macron gesteht: Franzosen würden bei Referendum ebenfalls für EU-Austritt stimmen

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat in einem Interview mit der BBC zugegeben, dass auch die Franzosen "vermutlich" für einen Austritt aus der EU gestimmt hätten, wenn man sie gefragt hätte. Doch er sei kein Freund von "Ja-Nein-Fragen".
Emmanuel Macron gesteht: Franzosen würden bei Referendum ebenfalls für EU-Austritt stimmen Quelle: Reuters © Hannah McKay

von Timo Kirez

Es war ein unerwartetes "Geständnis": In einem Fernsehinterview mit der britischen BBC gab Emmanuel Macron zu, dass vermutlich auch die Franzosen für einen Ausstritt aus der EU gestimmt hätten - wenn es zu einem Referendum gekommen wäre. Doch kaum hatte er diese ebenso überraschende wie brisante Äußerung getätigt, ruderte der französische Präsident auch gleich wieder zurück.

Während des Interviews hatte der BBC-Journalist Andrew Marr im Zusammenhang mit dem Brexit die Überlegung geäußert, dass, "wenn Frankreich ein Referendum abgehalten hätte, das Ergebnis vielleicht dasselbe gewesen wäre." Daraufhin sagte Macron:

Ja, vermutlich... Vermutlich in einem ähnlichen Kontext.

Macron relativierte seine Aussage jedoch sehr schnell wieder, indem auf diesen anderen Kontext in Frankreich hinwies:

Aber unser Kontext war sehr unterschiedlich, so dass ich die Wetten nicht annehmen würde. [...] Aber ich hätte hart gekämpft, um zu gewinnen.

Zudem gestand Macron, dass er die Initiative des ehemaligen britischen Premierministers David Cameron für ein Referendum als gefährlich einschätzte. Man gehe immer ein Risiko ein, wenn man ein Referendum habe, das nur "ja" oder "nein" anbiete. Dafür sei der EU-Kontext zu kompliziert. Wer dem Präsidenten Böses will, könnte dies auch so interpretieren, dass er sein Volk für zu blöd hält, um die Folgen eines möglichen Frexit-Referendums einzuschätzen. 

Stimmung in Frankreich zunehmend EU-kritisch

In Frankreich stehen sowohl linke wie auch nationalistische Parteien wie die Republikanische Volksunion (UPR) und der Front National (FN) der Europäischen Union grundsätzlich kritisch gegenüber. In einer Umfrage von TNS Sofres, die zeitgleich mit dem Brexit-Referendum in Frankreich durchgeführt wurde, gaben nur 45 Prozent der französischen Befragten an, dass sie in der EU verweilen möchten.

Jedoch sprachen sich nur 33 Prozent dafür aus, die EU zu verlassen. Darüber hinaus würden 45 Prozent der Befragten ein Referendum in Frankreich begrüssen, während 44 Prozent ein Referendum ablehnten.

Das Macron kein Freund von Referenden ist, könnte auch an den Erfahrungen des Jahres 2005 liegen. Damals wurde in Frankreich über die Annahme einer europäischen Verfassung abgestimmt. Das Ergebnis war ein Schlag ins Kontor der EU-Befürworter: Mehr als 54 Prozent der abgegebenen Stimmen sprachen sich gegen die Verfassung aus. Das hat man in Paris nicht vergessen. Was hingegen seine eigenen EU-kritischen Worte betrifft, scheint Macron ein kurzes Gedächtnis zu haben. 

Macron forderte umfassende Reformen

Im Jahr 2015, noch als Präsidentschaftskandidat, drohte Macron selbst mit einem "Frexit". Ironischerweise war es damals auch ein BBC-Interview, in dem Macron klarstellte, dass die EU Reformen brauche oder "sich einem Frexit stellen" müsse.

Ich bin ein Proeuropäer, der während seiner Kampagne die europäische Idee und Politik immer wieder verteidigt hat, weil ich glaube, dass sie sehr wichtig für die französische Bevölkerung und für unser Land in Zeiten der Globalisierung sind", sagte Macron damals.

Während er nun der "Volksseele" zu misstrauen scheint, klang das im Jahr 2015 noch anders. Denn Macron sprach in dem Interview davon, dass man den Menschen zuhören müsse. Zudem käme man nicht umhin, festzustellen, dass sie extrem "wütend" und "ungeduldig" seien. Die Europäische Union sei dysfunktional und nicht mehr zukunftsfähig.

"Deswegen wird es im Falle eines Wahlerfolgs auch mein Mandat sein, die Europäische Union und das Europäische Projekt tiefgreifend zu reformieren", so Macron in 2015.

Macron fügte noch hinzu, dass es einem "Betrug" gleichkäme, wenn er die EU weiterhin so funktionieren lassen würde wie bisher. Man darf gespannt sein, wie es mit den von Macron angedachten Reformen in der EU weitergehen wird. Und auch, inwieweit Berlin dem französischen Präsidenten entgegenkommen wird.

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