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"Hybride Waffe gegen die Ukraine": Ukrainischer Außenminister erteilt Absage an russisches Vakzin

Nach dem Verbot in den USA, die eigenen COVID-19-Impfstoffe zu exportieren, galt es zumindest als nicht ausgeschlossen, dass die Ukraine auf das russische Vakzin Sputnik V zurückgreifen würde. Nun kommt ein Statement von Außenminister Dmitri Kuleba jedoch einer Absage gleich.
"Hybride Waffe gegen die Ukraine": Ukrainischer Außenminister erteilt Absage an russisches VakzinQuelle: www.globallookpress.com

Das russische Vakzin Sputnik V wurde als erster Impfstoff gegen COVID-19 am 11. August 2020 registriert. Nach Angaben des Gamaleya-Zentrums, dem Entwickler des Medikaments, beträgt die Wirksamkeit des Impfstoffs 91,4 Prozent bzw. gegen schwere Krankheitsverläufe sogar 100 Prozent. Als einer der ersten Staaten überhaupt hat Russland bereits am 5. Dezember mit Massenimpfungen begonnen.

Auf dem Weltmarkt gilt Sputnik V derzeit als einer der gefragtesten Impfstoffe. Mehr als 50 Staaten haben insgesamt 1,2 Milliarden Dosen des Vakzins vorbestellt (Stand Ende November). In Weißrussland und Argentinien hat die Impfung mit Sputnik V an diesem Dienstag begonnen. Im Russland benachbarten Kasachstan soll ab Februar mit Sputnik V geimpft werden. Aber wie sieht es mit der Ukraine, einem anderen Nachbarn Russlands, aus?

Seit Anfang Oktober setzte sich der ukrainische Politiker und Vorsitzende der Partei "Oppositionsplattform fürs Leben" Wiktor Medwedtschuk in Verhandlungen mit der russischen Regierung und den Impfstoffherstellern für die Möglichkeit ein, das russische Vakzin in der Ukraine herstellen zu lassen. Am 9. Dezember war es dann soweit. In einem gemeinsamen Presseauftritt erklärten der Chef des Gamaleya-Instituts Alexandr Ginzburg und der Generaldirektor des Russischen Direktinvestitionsfonds Kirill Dmitrijew, dass Russland bereit sei, einen Vertrag über den Technologietransfer sowie über die Lieferung einer sogenannten Zelllinie für die Impfstoffproduktion mit dem ukrainischen Partnerunternehmen Biolik in Charkow abzuschließen. Dies geschah unter einer Voraussetzung – nämlich, dass die ukrainische Regierung dies wolle.

Der ukrainische Gesundheitsminister Maxim Stepanow bezeichnete den russischen Impfstoff lange Zeit als unzuverlässig, schloss aber dessen spätere Nutzung nicht kategorisch aus. "Berühmt" wurde dann allerdings die Aussage der US-Beauftragten für die Ukraine Christina Kvien gegenüber dem Minister am 16. Oktober:

"Die Ukraine wird den russischen COVID-19-Impfstoff NICHT kaufen, da dieser die klinischen Tests zur Sicherheit nicht bestanden hat."

Für diese Mitteilung hatte sie Stepanow extra in die Botschaft zitiert. Viele Medien, Experten und Politiker aus der Opposition sprachen von Schande und Erniedrigung für das Land. Und zunächst hatte Stepanow selbst auch nach dem Treffen seine Haltung nicht verändert. Noch am 4. Dezember – also nur kurz vor Beginn der Massenimpfungen in Russland – sagte er, dass man über eine Lieferung des Impfstoffs in die Ukraine reden könne, sofern die dritte Test-Phase erfolgreich abgeschlossen sei.

