Afrika

Eine Milliarde Euro für Afrika: Merkel verkündet Investionsfonds - für deutsche Unternehmen

Eine Milliarde Euro will Deutschland für private Investitionen in Afrika in die Hand nehmen. Die Wirtschaft reagiert erfreut, doch ob die Ankündigung den großen Wurf darstellt, darf bezweifelt werden. "Entwicklungshilfeorganisationen" sind ebenfalls nicht überzeugt.
Eine Milliarde Euro für Afrika: Merkel verkündet Investionsfonds - für deutsche UnternehmenQuelle: www.globallookpress.com

Bekanntlich soll man ja die Hoffnung nie aufgeben, zumindest würde diese zuletzt sterben, wie es heißt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat eine Milliarde Euro zusätzlich für die Förderung privater Investitionen in Afrika zugesagt. Bei einer Wirtschaftskonferenz zum sogenannten Compact with Africa in Berlin kündigte sie die Gründung eines Fonds mit diesem bemerkenswerten Umfang an, der demnach vor allem kleinere und mittlere Unternehmen zu einem stärkeren Engagement auf dem südlichen Nachbarkontinent Europas ermutigen soll.

Wir wollen hier heute gemeinsam ein deutliches Signal setzen - nämlich, dass uns an einer guten und gewinnbringenden Nachbarschaft zwischen Afrika und Europa gelegen ist", verkündete Kanzlerin Merkel vor deutschen Top-Managern und den anwesenden afrikanischen Staatschefs.

Sollte es sich bei dieser Absichtserklärung diesmal um mehr als "alter Wein in neuen Schläuchen" handeln? Zu oft war bereits in den vergangenen Jahrzehnten von einer Partnerschaft (sic!) zwischen "Deutschland und Afrika" die Rede. Am Ende zogen dabei allerdings "die Afrikaner" immer den Kürzeren, den Profit machten die keineswegs an einer "Partnerschaft", sondern lediglich an ihrer Gewinnmaximierung interessierten Unternehmen, vor allem auch deutsche. Mal wurden Diktaturen installiert, wie etwa im Kongo, berstend voll mit wertvollen Ressourcen, oder in Sierra Leone.

Dann wieder wurden angebliche "Diktaturen" beseitigt, selbstverständlich nur zum vermeintlichen "Wohle der Bevölkerung", indem man sie ihrer Freiheit und Rechte beraubt, wie letztens erst wieder in Libyen. Es besteht mehr als nur ein Grund, nicht an der - womöglich wirklich naiven? - Aufrichtigkeit einer Angela Merkel oder einzelner beteiligter Personen der "Hilfsindustrie" zu zweifeln, sondern vor allem an den strukturellen Charakteristika eines durch und durch neoliberal geprägten globalen Wirtschaftssystems, dem wirkliche, ethisch vertretbare Werte wie "gewinnbringende Nachbarschaft" völlig fremd sind.

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Bei den in Afrika tätigen deutschen Unternehmen stieß die Ankündigung derweil auf große Zustimmung. Der Vorsitzende des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, Stefan Liebing, sprach gar von einer "beinahe historischen Ankündigung". Merkel hingegen betonte auf der Konferenz die großen Chancen, die Afrika für die deutsche Wirtschaft böte.

Für viele Jahre waren wir sehr auf Asien konzentriert. Ich glaube, in Zukunft muss sich der Blick mehr nach Afrika wenden.

Aber unlängst sorgte doch just ihr sogenannter "Afrikabeauftragter" Günter Nooke noch einmal für Negativschlagzeilen, als er in einem Interview mit der Axel-Springer-Zeitung B.Z. einen paternalistischen und kolonialen Duktus an den Tag legte, der leider so ganz und gar nicht historisch - im Sinne eines fernen Raunens aus der Vergangenheit - war, sondern die Geisteshaltung wohl auch vieler heutiger Entscheidungsträger gegenüber dem Nachbarkontinent widerspiegelte. Bei allem Respekt, aber am Ende sei es dem Kolonialismus immerhin zu verdanken, dass "Afrika" aus seinen "archaischen Strukturen" befreit wurde, so Nooke unter anderem. Wer solche "Freunde" hat, braucht wahrlich keine Feinde mehr. Und wenn diese Haltung den nun so heftig beschworenen, vermeintlich "neuen" Geist der wirtschaftlichen Kooperation darstellt, dann ist die "Entwicklung" vorgezeichnet, die nun eingeschlagen werden soll.

