Afrika

"Krieg der Milizen" - Lage in libyscher Hauptstadt Tripolis eskaliert erneut

Mindestens 115 Menschen wurden binnen eines Monats im Kampf zwischen rivalisierenden militanten Gruppen in Tripolis getötet und 383 weitere verletzt. Die von UN unterstützte Regierung des gespaltenen Landes hat den UN-Sicherheitsrat aufgefordert, einzugreifen.
"Krieg der Milizen" - Lage in libyscher Hauptstadt Tripolis eskaliert erneutQuelle: Reuters

von Ali Özkök

"Die Zahl der Todesopfer könnte wegen des kritischen Zustands der Verletzten und der anhaltenden Kämpfe steigen", sagte der Sprecher des libyschen Gesundheitsministeriums, Wedad Abo al-Niran, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Die in Tripolis ansässigen bewaffneten Milizen, die jene von der UNO anerkannte Regierung der Nationalen Einigung (GNA) unterstützen, widersprechen ihrer eigenen politischen Führung vor Ort. Ihrer Meinung nach hätten sie "die Situation unter Kontrolle" gebracht.

Die südlichen Wohngebiete Tripolis entlang der Straße zum zerstörten Flughafen, wo sich eine Frontlinie in den vergangenen Tagen und Wochen herausbildete, erlitten bei bewaffneten Zusammenstößen erhebliche Schäden. Häuser wurden bombardiert, Autos abgefackelt und Geschäfte zerstört. Mörser, gepanzerte Fahrzeuge und Lastwagen mit montierten schweren Maschinengewehren werden von den involvierten Milizen eingesetzt, die offenbar einen Verteilungskampf ausfechten.

Viele Bewohner sind aus Angst vor den Kämpfen aus ihren Häusern geflohen. Laut der humanitären Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) befinden sich noch immer mindestens 8.000 weitere Menschen zwischen den Frontlinien.

Die Regierung von Tripolis räumte vergangene Woche ein, dass sie nicht in der Lage ist, die Ordnung in der Stadt allein wiederherzustellen. Die GNA wandte sich deshalb an die UN-Mission des Landes und bat sie, "dem Sicherheitsrat die Realität der blutigen Ereignisse in Libyen zu präsentieren, damit dieser das Leben und das Eigentum von Zivilisten schützen kann".

Auf die Frage, warum Tripolis den Weg zu den Vereinten Nationen suchte, kommentierte das lokale Medienprojekt zur Überwachung von militärischen und politischen Konflikten, "Überwachungsmission in Libyen" (SMM Libya), gegenüber RT Deutsch, dass die Regierung quasi die Kontrolle über den Sicherheitsapparat verloren hat:

Die GNA rief die UN an, weil sie sonst alle Hebelwirkung gegenüber den verschiedenen in Tripolis operierenden bewaffneten Gruppen verloren hat. Wohlgemerkt, bei diesen Gruppen handelt es sich um Milizen, die Teil des offiziellen Sicherheitsapparates sind.

Die sogenannte "7. Brigade", auch "Kaniyat" genannt, aus der östlichen Stadt Tarhouna startete Ende August einen Angriff auf die Stadt, angeblich ausgelöst durch Medienberichte über den verschwenderischen Lebensstil lokaler Miliz-Kommandeure der sogenannten Tripolis-Revolutionsbrigaden (TRB). SMM Libya erklärte wiederum:

Der Hauptgrund für die jüngsten Kämpfe in Tripolis liegt in der starken Abhängigkeit der Regierung (GNA) von den lokalen bewaffneten Milizen, wie den Einheiten TRB, Nawasi, Gneiwa und anderen auf der einen Seite und bewaffneten Gruppen aus Tarhouna, Misrata und Sirte auf der anderen Seite. Der letztgenannte Block verfügt seit dem Sturz von Muammar al-Gaddafi durch einen Aufstand im Jahr 2011 über erhebliche militärische Fähigkeiten und Einfluss in der Hauptstadt.

"Die wachsende internationale Kritik an dieser Abhängigkeit veranlasste die GNA, die Siebte Brigade loszuwerden. Unter dem Vorwand, korrupte Milizen und sogenannte Missbraucher öffentlicher Gelder zu bekämpfen, eskalierte die mächtige Brigade aber die Lage in der Hauptstadt", informierte die libysche Überwachungsmission und fügte hinzu:

Hier geht es um eine große Einnahmequelle. 15 Prozent des gesamten libyschen Haushalts gehen als Gehalt für solche Milizen drauf.

Libyen befindet sich seit dem von der NATO forcierten Aufstand gegen Muammar al-Gaddafi weiterhin im Chaos. Die Regierung der Nationalen Einigung kontrolliert derzeit Tripolis und weite Teile im Westen des Landes, während der Osten Libyens von einer rivalisierenden Regierung mit Sitz in Tobruk verwaltet wird. Diese Region untersteht dem General Chalifa Haftar, der von Ägypten, den Vereinigten Staaten und Frankreich unterstützt wird.

Das Chaos in Libyen hat das Land nicht nur terroristischen Zellen ausgesetzt, die sich dadurch ansiedeln konnten, sondern auch die Schleusen für den Menschenhandels und für die Massenmigration nach Europa geöffnet. Obwohl die Zahl der Flüchtlinge rückläufig ist, die mit Booten über das Mittelmeer kommen, seit Italien zugestimmt hatte, die libysche Küstenwache auszubilden, auszurüsten und zu finanzieren, hat es fast ein Viertel der zurückgebrachten Migranten Berichten zufolge geschafft, aus den Haftanstalten zu fliehen. Das erfolgte inmitten des sich ausweitenden Chaos' in Tripolis.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat sich unterdessen "alarmiert" über die Situation in Tripolis geäußert und die Seiten aufgefordert, sich an das Anfang September getroffene Waffenstillstandsabkommen zu halten. Guterres forderte, dass die Verantwortlichen für "die Verletzung des humanitären Völkerrechts und der internationalen Menschenrechte" vor Gericht gestellt werden sollten.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.