Grund dafür war möglicherweise die Unsicherheit bezüglich der Versorgung der Ukraine mit den Impfstoffen von Pfizer, Moderna und Johnson & Johnson über die USA. Kurz darauf am 8. Dezember erließ US-Präsident Donald Trump dann auch tatsächlich eine Verordnung, die den Export von Impfstoffen verbietet, bevor die US-Bürger selbst geimpft werden. Die New York Times beschrieb den ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij als "sichtlich frustriert", als dieser in einem Interview in Reaktion auf Trumps Verordnung sagte:

"Natürlich ist es unmöglich, der ukrainischen Gesellschaft zu erklären, warum wir, während Amerika und Europa uns keine Impfstoffe geben, auf ein russisches Vakzin verzichten sollen.“

Man müsse sich in dieser Hinsicht auf einen Informationskrieg einstellen, so der Präsident. Er wurde nicht konkreter, doch bezog er sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den Vorstoß Medwedtschuks, der damals in den ukrainischen Medien breit diskutiert wurde. Doch viele in der Ukraine wollten nicht zulassen, dass Russland – dort offiziell als "Aggressor-Staat" bezeichnet – in der ukrainischen Bevölkerung als Retter vor der COVID-19-Pandemie wahrgenommen würde.

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An diesem Dienstag nun machte Außenminister Dmitri Kuleba in einem Interview eine unmissverständliche Aussage, die Spekulationen über eine mögliche Herstellung des russischen Vakzins in der Ukraine ein Ende setzte. Gespräche darüber seien "hybride Möglichkeiten", so der Minister. Kuleba führte aus:

"Und es gibt eine weitere hybride Dimension in dieser Geschichte, nämlich die russische Impfstoffsituation. Wir verstehen, dass, wenn es um den russischen Impfstoff geht, dies Russlands hybride Waffe gegen die Ukraine ist."

Der Minister wies auch darauf hin, dass die Ukraine unumkehrbar Teil des Westens sei. "Die Ukraine wird ihren Weg als europäisches Land beschreiten. Der Bruch mit der russischen Welt ist endgültig.", sagte er weiter.

In der westlichen Welt wird "hybride Kriegsführung" als Kombination aus klassischen Militäreinsätzen, wirtschaftlichem Druck, Cyberattacken bis hin zu Propaganda in den Medien und sozialen Netzwerken beschrieben. So definiert dies zumindest das Bundesverteidigungsministerium, wobei sich nur Russland und andere "undemokratische" Staaten dieser Techhniken bedienten. 

Der ukrainische Minister fügte hinzu, dass es stattdessen einen "klassischen Weg" gebe – nämlich, den Impfstoff über das sogenannte COVAX-Programm zu beziehen. COVAX ist die Abkürzung für COVID-19 Vaccines Global Access. Es handelt sich dabei um ein von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) initiiertes Programm, das die Versorgung der Entwicklungs- und Schwellenländer mit COVID-19-Impfstoffen gewährleisten und subventionieren soll. Vor allem ärmere Länder, die selbst weder Impfstoffe herstellen noch für deren Erwerb den vollen Preis zahlen können, machen von COVAX Gebrauch. 

Was nun möglicherweise zur Absage des ukrainischen Außenministers bezüglich des russischen Impfstoffs Sputnik V beigetragen haben könnte, ist eine neue Entwicklung. So war am Dienstag bekannt geworden, dass die Ukraine nicht wie ursprünglich geplant 8 Millionen, sondern 16 Millionen Dosen des Impfstoffs über COVAX erhalten würde. Zudem sei die Ukraine laut Kuleba bereits mit China im Gespräch.

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Medwerdtschuk wertete die Aussagen des Außenministers als endgültige Absage gegenüber dem russischen Vakzin. Kulebas Äußerung sei "ein Verbrechen an der ukrainischen Bevölkerung". In einem am Dienstag bei Vesti.ua veröffentlichten Interview sagte der Oppositionspolitiker:

"Die Produktion [des Impfstoffs Sputnik V] hätte im Mai oder Anfang Juni 2021 beginnen können. Dies ist der Zeitpunkt, an dem die Massenimpfung der ukrainischen Bürger hätte beginnen können... Die Menschen hätten beginnen können, aus diesen Einschränkungen herauszukommen (...) Die Tatsache, dass die Behörden dies nicht veranlasst haben, bedeutet, dass sie die Verantwortung für diese verbrecherischen Handlungen gegenüber der Gesundheit und dem Leben der ukrainischen Bürger tragen sollten."

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