Ring um Russland: Die Vereinigten Staaten militarisieren Rumänien
von Prof. Dr. Anton Latzo
Alle Welt spricht davon, dass sich die USA aus Deutschland und aus Europa zurückziehen. Die Wirklichkeit zeigt jedoch ein anderes Bild. Sie ziehen zwar einen Teil ihrer militärischen Kräfte aus Deutschland ab – diese bleiben aber in Europa! Die Anzahl der ständig stationierten US-amerikanischen Streitkräfte in Osteuropa wird erhöht, die US-Stützpunkte werden erweitert und mit neuester Technik ausgestattet.
Amerikanische Handlungen und Ziele
Die Militarisierung Osteuropas durch die USA wird direkt und über die NATO zielstrebig betrieben. Die US-Regierung mischt sich über die Botschaften, außenpolitischen und militärischen staatlichen Institutionen, Geheimdienste, mit ökonomischem und finanzpolitischem Druck, mit dem Einsatz der Medien und den Mitteln der sogenannten Zivilgesellschaft ("NGOs") offen und direkt in die Innen- und Außenpolitik verschiedener Länder ein und begründet dies zum großen Teil mit der angeblich zunehmenden Gefahr aus dem Osten.
Mit dem "Ring um Russland" wird gleichzeitig ein Kontrollstreifen errichtet, über den Washington auch alle Aktivitäten der EU und ihrer Mächte (vor allem Deutschland) kontrollieren kann, die diese in Richtung Russland und Osten (Ukraine, Weißrussland, Moldawien/Transnistrien), Kaukasus-Region, Schwarzes Meer (Bosporus), in den Nahen und Mittleren Osten und auf dem Balkan unternehmen. Es ist ein hochexplosives Gemisch an offensichtlichen und latenten Widersprüchen, deren Dynamik nur schwer kontrollierbar werden könnte. Damit rücken nicht nur die letzten Reste von Sicherheit in Europa ins Reich des Wunschdenkens. Letztlich geht es um die Festlegung neuer Einflussbereiche in Europa. Vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer wird ein "Bogen der Instabilität" errichtet, der politisch und militärisch von den USA, aber auch von der NATO missbraucht werden kann.
Netz militärischer Stützpunkte in Rumänien
Rumänien wird in diesem Zusammenhang, zusammen mit Polen im Norden, zu einem Stützpfeiler der NATO und besonders der US-amerikanischen Politik in der Region ausgebaut. Das hat bedeutende Auswirkungen auf die Sicherheitsstruktur im Bereich des Schwarzen Meeres und bedeutet eine drastische Veränderung der operativen Möglichkeiten in diesem Raum.
Nach der Aufnahme in die NATO wird in Rumänien systematisch ein von den USA betriebenes Netz militärischer Stützpunkte aufgebaut und systematisch erweitert. Begonnen hat der Aufbau und die systematische Erweiterung der militärischen Präsenz der USA mit der Einrichtung mehrerer militärischer Stützpunkte am Schwarzen Meer (Babadag, Smardan) und die Nutzung bzw. spätere Umwandlung des für den Tourismus in den 1960er-Jahren errichteten Flughafens Mihail Kogălniceanu bei Constanța in einen strategischen Luftwaffenstützpunkt der USA, der nur 400 Kilometer von der russischen Stadt Sewastopol entfernt ist. Anfangs wurde er für den Transport von Militär, Waffen und Militärtechnik nach Afghanistan und in den Irak genutzt. In der Zwischenzeit wurden und werden weiterhin Milliarden Euro investiert, um ihn so auszubauen, dass er zur Kontrolle des Schwarzen Meeres und der benachbarten Regionen dient.
Es folgten ähnliche Stützpunkte im Inneren des Landes (Cincu bei Brașov) sowie die Errichtung des zum Raketenabwehrsystem deklarierten US-Stützpunktes bei Deveselu südlich der Karpaten, der einer der größten Militärstandorte der USA auf dem Gebiet eines ehemaligen Warschauer Vertragsstaates ist.
In der Nähe der Stadt Cluj im Nordwesten Rumäniens, bei der Ortschaft Câmpia Turzi, wurde in diesem Jahr ein weiterer US-Stützpunkt eingerichtet, auf dem US-amerikanische Angriffsdrohnen vom Typ MQ-9 Reaper stationiert werden. Die Drohne kann bis zu 15 Stunden in der Luft bleiben. Vom Stationierungsort bis in die Karpatenukraine braucht sie ungefähr eine halbe Stunde.
Auch in diesem Zusammenhang ist die Tatsache beachtenswert, dass die Ukraine vorgeschlagen hat, mit Rumänien die militärische Zusammenarbeit zu entwickeln und unter anderem eine gemeinsame militärische Einheit durch die Vereinigung der Flotten beider Länder zu bilden.
Der Ausbau des Destabilisierungspotenzials der USA wird auch gegenüber der Republik Moldau immer wieder in Erwägung gezogen.
