Finnischer Präsident: Keine Angst vor Russland – und kein Grund der NATO beizutreten
Der finnische Präsident Sauli Niinistö sagte am Sonntag in einem Interview für den US-Amerikanischen Nachrichtensender CNN, er habe keine Angst, dass sein Land das nächste sein könnte, wenn der russische Präsident Wladimir Putin die militärische Aufrüstung um die Ukraine verstärkt:
"Wir haben überhaupt keine Angst. Die Situation an der finnischen Grenze und in der gesamten Ostseeregion ist im Moment recht friedlich. Wir haben keine Angst vor russischen Panzern, die plötzlich die finnische Grenze überqueren."
Besorgt zeigte er sich jedoch über den allgemeinen Zustand der Welt. Sie befinde sich in einer "fast noch kälteren Situation" als zu Zeiten des Kalten Krieges, da die Spannungen zwischen den USA und Moskau einen Siedepunkt erreicht hätten. Zu Zeiten der Sowjetunion habe sich die Welt in einer vertraglich gesicherten Balance befunden, sagte das finnische Staatsoberhaupt. Heute gäbe es nach seiner Auffassung nichts mehr, was den Weltfrieden bewahren könnte:
"Damals gab es zumindest einige Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion, die eine Begrenzung der Waffen und so weiter vorsahen. Jetzt haben wir eigentlich gar nichts mehr, keine Vereinbarungen mehr. Das macht die Situation meiner Meinung nach sehr viel verwundbarer."
Auf die Frage, ob er mit einer russischen Invasion in der Ukraine rechne, sagte Niinistö, er sehe drei Möglichkeiten:
"Die erste ist, dass sie irgendwie die Frage der Ostukraine regeln könnten, das Minsker Abkommen und all das. Ich denke, das ist weit weg. Die zweite Möglichkeit ist, dass wir einen ausgewachsenen Krieg erleben werden. Und die dritte Möglichkeit, die genauso schlimm ist, ist, dass wir diese Art von – wie ich es beschrieben habe – zwei Schritte vorwärts, einen zurück, erleben, die die Spannungen ständig erhöht. Und die dritte könnte im Moment – würde ich sagen – zumindest die nächstliegende sein."
Finnland ist seit dem Friedensschluss mit der Sowjetunion im Herbst 1944 der Neutralität verpflichtet und hatte auch in Zeiten, in denen der sogenannte "Eiserne Vorhang" Europa trennte, gute Beziehungen zu seinem östlichen Nachbarn, von denen es auch wirtschaftlich profitierte.
Finnland war im Mittelalter und der frühen Neuzeit zwischen Schweden und der russischen Republik Nowgorod umkämpft. Im Lauf des 18. Jahrhunderts kam es ganz unter russische Kontrolle und gehörte bis 1918 dem Russischen Imperium an, verfügte aber über weitreichende Autonomie, ein eigenes Parlament und eine Verfassung, die einer konstitutionellen Monarchie gleichkam. Noch unter dem Zarenregime war es das erste Land, in dem das Frauenwahlrecht eingeführt wurde.
Ein NATO-Beitritt wird in Finnland in unregelmäßigen Abständen debattiert. Zuletzt wurden angesichts der Krise um die Ukraine Stimmen laut, die das Aufkündigen der Bündnisfreiheit dieses skandinavischen Landes forderten.
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