Nahost

Neuer Wendepunkt in Israels Beziehung zu Kiew: Russlands Syrien-Karte im Ukraine-Konflikt

Moskaus Position im Nahen Osten ist dank der Militäroperation Russlands in Syrien massiv gestärkt. Inmitten der Ukraine-Krise nimmt Tel Aviv nun davon Abstand, mehrere Batterien des Verteidigungssystems Iron Dome in der Ukraine zu stationieren. Israel befürchtet, dass dieser Schritt seine Beziehungen zu Russland beeinträchtigen könnte.
Neuer Wendepunkt in Israels Beziehung zu Kiew: Russlands Syrien-Karte im Ukraine-KonfliktQuelle: AFP © Ukrainian Presidential Press Service

von Seyed Alireza Mousavi

Mehr als eine Million russischer und ukrainischer Juden sind in den Neunzigerjahren nach Israel ausgewandert. Sie haben immer noch geschäftliche sowie familiäre Kontakte in ihren beiden Herkunftsländern, wobei der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij auch Jude ist. Die israelische Zeitung Haaretz kommentierte unlängst, dass der Ukraine-Konflikt Israel in eine "No-Win-Situation" bringe. Für Russland und Iran sei die Ukraine-Krise bereits ein "Erfolg".

Israel hat in letzter Zeit gute Beziehungen zur Ukraine gepflegt. Die Ukraine stellte zum Beispiel Israel Wissen, Technologie, Modelle von Luftverteidigungssystemen, Kampfflugzeugen und Geheimdienstausrüstung zur Verfügung. Dies ermöglichte der israelischen Luftwaffe und anderen Einheiten der israelischen Streitkräfte, die Fähigkeiten und die Qualität der russisch-sowjetischen Ausrüstung im Besitz arabischer Länder zu untersuchen und dementsprechend geeignete Gegenmaßnahmen zu entwickeln. 

Inmitten der Ukraine-Krise stellt nun Tel Aviv einen Versuch der USA ein, mehrere Batterien des Verteidigungssystems Iron Dome in der Ukraine zu stationieren, da die israelische Regierung befürchtet, dass dieser Schritt ihre Beziehungen zu Russland beeinträchtigen könnte. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hatte zuvor erklärt, sein Land strebe angesichts der Befürchtungen einer russischen "Invasion" eine stärkere Zusammenarbeit mit Israel bei der Luftverteidigungstechnologie an. 

Bereits in der Georgien-Krise 2008 wurde den Israelis bewusst, dass es nicht in ihrem besten Interesse wäre, sich mit Moskau anzulegen, und deswegen blockierte die Regierung in Tel Aviv seinerzeit einen Verkauf von Panzern an Georgien. Die Lage in Nahen Osten hat sich seither allerdings noch mehr zugunsten Moskaus geändert.

Der Wendepunkt in Israels Beziehung zur Ukraine erfolgte im Jahr 2015. Damals stationierte Russland seine Streitkräfte in Syrien auf Einladung der syrischen Regierung, um zusammen mit Iran und der Hisbollah-Bewegung einen von außen aufgeputschten und mit Gewalt aufgeladenen Terrorismus gegen die staatliche Existenz Syriens zu bekämpfen. 

Seit Moskau in Syrien die Oberhand über den Westen gewonnen hatte, errang Russland über das Schwarze Meer erneut einen strategischen Zugang zum Mittelmeer. Neben dem Luftwaffenstützpunkt Hmeimim unterhält die russische Armee nun die Marinebasis Tartus an der Mittelmeerküste.

Je mehr sich Russlands Militäroperation in Syrien intensiviert, desto mehr wuchs "Israels Abhängigkeit von Russland", kommentierte kürzlich Yossi Melman in der israelischen Zeitung Haaretz. Moskau spielt sehr kalkuliert mit der Syrien-Karte im Ukraine-Konflikt. Der Westen befürchtet längst, dass Russland im Ernstfall seine Kriegsflotte im Mittelmeer aktivieren könnte.

Diesen geopolitischen Schritt hat der Kreml allerdings bereits unternommen. Inmitten der jüngsten Spannungen um die Ukraine sendete Moskau ein Signal an die NATO, dass seine militärischen Fähigkeiten den Nahen Osten einschlössen, falls eine mögliche Osterweiterung des von den USA geführten Militärbündnisses nicht gestoppt würde.

Russland verlegte diese Woche Bomber des Typs Tu-22M3 und MiG-31K-Abfangjäger mit Hyperschallraketen für eine groß angelegte Übung im östlichen Mittelmeer nach Syrien, um eine starke Präsenz in dieser Region zu demonstrieren. Vor der "Haustür" Israels ist insofern eine stärkere Präsenz der russischen Marine zu beobachten, während Russland und Syrien kürzlich eine gemeinsame Luftraumüberwachung über den Golanhöhen an der Grenze zu Israel durchgeführten. Die russische Regierung äußerte zudem vor Kurzem "tiefe Besorgnis" über die fortgesetzten israelischen Luftangriffe gegen Syrien und warnte, sie seien eine Verletzung der Souveränität Syriens und könnten daher eine "scharfe Eskalation der Spannungen" auslösen.

Wenn ein Krieg in der Ukraine ausbricht, wird Tel Aviv nicht in der Lage sein, sich seinen Verbündeten im Westen anzuschließen, ohne sein strategisches Bündnis mit den USA zu beschädigen. Dies würde von Washington als unverzeihlicher Verrat wahrgenommen werden, und Israel in eine unangenehme Situation bringen. Da Iran in der Ukraine-Krise an der Seite Russlands steht und zugleich die USA sehr wohl bald einen neuen Atomdeal mit Teheran aushandeln will, über den die israelische Regierung schon jetzt unglücklich ist, und ihn als "strategischen Fehler" bezeichnet, wird Israel bei der Eskalationen um Ukraine-Konflikt sehr vorsichtig agieren müssten.

Mehr zum Thema - Russland fordert von Israel Einstellung der Luftangriffe gegen Syrien

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.