Asien

Indien sollte sich vor einem stärkeren Engagement im Südchinesischen Meer hüten

Den politischen Entscheidungsträgern in Indien sei empfohlen, die Einladung der USA, eine größere Rolle im Südchinesischen Meer zu spielen, zu überdenken, da sich diese Einladung letztlich als Giftbecher erweisen könnte.
Indien sollte sich vor einem stärkeren Engagement im Südchinesischen Meer hütenQuelle: www.globallookpress.com © US Navy

Eine Analyse von Andrew Korybko

Der stellvertretende US-Außenminister für ostasiatische und pazifische Angelegenheiten, Daniel Kritenbrink, gab am Mittwoch bekannt, dass sein Land beabsichtigt, Indien dazu zu bewegen, sich im Rahmen des Quad-Format (quadrilateraler Sicherheitsdialog) vertiefter im Südchinesischen Meer zu engagieren. Es wäre jedoch angebracht, hierbei Vorsicht walten zu lassen, da es das angespannte Sicherheitsdilemma verschärfen könnte, das derzeit die chinesisch-indischen Beziehungen belastet. Auch wenn es den USA bisher nicht gelungen ist, Indien zu einem Vasallen zu machen, wird China dennoch geneigt sein, Indien als einen solchen zu betrachten, sollte seine Marine im Südchinesischen Meer eine größere Rolle einnehmen.

Für indische Kriegsschiffe wäre es eine Sache, durch das Süd- und Ostchinesische Meer von und nach Wladiwostok zu fahren, wenn mit Russland ein entsprechender Pakt geschlossen würde. Aber es ist eine andere Sache, wenn Durchfahrten durch das umstrittene Gewässer ausschließlich auf See-Patrouillen beruhten, die man gemeinsam mit dem Quad durchführt. Im ersten Fall wäre China natürlich trotzdem noch irritiert, würde dies aber aufgrund seiner strategischen Beziehungen zu Russland tolerieren, während im zweiten Fall in Peking die Alarmglocken schrillen würden, weil dies den Anschein erwecken würde, dass Indien sich am Versuch beteiligt, China einzudämmen.

Eine solche Wahrnehmung könnte innenpolitisch in Peking den Ausschlag zugunsten jener Hardliner geben, die eine Eskalation der Spannungen mit Indien entlang der umstrittenen Grenze im Himalaya-Gebiet befürworten, anstatt zu versuchen, den Status quo aufrechtzuerhalten, wie es ihre vergleichsweise gemäßigten Gegenspieler verlangen. Weder China noch Indien könnten sich einen größeren Krieg leisten, der letztlich nur der "Teile-und-herrsche"-Strategie der USA in Asien dienen würde.

Dennoch spielt Indien bereits eine strategische Rolle im Südchinesischen Meer, ohne dass dies direkt das oben genannte Szenario impliziert. Der Verkauf von gemeinsam mit Russland entwickelten Überschall-Marschflugkörpern vom Typ BrahMos an den immer wichtiger werdenden Verbündeten der USA, die Philippinen, würde die Fähigkeit der philippinischen Streitkräfte stärken, Pekings maritime Präsenz in der Region um den Inselstaat einzudämmen. Dasselbe gilt auch für den Verkauf dieser Marschflugkörper an Indonesien und Vietnam, worüber angeblich bereits Gespräche stattfinden sollen.

Was das letztgenannte Vietnam betrifft, so hat Indien diesem Land eben erst ein Kriegsschiff geschenkt, was einen Meilenstein in der militärischen Partnerschaft beider Länder darstellt. Auch der US-Flugzeugträger "Ronald Reagan" hat vor Kurzem, zum ersten Mal seit einem halben Jahrzehnt, in einem vietnamesischen Hafen angelegt, was auf das Potenzial für eine multilaterale maritime Koordinierung zwischen Neu-Delhi und Washington mit jenen Ländern hinweist, die in der Region am stärksten mit China im Konflikt stehen. Indien kann somit kostengünstig mit indirekten militärischen Mitteln dazu beitragen, den Aufstieg seines chinesischen Rivalen in der Region einzudämmen.

Mit Blick auf die Zukunft wäre es klug, an dieser Strategie festzuhalten, anstatt das Risiko einer Vertiefung von Chinas Misstrauen einzugehen, indem man sich einem Vorgehen im Rahmen des Quad anschließt, was von Peking dahingehend interpretiert werden könnte, dass Indien seine Position geändert hat und zum Vasallen der USA geworden ist. Eine direktere militärische Rolle Indiens im Südchinesischen Meer könnte somit nach hinten losgehen, selbst wenn sie nicht durch Fehleinschätzung zu einem größeren Krieg führt, sondern dadurch, dass China seinen Einfluss nutzt, um Indien als Marionettenstaat der USA bloßzustellen.

Für die bedeutende südasiatische Großmacht Indien ist es wichtig, ihren friedlichen wirtschaftlichen und geopolitischen Aufstieg fortzusetzen und die weltweite Wahrnehmung aufrechtzuerhalten, dass Indien ein wirklich neutraler Akteur auf der internationalen Bühne ist, der kein Interesse daran hat, bei Streitigkeiten anderer Länder Partei zu ergreifen. Dieser Ruf ist ein wesentlicher Bestandteil von Indiens großem strategischen Ziel, den globalen Süden informell anzuführen und anderen Entwicklungs- und Schwellenländern dabei zu helfen, im neuen Kalten Krieg ein Gleichgewicht zwischen dem kollektiven Westen und der chinesisch-russischen Einheit herzustellen.

Aus diesem Grund sei den politischen Entscheidungsträgern in Indien empfohlen, die Einladung der USA, eine größere Rolle im Südchinesischen Meer zu spielen, noch einmal zu überdenken, da sich diese Einladung letztlich als Giftbecher erweisen könnte. Das Prestige, das einige sich im Hinblick auf die Wahrnehmung des Westens und der engsten regionalen Verbündeten der USA versprechen, könnte vom Verdacht Chinas weit übertroffen werden, dass Indien sich als Vasall den USA angeschlossen hat und über eine Offensive im Grenzgebiet im Himalaya nachzudenken beginnt, um seiner bevorstehenden Eindämmung zuvorzukommen.

Aus dem Englischen

Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger amerikanischer Politologe, der sich auf die US-Strategie in Afrika und Eurasien sowie auf Chinas Belt & Road-Initiative, Russlands geopolitischen Balanceakt und hybride Kriegsführung spezialisiert hat.

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