Nahost

Kehrtwende im Jemen: Welche Strategie verfolgt Bin Salman nach dem "Rücktritt" von Präsident Hadi?

Der jemenitische Präsident übertrug seine Befugnisse an einen Führungsrat. Dieser von Saudi-Arabien unterstützte Schritt zielt darauf ab, dass die arabische Kriegskoalition die Verhandlungen mit den Huthis zur Beilegung des Konflikts im Jemen erneut aufnimmt. Die Frage ist, ob der Rat in der Lage sein wird, die innere Spaltung vorerst beiseite zu legen.
Kehrtwende im Jemen: Welche Strategie verfolgt Bin Salman nach dem "Rücktritt" von Präsident Hadi?Quelle: AFP © Saudi Royal Palace

von Seyed Alireza Mousavi

Der seit Jahren in Riad lebende jemenitische "Präsident" Abed Rabbo Mansur Hadi entmachte sich am Donnerstag selbst und übergab seine Führung an einen Präsidialrat, so hieß es in Mainstream-Medien. Der Schritt erfolgte, nachdem die sich selbst Ansar Allah nennende Huthi-Bewegung im Jemen massive Vergeltungsangriffe auf Öl-Anlagen von Aramco durchgeführt hatte. Die Börsen reagierten vor Kurzem auf die Berichte über den neuen Huthi-Angriff auf Aramco mit einem Anstieg der Ölpreise. Ansar Allah hatte zuvor auch Ziele in den Vereinigten Arabischen Emiraten angegriffen, weil die VAE ihre Beteiligung an der Militärintervention im Jemen wieder verstärkt hatten.

Militärische Erfolge der von Iran unterstützten Huthis haben offenbar ein Umdenken in der vom Westen unterstützen arabischen Kriegskoalition eingeläutet. Der sogenannte präsidiale Führungsrat soll nun das Land politisch, militärisch und im Hinblick auf Sicherheitsfragen für eine "Übergangszeit" leiten. Das Mandat des Rats soll auslaufen, sobald ein "vollständiger Frieden" im Land wiederhergestellt sei. 

Saudi-Arabien begrüßte Hadis Entscheidung und forderte den Präsidialrat auf, Verhandlungen mit der Bewegung Ansar Allah aufzunehmen. Dabei gibt es allerdings keinen Zweifel, dass Hadi seinen Posten auf Drängen des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman räumte. Der Sender Al-Alam sprach sogar in seinem Kommentar von bin Salmans "weißem Putsch" gegen Mansur Hadi, der als Marionette der Saudis in Riad lebt, seit er Ende März 2015 von den Huthi-Kämpfern ins Exil getrieben wurde. Sein eigenes Land besuchte Hadi seit dem Ausbruch des Konfliktes nur noch sehr selten. Um Hadi wieder einzusetzen, begann Saudi-Arabien im März 2015 den blutigen Krieg gegen den Jemen in Zusammenarbeit mit einer Reihe von Verbündeten sowie mit Waffen- und Logistikunterstützung seitens der USA und mehrerer westlicher Staaten.

Bin Salman traf sich am Mittwoch nach der Verkündung des Rücktrittes von Hadi mit den Mitgliedern des Rats und erklärte, der Jemen könne mit ihm ein "neues Kapitel" beginnen. Es ist längst zu beobachten, dass bin Salman nach einer Gelegenheit suchte, um aus der blutigen Jemen-Krise auszusteigen.

"Die wahre Legitimität im Jemen liegt bei denen, die die Unabhängigkeit des Landes verteidigen, und der Präsidialrat ist eine Verlängerung der Besatzung und hat keinerlei Legitimitätsbasis", erklärte die Ansar-Allah-Bewegung als erste Reaktion auf Hadis Rücktritt und zur Zusammensetzung des Rates in Riad.

Huthi-Sprecher Mohammed Abdul-Salam wies auch jede Bedeutung des neuen Rates zurück. "Unser jemenitisches Volk ist nicht besorgt über illegitime Entscheidungen, die von illegitimen Parteien außerhalb ihrer Grenzen (in Saudi-Arabien) getroffen werden", twitterte Abdul-Salam.

Mansur Hadi war von Anfang an der Hauptstreitpunkt zwischen Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Hadis Herrschaft wurde in letzter Zeit durch den Einfluss der Vereinigten Arabischen Emirate in den Gebieten untergraben, die nominell noch unter seiner Kontrolle standen. Die VAE bildeten, finanzierten und bewaffneten separatistische Milizen im Südjemen und richteten dort Gefängnisse ein.

Der Mann, der nun den Präsidialrat an der Spitze einer vermutlich international anerkannten Regierung anführt, ist der frühere Innenminister Raschad al-Alimi. Er hat enge und langandauernde Beziehungen zu Saudi-Arabien. Die Zusammensetzung des Rates lässt schon erahnen, dass neue Konflikte im Raum stehen. Denn zwischen einigen der Akteure, die nun dort zusammengekommen sind, herrscht erbitterte Feindschaft.

STC-Präsident Aydarua al-Zubaidi, ein Mann des Militärs, ist Mitglied des neuen Präsidialrats. Zubaidi glaubt an die Abspaltung Südjemens vom Staat Jemen und bezeichnet sich selbst sogar als Südstaatenpräsidenten. Zu den anderen Mitgliedern zählen auch der Gouverneur von Ma'rib, Sultan al-Arada, ein Pragmatiker mit dem starken islamistischen Hintergrund, sowie Tariq Salih, der Neffe des damaligen Präsidenten (Ali Abdullah Salih).

Die im Präsidialrat vertretenen Interessen werden sehr wahrscheinlich aufeinanderprallen. Die Frage ist, ob die neuen Funktionsträger in der Lage sein werden, auf dem Laufenden zu bleiben und ihre Spaltungen vorerst beiseite zu legen. Darauf hofft zumindest immerhin Bin Salman. Peter Salisbury, Jemen-Experte bei der International Crisis Group, beschrieb die Machtübergabe als die "folgenreichste Verschiebung innerhalb des Anti-Huthi-Blocks seit dem Ausbruch des Krieges". Das Scheitern der neuen Anti-Huthi-Koalition könnte schnell eine endgültige Abspaltung der Gruppierungen, die von Saudis und Emiratis gefördert werden, forcieren. Die Huthis setzen sich in erster Linie für Souveränität und Integrität des Jemen sowie Abzug aller ausländischen Söldner ein. Ansar Allah wird faktisch von der möglichen inneren Spaltung der von den Saudis geführten Koalition profitieren und mehr Einfluss über die Gestaltung Jemens in Zukunft gewinnen.

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