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Die Beziehungen der USA mit Rumänien erreichen in den anderen Bereichen nicht den Umfang, den sie im militärischen Bereich annehmen. Sie konzentrieren sich auf die Bereiche der Geheimdienste, Justiz, der Wirtschaft und der "Zivilgesellschaft". Sie sind aber auf das gleiche Ziel ausgerichtet. Während einer Tagung der Amerikanischen Handelskammer in Rumänien Anfang dieses Jahres wandte sich der Botschafter der USA an die anwesenden Firmenvertreter:
Sie sind die Führer der größten Unternehmen in Rumänien. Beginnen Sie, das korporative Regierungsmodell einzuführen, das für die freien Märkte, für die Transparenz und Konkurrenz notwendig ist.
Er plädierte für die Expansion US-amerikanischer Firmen in Rumänien. Als schädlich wurden die wirtschaftlichen Aktivitäten Chinas in Rumänien behandelt. Aber allein der Umsatz von Huawei Rumänien kommt einem Viertel der Geschäftsbeziehungen aller US-amerikanischen Firmen in Rumänien gleich.
Beobachter der Entwicklung in Rumänien und des Ausbaus der amerikanisch-rumänischen Beziehungen und selbst rumänische Politiker sprechen inzwischen davon, dass die Errichtung der US-amerikanischen militärischen Einrichtungen und die Politik des Diktats der USA gegenüber der rumänischen Regierung das Land in die Abhängigkeit von USA und NATO und in die Rolle des Vollstreckers des Willens des Pentagon versetze. Es wird sogar von der Gefahr einer Militarisierung Rumäniens gesprochen. Rumänien werde zu einem militärischen Brückenkopf nach dem Osten ausgebaut. Das habe Destabilisierung im Inneren und in der Region zur Folge und führe zu zunehmender Konfrontation mit den Nachbarn, besonders in der Region des Schwarzen Meeres.
Rumänien beschwört "russische Gefahr"
Im Entwurf für die Nationale Verteidigungsstrategie (Juni 2020) für die Jahre 2020 bis 2024 wird vom Obersten Verteidigungsrat Rumäniens unter Staatspräsident Johannis erstmalig nach dem Zweiten Weltkrieg – bei dem sich Rumänien an der Seite Deutschlands an der Aggression gegen die Sowjetunion beteiligt hatte – Russland offiziell ein "aggressives Verhalten" unterstellt. Russland wird als "feindliches Land", als Bedrohung nicht nur für das Land, sondern für die ganze Region charakterisiert. Russland zeige ein destabilisierendes Verhalten.
Das rumänische Außenministerium erklärte dazu, dass "die neue Nationale Verteidigungsstrategie den Status Rumäniens als Mitgliedsstaat der NATO und der Europäischen Union widerspiegelt, der fest der Konsolidierung der Demokratie, der Stabilität, des Friedens und der internationalen Sicherheit in Übereinstimmung mit dem auf Normen gestützten internationalen System verpflichtet ist". In diesem Sinne, so das Außenministerium, "ist das programmatische Dokument der Ausdruck der berechenbaren Politik der Verbundenheit Rumäniens gegenüber den euroatlantischen Werten und dem Völkerrecht".
Das russische Außenministerium wies darauf hin, dass Rumänien die "Methode des Plagiats" anwende, was das Fehlen "unabhängigen Denkens" bestätige. Es zeige die Bereitschaft der rumänischen Politiker, den "Intentionen der Konfrontation anderer in Bezug auf Russland zu folgen, und das auch um den Preis eigener Interessen, die sich unter anderem aus unserer gemeinsamen Zugehörigkeit zur Region des Schwarzen Meeres ergeben". Die russische Seite wies darauf hin, dass Russland "gegenüber keinem Staat aggressive Absichten hat und dass die Konsolidierung des militärischen Potenzials an den westlichen Grenzen Russlands eine Antwort auf das wachsende militärische US-amerikanische und NATO-Potenzial in der Nähe der Grenzen Russlands darstellt".
Durch die Politik der USA und der NATO, die auch von den gegenwärtig in Rumänien regierenden politischen Kräften vertreten wird, wird somit eine gefährliche Situation in der ganzen Region geschaffen, die nicht nur vorübergehenden Charakter haben dürfte und die außerdem die gesamteuropäische Situation unmittelbar beeinflusst.
Man muss sogar davon ausgehen, dass die neue Strategie Rumäniens ausgenutzt wird, um die militärische Präsenz der USA und der NATO in der Region des Schwarzen Meeres zu rechtfertigen und weiter auszubauen. In dieser Region befinden sich aber Georgien und der Kaukasus auf der einen Seite und die Republik Moldau und Transnistrien sowie die Ukraine auf der anderen Seite des Meeres. Und daraus ergeben sich nicht nur Gefahren für die politische Stabilität und Sicherheit der Staaten und Völker der Region und Europas, sondern auch unter anderem für die energetische Sicherheit und die Sicherheit des Handels des Kontinents.
Durch den Beitritt zur NATO und in die EU hat Rumänien gehofft, zu einem wichtigen Faktor im Zentrum der westlichen Politik zu werden. Es ist aber jetzt schon zu einem nützlichen Objekt in einem gefährlichen Kriegsspiel rücksichtsloser Kräfte geworden, die nur den materiellen und politischen Profit und ihre Vorherrschaft im Auge haben. Staatspräsident Johannis hat dieses Dokument bereits unterzeichnet. Es muss nur noch vom Parlament bestätigt werden.
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