Nahost

Istanbul-Kanal-Projekt: Türkei verhaftet zehn pensionierte Admirale

Die Staatsanwaltschaft in der Türkei ermittelt gegen mehr als 100 pensionierte Marineoffiziere. Diese hatten sich in einer Erklärung für eine freie Schifffahrt auf dem Bosporus ausgesprochen. Im Mittelpunkt des Streits steht der neue künstlich angelegte Istanbuler Kanal.
Istanbul-Kanal-Projekt: Türkei verhaftet zehn pensionierte AdmiraleQuelle: Reuters © Murad Sezer

Die türkische Polizei hat zehn pensionierte Admirale festgenommen. Sie sollen gemeinsam mit mehr als 100 ehemaligen Marineoffizieren in einer Erklärung Bedenken über die mögliche Kündigung des internationalen Schifffahrtsvertrags von Montreux geäußert haben.

 Vier weitere Admirale seien zu einer Aussage bei der Generalstaatsanwaltschaft in Ankara gerufen worden. Sie stehen unter Verdacht, so die Nachrichtenagentur Anadolu, "Verbrechen gegen die nationale Sicherheit und die Verfassungsordnung" begangen zu haben. Schon gestern hatte die Generalstaatsanwaltschaft Ankara Ermittlungen gegen die 100 Unterzeichner eingeleitet.

Nicht nur die Unterzeichner, sondern auch jene, die sie ermutigt hatten, würden von der Justiz zur Rechenschaft gezogen, so der türkische Kommunikationsdirektor Fahrettin Altun. Die türkische Regierung reagierte auf den Brief mit Wut und erklärte, er erinnere an die zahlreichen Militärputsche, die das Land in der modernen Geschichte erlebt hat, und stelle somit eine Bedrohung für die Zivilregierung dar.

"Sie sollten wissen, dass unsere geschätzte Nation und ihre Vertreter diese Mentalität und Begeisterung für (militärische) Bevormundung niemals zulassen werden", twitterte der Präsidentensprecher Ibrahim Kalin.

In dem Brief bekennen sich die Unterzeichner zum Vertrag von Montreux, der die Durchfahrt durch den Bosporus und die Dardanellen – die Meerengen zwischen dem Schwarzen Meer und dem Mittelmeer – regelt. Die Diskussion um einen möglichen Ausstieg aus dem Vertrag habe man mit Sorge aufgenommen, hieß es.

Der 1936 geschlossene Vertrag von Montreux gab der Türkei die Souveränität über den Bosporus, das Marmarameer und die Dardanellen zurück, die das Osmanische Reich mit der Niederlage im Ersten Weltkrieg verloren hatte. Für Handelsschiffe ist dem Vertrag nach in Friedenszeiten die freie Durchfahrt garantiert. Für Kriegsschiffe gelten gesonderte Regeln.

Im Mittelpunkt des Streits steht der Istanbuler Kanal, eine 50 Kilometer lange Wasserstraße, die parallel zum Bosporus verläuft. Der Kanal verbindet das Schwarze Meer mit dem Marmarameer und soll zur Bewältigung des starken Seeverkehrs beitragen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan stellte das Projekt erstmals 2011 im Wahlkampf vor und bezeichnete es als "verrückt". Kritiker befürchten, dass der neue künstlich angelegte Kanal, der nicht unter die Montreux-Konvention fällt, möglicherweise zu einer Konfrontation zwischen den großen Seestaaten führen könnte. Der Vertrag von Montreux erlaubt den freien Schiffsverkehr durch diese Gewässer, begrenzt jedoch die Tonnage und die Anzahl an Militärschiffen, die nicht zu den Anrainern des Schwarzen Meeres gehören.

Erdoğan erklärte seinerzeit, dass der Vertrag von Montreux nach seiner Unterzeichnung nicht mehr für den Verkehr durch den neuen Kanal gelten würde, was zu Spekulationen führte, dass die Türkei von dem Vertrag insgesamt zurücktreten würde.

Das türkische Militär, das historisch die Rolle des Garanten für die säkulare Verfassung des Landes gespielt hat, führte zwischen 1960 und 1980 drei erfolgreiche Staatsstreiche durch. 1997 erzwang ein "militärisches Memorandum" den Rücktritt des islamistischen Premierministers Necmettin Erbakan. 2016 gab es einen gescheiterten Staatsstreich gegen Erdoğan, bei dem zahlreiche Menschen getötet und der türkische Sicherheitsapparat durch die Regierung gesäubert wurde.

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