Lateinamerika

Wahlsieg eines Protofaschisten in Brasilien – Deutsche Bank erfreut über "Wunschkandidat der Märkte"

Brasilien: Der rechtsradikale Kandidat der sozialliberalen Partei PSL, Jair Bolsonaro, hat die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen im mit Abstand größten Land Lateinamerikas gewonnen. Manipulationen in Medien und sozialen Netzwerken erreichen historischen Höhepunkt.
Wahlsieg eines Protofaschisten in Brasilien – Deutsche Bank erfreut über "Wunschkandidat der Märkte"Quelle: Reuters

von Maria Müller, Montevideo

Jair Bolsonaro wird neuer Präsident Brasiliens. Er erhielt 55,1 Prozent der Stimmen. Sein Kontrahent, Fernando Haddad, verlor die Wahl mit 44,9 Prozent. 

Das Ergebnis zeigt den südamerikanischen Riesen als ein in sich tief gespaltenes Land. Die Polarisierung der beiden Lager, die sich heute durch die brasilianische Gesellschaft zieht, wird an der Stimmenverteilung im Land deutlich sichtbar. Sie wurde durch den extrem aggressiven Wahlkampf Bolsonaros noch weiter auf die Spitze getrieben.  

 Bolsonaro: Präsident der weißen Ober- und Mittelschicht

Laut einer in der brasilianischen Zeitung O Globo veröffentlichten Untersuchung wählte die weiße Ober- und Mittelschicht in den Millionenstädten und Industriezonen den Kandidaten Bolsonaro. Auch die Gebiete der "Sojakönige" mit ihrer industriellen Landwirtschaft im Süden Brasiliens setzten auf ihn. Hingegen entschieden sich die überwiegend dunkelhäutigen Menschen des verarmten Nordens und des Nord-Osten für Fernando Haddad.

Bolsonaro machte in den Tagen vor der Stichwahl immer offener deutlich, dass seine Wahl zum Präsidenten das Militär an die Macht bringen wird.

Die Offiziere werden in Brasilien das Sagen haben. Ihr könnt sicher sein, dass einer von uns dort steht, wenn wir die Präsidentschaft gewinnen." erklärte er in einem Videofilm, der von seinem Wahlkampfteam verbreitet wurde.  

Für das Amt des Vizepräsidenten kandidierte der Ex-General Hamilton Mourão. Bei den Erstwahlen am 7. Oktober haben zahlreiche Mitglieder der "Militärpartei" in den Regionalparlamenten und in der öffentlichen Verwaltung Sitze erobert. Sie stellte rund 1.000 Kandidaten für Gouverneure oder für regionale Volksvertreter und Vertreter für den Nationalkongress auf. Von ihnen wurden rund 80 gewählt.

Der Marineangehörige Wilson Witzel erlangte den Gouverneurssitz für Rio de Janeiro. Witzel will die "Favelas", die Armenviertel rund um Rio, militarisieren. So soll der Drogenhandel und die Kriminalität bekämpft werden.

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Zwei frühere Kommandeure der Streitkräfte bewarben sich für die Gouverneursposten in den Bundesstaaten Rondonia und Santa Catarina. Seit den Wahlen von 2014 hat sich die Zahl der gewählten Politiker mit Militärlaufbahn vervierfacht. Im neuen Nationalparlament sitzen zwei Senatoren und 22 Abgeordnete aus Militärkreisen. In die Parlamente der Bundesstaaten wurden rund sechzig Abgeordnete mit militärischer Laufbahn gewählt

Die Militärpartei wurde 2011 gegründet, kurz nach dem Amtsantritt der Präsidentin Dilma Rousseff. Mitglieder der Polizei und des Militärs stellten damals die "Brasilianische Militärpartei" (PMB) vor. Die Militärs wollen mit ihrer Hilfe auf demokratischem Weg an die Macht kommen.

Wir wollen den Kongress einnehmen, aber mit Hilfe der Wählerstimmen, auf demokratische Weise", sagte damals der Chef der Militärpolizei von Sao Paulo, Augusto Rosas, gegenüber der Presse.

Die mediale Massenmanipulation als wahlentscheidender Faktor

Das Wahlergebnis ist nur in begrenztem Maße  Ausdruck einer politischen Entscheidung nach einem Abwägen verschiedener politischer Programme. Der Sieger Bolsonaro nahm an keiner einzigen Fernsehdebatte teil und entzog sich jedem Kontakt mit kritischen Journalisten. Wie (schon) zuvor berichtet, prägten massenhafte Lügen- und Diffamierungskampagnen in Facebook und WhatsApp gegen den Kandidaten der Arbeiterpartei, Fernando Haddad, das Meinungsbild. Über 60 Prozent der Bevölkerung Brasiliens, etwa 120 Millionen Menschen, informierten sich ausschließlich oder überwiegend mittels der Nachrichten, die ihnen in den sozialen Netzen (geboten wurden) zugänglich waren.

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Obwohl solche Kampagnen gegen die brasilianischen Wahlgesetze verstoßen, hat das Oberste Wahlgericht daraus keine rechtlichen Konsequenzen gezogen. Denn sie gingen fast vollständig von der Wahlkampforganisation Bolsonaros aus und begünstigte ihn erheblich(in extremer Weise).

Der Richter des obersten Wahlgerichts, Jorge Mussi, erlaubte keine Durchsuchungen der Büroräume von verdächtigen Firmen. Die Staatsanwältin Raquel Dodge hatte angeordnet, die Bundespolizei solle untersuchen, ob die Firmen "strukturell Falschinformationen" verbreitet haben. Damit sind auch Roboterprogramme gemeint. Bolsonaro wies inzwischen alle Vorwürfe von sich. Das genügte dem Richter.

Auch die Wahlbeobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und ihre Leiterin, die Ex-Präsidentin Costa Ricas Laura Chinchilla, haben sich an den Rechtsverstößen Bolsonaros in seinem Wahlkampf nicht gestört, obwohl Fernando Haddad bei der OAS eine Beschwerde dagegen eingereicht hatte.

Schließlich haben die Akteure der zweijährigen Etappen bis zum heutigen Sieg der militärischen Rechten nicht umsonst hart gearbeitet. Dilma Roussef wurde nicht von ungefähr unrechtmäßig des Amtes enthoben und Lula da Silva seiner zivilen Bürgerrechte beraubt. Nun wegen illegaler Wahlkampfaktionen Bolsonaros Kandidatur zu verbieten, hätte die bisherigen Mühen in den Sand gesetzt. Nein! Die Akteure sitzen in ihren Schlüsselpositionen und werfen sich gegenseitig die Bälle zu. 

Auch der Einfluss von hohen US-Persönlichkeiten auf die Wahlkampagne Brasiliens ist weder für die OAS, noch ihren Generalsekretär Luis Almagro, noch für das brasilianische Wahlgericht ein Grund zur Kritik. Die Arbeiterpartei PT hatte in ihrer Strafanzeige vor einer Woche explizit auf die Rolle des Trump-Beraters Steve Bannon im Wahlkampf von  Bolsonaro hingewiesen. Er ist Experte in der Manipulation  sozialer Netzwerke wie Facebook, Twitter und WhatsApp. Die brasilianische Zeitschrift Carta Capital berichtete von Treffen des Bolsonaro-Sohns Eduardo mit Bannon und dem ultrarechten Senator Marco Rubio in Washington und Miami im August dieses Jahres. Auch die Deutsche Bank zeigte sich von dem rechtsradikalen Kandidaten überzeugt:

 

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