Nahost

Analyse: Im Vergleich zur anstehenden Flüchtlingskrise 2021 war 2015 nur ein "Kinderspiel"

Ein Bericht des Zentrums für Strategische und Internationale Studien warnt, dass rückblickend im Vergleich zur aktuellen Flüchtlingskrise aus Afghanistan 2021 die Flüchtlingskrise des Jahres 2015 wie ein "geopolitisches Kinderspiel" aussehen könnte.
Analyse: Im Vergleich zur anstehenden Flüchtlingskrise 2021 war 2015 nur ein "Kinderspiel"Quelle: Gettyimages.ru © Dan Kitwood / Staff

Humanitäre Hilfsorganisationen warnen vor bis zu 3 Millionen afghanischen Flüchtlingen, die nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan versuchen könnten, einen Weg nach Europa zu finden. Auch der Senior Analyst des Zentrums für Strategische und Internationale Studien (CSIS), Erol Yayboke, hat diese Zahlen zitiert und prognostiziert, dass sich die Zahl der vertriebenen Afghanen, die derzeit weltweit bei etwa 2,6 Millionen liegt, allein in den nächsten zwei Jahren leicht verdoppeln könnte. Laut Yayboke sei zu befürchten:

"Wenn die USA und ihre Partner nicht ausreichend auf diese nächste große Flüchtlingskrise reagieren, könnten Millionen vertriebener Afghanen im Jahr 2021 die Migrationskrise von 2015 wie einen geopolitisches Kinderspiel erscheinen lassen."

Yayboke verweist darauf, dass in der Migrationskrise 2015 mehr als eine Million Asylsuchende aus zahlreichen Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas Europa erreichten, und warnt, dass jedoch allein die Zahl der Afghanen, die sich dieses Mal auf den Weg Richtung Westen machen, "selbst diese Spitzenwerte in den Schatten stellen könnte."

Wo die Flüchtlinge letztendlich unterkommen werden, bleibt die entscheidende Frage, denn weder in Europa noch in den benachbarten Ländern des Nahen Ostens besteht sonderliche Bereitschaft, diese Flüchtlinge aufzunehmen. Einem Diplomaten in Kabul zufolge, können trotz der Verstärkung der Grenzen durch europäische Länder seit 2015 "nicht einmal Panzer" den kommenden Zustrom aufhalten, wenn die Zahl groß genug ist.

Die Migrationskrise von 2015, die durch den Krieg in Syrien angeheizt wurde, führte zu weit verbreiteten Unruhen und Protesten in Europa. Jetzt scheinen europäische Politiker verzweifelt einen weiteren massiven Zustrom von Flüchtlingen und Migranten aus Afghanistan vermeiden zu wollen. Abgesehen von jenen Personen, die den westlichen Streitkräften im zwanzigjährigen Krieg in Afghanistan geholfen hatten, scheint die Botschaft an die Afghanen, die eine Flucht nach Europa in Erwägung ziehen, zu lauten: Wenn ihr gehen müsst, geht in die Nachbarländer, aber kommt nicht hierher, bemerkte die Associated Press. So warnte der österreichische Innenminister Karl Nehammer:

"Unser Ziel muss es sein, die Mehrheit der Menschen in der Region zu halten."

Mehrere deutsche Politiker, darunter auch Armin Laschet (CDU) als Unions-Kanzlerkandidat, haben letzte Woche gewarnt, dass es "keine Wiederholung" der Migrationskrise von 2015 geben dürfe. Der französische Präsident Emmanuel Macron betonte, dass "Europa die Folgen nicht allein schultern kann" und "wir uns gegen erhebliche irreguläre Migrationsströme wappnen und schützen müssen." Aus Großbritannien, das 2020 die EU verließ, heißt es, man werde in diesem Jahr 5.000 afghanische Flüchtlinge aufnehmen und in den kommenden Jahren 20.000 Afghanen neu ansiedeln.

Beobachter meinen, dass es bisher keine Anzeichen für eine Massenbewegung über die Grenze gebe. Türkische Behörden melden, dass sie in diesem Jahr bisher 35.000 Afghanen abgefangen haben, die illegal ins Land gekommen sind, verglichen mit über 50.000 im gesamten Jahr 2020 und mehr als 200.000 im Jahr 2019.

Jan Egeland, Generalsekretär des Norwegischen Flüchtlingsrats, sagte, es sei keine ausgemachte Sache, dass die Übernahme durch die Taliban zu einer neuen Flüchtlingskrise führen müsse. Egeland meint vielmehr:

"Ich würde vor einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung warnen." Die Afghanen seien "verängstigt, verwirrt, aber auch hoffnungsvoll, dass ein langer, langer Krieg zu Ende ist und sie jetzt vielleicht dem Kreuzfeuer entgehen können."

Er sagte, vieles hänge davon ab, dass die Taliban die Entwicklung und humanitäre Arbeit weiter zulassen.

"Wenn sie einen Zusammenbruch der öffentlichen Dienste hätten und wenn es eine große Lebensmittelkrise gäbe, wird es mit Sicherheit eine Massenbewegung von Menschen geben", warnte Egeland abschließend.

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