Lateinamerika

Brasilien: Ermittlungen gegen gewählten Präsidenten Bolsonaro wegen illegaler Wahlspenden

Verstöße gegen das Wahlgesetz könnten die Wahl von Jair Bolsonaro zum neuen brasilianischen Präsidenten ungültig machen. Zudem steht der künftige Wirtschaftsminister Paulo Guedes im Verdacht der Veruntreuung von Pensionsfonds.
Brasilien: Ermittlungen gegen gewählten Präsidenten Bolsonaro wegen illegaler WahlspendenQuelle: Reuters © Reuters

von Maria Müller

Der "neue 'Messias' Brasiliens", wie sich Jair Bolsonaro selbst gerne nennt, könnte noch vor seinem Amtsantritt als neuer Präsident Brasiliens im Sumpf der Korruption stecken bleiben. Seine Wahlkampfgelder stehen nun unter Verdacht. Die Staatsanwaltschaft untersucht außerdem auch die Finanzmanöver des künftigen Wirtschaftsministers Paulo Guedes im Zusammenhang mit brasilianischen Pensionsfonds.

Nach einem Bericht der Presseagentur Reuters stellte das Oberste Wahlgericht Brasiliens fest, dass Bolsonaro möglicherweise über eine Million Dollar aus illegalen Spendensammlungen erhielt, darunter aus anonymen Quellen. Zudem fehle es der Rechnungslegung seiner Wahlkampagne an Transparenz. Insgesamt bestünden in 23 Fällen Unklarheiten. Der Richter Luís Roberto Barroso überwacht die Ermittlungen.

"Die laut Wahlgesetz verpflichtenden Aussagen und Unterlagen des Kandidaten enthalten eine Reihe von Unstimmigkeiten", berichteten die Experten der Wahlbehörde. Die Spendensammlungen im Internet für Bolsonaro, die er als Hauptfinanzierungsquelle angegeben habe, seien illegal. Bolsonaro habe auch die gesetzlichen Fristen nicht eingehalten, nach denen die Ein- und Ausgaben der Wahlkampagne dem Gericht vorzulegen sind.

Man habe des weiteren Widersprüche zwischen den von ihm angegebenen Summen seiner Kampagne und den durch amtliche Stellen registrierten Daten herausgefunden. Er habe in seiner Kampagne nur die Hälfte der angegebenen Spendensumme verbraucht, etwa 500.000 US-Dollar. Der Verbleib der restlichen Gelder sei nicht ersichtlich.

Zusätzlich zu diesen neuen Ermittlungen laufen noch die Untersuchungen, die gegen Bolsonaro bereits kurz vor dem zweiten Wahlgang eingeleitet wurden. Dabei geht es um die indirekte Kampagnenfinanzierungen durch etwa 150 brasilianische und internationale Konzerne in Höhe von 3,6 Millionen Dollar. Seit 2005 sind Wahlspenden seitens Unternehmen in Brasilien verboten.

Die Großfirmen bezahlten Internet-Messenger-Firmen, die vor allem über Facebook und WhatsApp tausende von Diffamierungen und Falschmeldungen zum Schaden des Gegenkandidaten Fernando Haddad lancierten und diese mit Roboter-Programmen, sogenannten Bots, millionenfach verbreiteten. Dabei nutzten sie als Adressaten auch Datenbanken von Drittanbietern, die illegal auf dem Schwarzmarkt zu kaufen sind. Beobachter sehen in diesen vom brasilianischen Wahlgesetz verbotenen Aktionen den ausschlaggebenden Faktor für einen Stimmenzuwachs Bolsonaros im Zeitraum von nur zwei Monaten von 17 Prozent auf 55 Prozent.

Wenn sich herausstellt, dass der ehemalige Armeeangehörige gegen die Bestimmungen der Wahlfinanzierung verstoßen hat, könnte seine für Januar geplante Ernennung zum Präsidenten annulliert werden. Jair Bolsonaro wies die Vorwürfe mit dem Argument zurück, er könne seine Unterstützer und Wähler nicht kontrollieren und sei nicht dafür verantwortlich, was sie im Internet machen.

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Facebook und Twitter erklärten inzwischen gegenüber dem Obersten Wahlgericht Brasiliens, dass sie nicht für die Verbreitung von Nachrichten von Bolsonaro bezahlt worden seien. Auch Google, Instagram und WhatsApp wurden gerichtlich befragt, ihre Antworten stehen noch aus.

Bei den Präsidentschaftswahlen 2018 war die Werbung im Internet für Wahlzwecke zum ersten Mal gesetzlich zulässig. Für die Inhalte mussten sich jedoch Parteien, Koalitionen, Kandidaten oder deren Vertreter eindeutig verantwortlich erklären und vertraglich festlegen. Die Kampagne Bolsonaros habe diese Bedingungen nicht erfüllt, lautet einer der Vorwürfe.

Bolsonaro, der die Militärdiktatur (1964-1985) verherrlicht und für seine umstrittenen homophoben, rassistischen und frauenfeindlichen Ansichten bekannt ist, wird am 1. Januar die brasilianische Präsidentschaft übernehmen, da er mit 55 Prozent der Stimmen über den progressiven Kandidaten Haddad siegte.

Der künftige Wirtschaftsminister unter Verdacht

Vier Tage vor der Stichwahl eröffnete die brasilianische Generalstaatsanwaltschaft eine Untersuchung gegen den Banker und Finanzberater Paulo Guedes. Der in den USA promovierte Befürworter einer radikalen neoliberalen Ökonomie soll in der neuen Regierung Bolsonaro das Wirtschaftsministerium leiten.

Guedes steht im Verdacht des Verwaltungsbetrugs und der Veruntreuung. Zwischen 2009 und 2014 habe er mit seiner Beraterfirma für Anlagengeschäfte rund 260 Millionen Dollar aus Pensionsfonds in Investitionsprojekte gelenkt und dabei Summen manipuliert. Betroffen sind die Pensionsrücklagen von sieben großen staatlichen oder halbstaatlichen Betrieben, darunter von Petroleo Brasileiro S.A., der Banco do Brasil und der brasilianische Post. Die Beraterfirma des Paulo Guedes hätte zudem - nach Meinung der Staatsanwaltschaft - weit überhöhte Kommissionen kassiert. 

Die Verteidigung des künftigen Ministers argumentierte, dass er nur eine Beraterfunktion innehatte und die Investitionsentscheidungen bei den jeweiligen Komitees der Pensionsfonds lagen. Auch die Honorarforderungen hätten sich im Rahmen der üblichen Berechnungskriterien des Marktes bewegt.

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