Europa

Pegasus-Skandal: Polnische Regierung kaufte israelische Spähsoftware

Die Spionagesoftware Pegasus der israelischen NSO Group wurde auch in Polen gegen Oppositionelle eingesetzt. Jüngst verdichteten sich die Indizien dafür, dass die Regierung die Software im Jahr vor der Parlamentswahl erworben und gegen Kritiker und Wettbewerber eingesetzt hat.
Pegasus-Skandal: Polnische Regierung kaufte israelische SpähsoftwareQuelle: www.globallookpress.com © Grzegorz Banaszak/ZUMAPRESS/ Global Look Press

Polens rechtskonservative Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) hat offenbar die Spähsoftware Pegasus der israelischen NSO Group gekauft. Laut Medienberichten liegt dem Obersten Rechnungshof (NIK) eine Rechnung vor, die den Erwerb der Spähsoftware durch polnische Behörden belegt. Dadurch müsste möglicherweise eine Untersuchung wieder aufgenommen werden, wie der Präsident des Obersten Rechnungshofs, Marian Banaś, jüngst sagte.

Insbesondere das Smartphone des früheren Wahlkampfchefs der oppositionellen PO-Partei sei mehrfach gehackt worden, hieß es bereits im vergangenen Dezember seitens des Citizen Labs der Universität Toronto, das sich mit dem Pegasus-Skandal befasst. Regierungsvertreter oder der Sprecher des Koordinators der polnischen Geheimdienste, Stanisław Żaryn, wollten zunächst weder bestätigen noch dementieren, ob die Schadsoftware in ihrem Auftrag gekauft oder eingesetzt wurde.

Das Telefon des Sejm-Abgeordneten Krzysztof Brejza soll vor der Parlamentswahl im Oktober 2019 ganze 33 Mal angezapft worden sein. Das regierungsnahe Fernsehen TVP veröffentlichte offenbar manipulierte Nachrichten von Brejza, um dessen Kampagne zu diskreditieren. Brejza sah dies als Zeichen an, dass seine Nachrichten womöglich durch eine Schadsoftware aus seinem Telefon gestohlen wurden. Betroffen sind auch die Mobiltelefone von Rechtsanwalt und Ex-Innenminister Roman Giertych, der unter anderem den ehemaligen Premierminister Donald Tusk von der Bürgerplattform vertrat, sowie der Staatsanwältin Ewa Wrzosek, welche der regierungskritischen Staatsanwälte-Vereinigung "Lex Super Omnia" angehört.

Da die Spähsoftware im Wahlkampf eingesetzt wurde, ist in polnischen Medien von Polens eigenem "Watergate-Skandal" zu lesen. Polens Opposition fordert die Einberufung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses.

Die polnische Regierung sieht allerdings keinen Anlass, dem nachzugehen, ebenso wenig die dem Justizministerium direkt unterstehende Staatsanwaltschaft. Regierungschef Mateusz Morawiecki sagte, hinter dem Missbrauch der Spähsoftware gegen polnische Oppositionelle könnten auch ausländische Geheimdienste stehen, von denen es "auf der Welt sehr viele" gebe. Vize-Justizminister Michał Woś sagte auf Presseanfrage, er wisse nicht, wovon die Rede sei und spottete über "dieses Pegasus".

Die polnische Tageszeitung Gazeta Wyborcza berichtete Anfang Dezember, dass die Entscheidung der damaligen polnischen Regierung, die Spähsoftware zu kaufen, bei einem Treffen mit Viktor Orbán und Israels damaligem Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Juli 2017 in Budapest gefallen sein soll. Das Geld dafür, rund sieben Millionen Euro, soll aus einem Fonds für Verbrechensopfer stammen. Für die Bewilligung der Mittel sollen laut regierungskritischen Medien Parlamentarier getäuscht worden sein.

Der oppositionelle Senator und ehemalige Rechnungshofpräsident Krzystof Kwiatkowski erklärte im Sender TOK FM: "Das war eine Rechnung für ein Informatiksystem – damals haben wir noch nicht den Namen 'Pegasus' benutzt, aber es war ein System zur tieferen Überwachung. Ich fand das entrüstend, denn hier wurde Geld umgeleitet, das eigentlich Opfern häuslicher Gewalt oder von Verkehrsunfällen zugutekommen sollte, nun aber per Verordnung ausgegeben wurde, um Bürger zu beschatten."

Im November 2021 hatte ein hochrangiger ungarischer Regierungspolitiker eingeräumt, dass das Innenministerium des EU-Landes die Spionage-Software beschafft hat. Die betreffenden Geheim- und Polizeidienste seien jedoch gesetzeskonform vorgegangen, wie der Vorsitzende des parlamentarischen Verteidigungs- und Innenausschusses, Lajos Kósa, nach einer Sitzung des Ausschusses, in der Innenminister Sándor Pintér über die Verwendung der Software befragt worden war, versicherte. Die Einzelheiten der Anhörung unterliegen bis zum Jahr 2050 der Geheimhaltung.

Über 80 Journalisten von 17 Medienunternehmen aus 10 Ländern hatten im Juli vergangenen Jahres erstmals über Pegasus berichtet. Sie hatten aufgedeckt, dass das Programm – entgegen wiederholten Beteuerungen der israelischen Entwicklerfirma NSO Group Technologies – missbraucht wurde. Zusammen mit Datenforensikern konnten sie nachweisen, dass unter anderem mehrere Staats- und Regierungschefs sowie mindestens 180 Journalisten, Menschenrechtsaktivisten, Gewerkschafter, Diplomaten und mehrere Staats- und Regierungschefs ins Visier genommen wurden. Vor allem autoritäre Regierungen setzten demnach die Überwachungssoftware gegen Kritiker, Oppositionelle und Journalisten ein.

Während Israel die Anzahl der Länder, die die Software beziehen können, reduziert und der Hersteller NSO Group Technologies die Verträge mit Ungarn und Polen gekündigt hat, soll die in Nordmazedonien registrierte israelische Firma Cytrox Berichten zufolge mit "Predator" bereits eine Alternative zu Pegasus anbieten.

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