Am Ende werden allerdings Deutschland und Europa dabei den Kürzeren ziehen, denn Afrika wird früher oder später wieder auf die Beine kommen. Und das liegt nicht nur in einem Gesetz des ewigen Kreislaufs von Aufstieg und Untergang begründet. Sondern vor allem vielversprechende Entwicklungen in etlichen afrikanischen Staaten, die freilich hierzulande wenig mediale Aufmerksamkeit auf sich ziehen, stimmen trotztdem zuversichtlich. Hellhörig sollte man aber beim Stichwort Kolonialismus und seiner aktuellen Spielart, dem Neokolonialismus, werden. Wenn es heißt, dass Deutschland Afrika vor allem auch aus "Eigeninteresse" helfen müsse, ist damit ja wohl insbesondere die "Abwehr von Migranten" gemeint. So sieht es vermutlich diese Bundesregierung.

Die Kanzlerin hatte schon während der deutschen G20-Präsidentschaft im vergangenen Jahr eine Initiative für stärkere Investitionen in Afrika gestartet. Dazu gehören sogenannte Reformpartnerschaften, bei denen Hilfsmittel im Falle der Erfüllung bestimmter Reformversprechen gezahlt werden. Dafür hat die Bundesregierung bisher 365 Millionen Euro für Tunesien, Ghana und die Elfenbeinküste bereitgestellt. Weitere Partnerschaften mit Äthiopien, Marokko und Senegal sollen nun hinzukommen.

Insgesamt umfasst die G20-Initiative Partnerschaften mit zwölf Ländern. Mit fünf davon hat Deutschland bereits Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Drei weitere würden bald hinzukommen, kündigte Merkel an. Neben dem Investitionsfonds plant die Bundesregierung auch eine stärkere Abfederung von Risiken, etwa politische Instabilität oder mangelnde Zahlungsmoral, speziell zugunsten deutscher Unternehmen. Für eine Vertrauen erweckende Glaubwürdigkeit würde es dann allerdings auch gehören, die eigene Mitverantwortung für solche "politische Instabilität" in Afrika mit in die Waagschale zu legen und endlich die notwendigen Konsequenzen daraus zu ziehen.

Der Afrika-Verein erhofft sich nun von den Maßnahmen einen deutlichen Investitionsschub:

Wir haben jetzt die Basis, dass wir loslegen können.

Für 2018 erwarte die deutsche Wirtschaft Investitionsentscheidungen im Unfang von einer Milliarde Euro für Afrika. Wenn man daraus zwei oder drei Milliarden machen wolle, müsse vor allem der Mittelstand gefördert werden, betonte Liebing.

Entwicklungsorganisationen hingegen monierten, dass vor allem die ärmeren afrikanischen Staaten vernachlässigt würden. Besonders skeptisch sind dagegen Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kritisierte, dass ärmere und akut von Konflikten heimgesuchte afrikanische Staaten nicht zu den Partnerländern gezählt würden.

So werden in der Zentralafrikanischen Republik oder im Südsudan dringend Arbeitsplätze gebraucht, um den Menschen (dort) Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu geben", sagte der Direktor der Organisation, Ulrich Delius.

Auch die entwicklungspolitische Lobbygruppe ONE kritisierte, die Partnerschaften zielten zu einseitig auf die Investitionsförderung ab und vernachlässigten die Bekämpfung der Armut. Direktinvestitionen müssten "flankiert werden durch Investitionen in Bildung und Gesundheit", sagte ONE-Geschäftsführer Stephan Exo-Kreischer. Es sei inzwischen Mode, nur noch auf Investitionen der Wirtschaft zu setzen.

Alle rennen jetzt dieser neuen entwicklungspolitischen Sau hinterher, die durchs Dorf getrieben wird. Wir müssen aber mit mehreren Säuen durchs Dorf laufen", forderte er.

Am Nachmittag wollte Merkel mit elf afrikanischen Staats- und Regierungschefs sowie mit dem österreichischen Kanzler Sebastian Kurz zu einem Gipfeltreffen zusammenkommen. Afrika ist für Europa sowohl ein Kontinent der Chancen als auch der großen Herausforderungen. Die Bevölkerung in Afrika wächst weiterhin rasant: UN-Experten erwarten, dass sich die Zahl der Menschen in Afrika bis 2050 auf etwa 2,5 Milliarden verdoppeln wird. Damit wird Afrika ein immer wichtigerer "Absatzmarkt".

Vor dem Gipfel hatte Dr. Stefan Liebing vom Afrika-Verein der Deutschen Wirtschaft das Vorgehen der Bundesregierung noch kritisiert. Die im Rahmen der deutschen G20-Präsidentschaft angekündigten Reformpartnerschaften mit Ghana, Tunesien und der Elfenbeinküste hätten ihr Ziel verfehlt. Die mit jeweils rund 100 Millionen Euro dotierten Partnerschaften lockten nicht mehr deutsche Investitionen nach Afrika und seien auch für die Partnerländer nur von geringem Nutzen.

Ich würde sagen: Thema verfehlt", war Liebing überzeugt.

Doch wie gesagt, die Hoffnung stirbt zuletzt.

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(rt deutsch/dpa)

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