"Der Schoß ist fruchtbar noch": Spendenaufruf für russische Veteranen gestartet
Als vor 50 Jahren, am 7. Dezember 1970, Bundeskanzler Willy Brandt in Warschau, der Hauptstadt der damaligen "Volksrepublik Polen", vor dem Mahnmal für die Opfer des deutschen Überfalls niederkniete, sah es für einen kurzen Moment so aus, als ob schon bald eine ähnliche starke symbolische Geste gegenüber der damaligen Sowjetunion folgen würde. Denn die Sowjetunion hatte mit knapp 28 Millionen Toten, die meisten davon Zivilisten, am schlimmsten unter dem deutschen Angriffskrieg gelitten.
Zigtausend Dörfer wurden dort während des Zweiten Weltkrieges zerstört und gebrandschatzt. Millionen Menschen wurden in die Zwangsarbeit in das "Dritte Reich" verschleppt, dort entweder zu Tode geschunden oder beim geringsten Ungehorsam sofort ermordet.
Aber zu einer ähnlichen Geste wie Willy Brandt in Warschau waren die verschiedenen Regierungen in der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Sowjetunion und später – nach deren Auflösung vor 29 Jahren – gegenüber der nicht mehr kommunistischen Russischen Föderation bis heute nicht bereit. Zahlreiche Petitionen und Unterschriftensammlungen, wenigstens gegenüber den Überlebenden der grausamen Belagerung von Sankt Petersburg (damals Leningrad) oder gegenüber überlebenden russischen KZ-Häftlingen eine Geste der Sühne zu zeigen, blieben unbeantwortet.
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Wenn die Politik nichts tut, muss man eben selber handeln. So könnte das Credo lauten, das den Journalisten und Publizisten Rainer Rupp nun dazu veranlasst hat, mit einer Initiative die Versöhnung zwischen Russen und Deutschen voranzutreiben. Auf dem Internetportal KenFM startete er einen Spendenaufruf für die 75 noch lebenden russischen Veteranen des "Großen Vaterländischen Krieges", wie der Zweite Weltkrieg in Russland genannt wird.
Denn der Schoß sei "fruchtbar noch, aus dem das kroch", erklärte Rupp gegenüber RT DE und verwies in diesem Zusammenhang als jüngstes Beispiel auf die UN-Generalversammlung. Dort hatte Russland einen Resolutionsentwurf zur "Bekämpfung der Verherrlichung des Nationalsozialismus, des Neonazismus und anderer Praktiken, die zur Eskalation gegenwärtiger Formen des Rassismus, der Rassendiskriminierung, der Fremdenfeindlichkeit und der damit verbundenen Intoleranz beitragen", eingebracht, der letzten Mittwoch mehrheitlich verabschiedet wurde.
Während die allermeisten Mitgliedsstaaten das Dokument unterstützten, stimmten nur zwei Länder dagegen – die USA und die Ukraine. Weitere 51 Länder enthielten sich der Stimme, darunter ausgerechnet auch Deutschland.
Rupp ist angesichts der Entwicklungen der letzten Jahre in Deutschland über diese ambivalente Haltung der Bundesregierung gegenüber dem Faschismus nicht verwundert: "Denn sonst müsste sie ja ihre Unterstützung für ihre faschistischen Freunde in der Ukraine und deren mit US- und deutscher Hilfe ausgebildeten faschistischen Brigaden beenden."
Auf die Frage, warum der Spendenaufruf für die russischen Veteranen ausgerechnet jetzt kommt, meinte Rupp, dass dadurch noch vor Jahresende ein nicht zu übersehendes Zeichen gelebter Völkerfreundschaft gesetzt werden könne, besonders wenn sich möglichst viele Menschen aus allen Schichten der Bevölkerung an der Spendenaktion beteiligen.
Ein Erfolg dieser Spendeninitiative wirke als Achtungszeichen ganz anders als jede Petition. Denn bei Spenden sei ein viel höherer persönlicher Einsatz erforderlich, allein schon durch den Gang zur Bank und wegen des Verzichts auf den eigenen Konsum in der Höhe der Spende, so Rupp. Außerdem habe die Erfahrung gezeigt, dass selbst Petitionen mit mehr als 70.000 Unterschriften von den Regierenden nicht einmal zur Kenntnis genommen wurden.
Zugleich sei eine möglichst große Spendenbeteiligung ein politisches Signal an die Regierenden in Berlin, dass die Spender für die russischen Veteranen sich von der zunehmend stärker hervorgekehrten Aggressivität der Bundesregierung gegenüber Russland distanzieren. Und damit könne sogar jede Gabe auch für die Spender wie eine Medizin wirken gegen die wachsende Frustration über die Außenpolitik der Bundesregierung.
"Insofern stellt ein Erfolg der Spendenaktion, den 75 noch lebenden Kriegsveteranen in Russland Hilfe angedeihen zu lassen, ein Zeichen von Symbolcharakter dar", erläuterte Rupp. Russland brauche das eingesammelte Geld nicht. Es könne sicher gut selbst für den Lebensunterhalt seiner Veteraninnen und Veteranen sorgen. Daher ginge es vorrangig nicht so sehr um die Höhe der individuellen Spenden, sondern um die Anzahl der Spender. Denn eine große Beteiligung habe "als Symbolhandlung eine größere Wirkung als eine Protestdemo auf den Straßen", so Rupp, der zum Abschluss des Gesprächs mit RT DE hinzufügte:
"Daher ist jede auch noch so kleine Spende, auch wenn es nur zwei Euro sind, hochwillkommen. Und wenn am Ende auch noch ein guter Batzen Geld zusammenkommt, mit denen wir den 75 noch lebenden Veteranen ein schönes Weihnachtsgeschenk machen können, dann um so besser!"
Das russische Weihnachtsfest wird wegen des Julianischen Kalenders am 6. und 7. Januar gefeiert. Spenden sollten bis spätesten 31.12.2020 überwiesen werden. Bei größeren Spenden kann auf Wunsch eine Spendenbescheinigung ausgestellt werden.
(Für unsere Leser und Leserinnen, die spenden möchten, hier die Bankdaten: Konto der Empfänger: Glinka-Gesellschaft Berlin e. V. / IBAN: DE16 1002 0500 0001 1176 00 / Vermerk: "Russische Veteranen")
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