Wirtschaft

Niederlage vor US-Gericht: Wie gefährlich wird Monsanto für Bayer?

Für den Bayer-Konzern wird die US-Tochter Monsanto zur immer größeren Belastung. In einem wichtigen Prozess sah die Jury des Gerichts Monsantos Unkrautvernichter Roundup als krebserregend an. An der Börse verlor die Aktie des Unternehmens daraufhin enorm an Wert.
Niederlage vor US-Gericht: Wie gefährlich wird Monsanto für Bayer?Quelle: Reuters

Die Schlappe von Bayer in dem wichtigen US-Großprozess um angebliche Krebsrisiken von Monsantos Unkrautvernichter Roundup hatte an der Börse am Mittwoch ein Beben hervorgerufen. Der Aktienkurs des Pharma- und Agrarchemiekonzerns brach im Dax am Vormittag um rund 12 Prozent ein. Damit wurden fast acht Milliarden Euro an Börsenwert vernichtet. Als Ursache ist die Furcht vor weiteren Milliardenbelastungen zu betrachten, die Bayer entstehen könnten.

Denn das Unternehmen verlor den vorentscheidenden ersten Teil des Rechtsstreits. Die Jury des zuständigen Bundesbezirksgerichts in San Francisco befand am Dienstag einstimmig, dass das Produkt mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat ein wesentlicher Faktor für die Lymphdrüsenkrebserkrankung des 70-jährigen Klägers Edwin Hardeman gewesen ist.

Der teuerste Auslandszukauf eines deutschen Konzerns

Damit geht der Prozess nun mit derselben Jury in eine zweite Phase, in der die Haftungsfragen geklärt werden sollen. Dabei geht es auch darum, ob Monsanto über Risiken hinwegtäuschte und wie hoch der mögliche Schadenersatz ausfallen könnte. Sollte Monsanto für haftbar befunden werden, könnte dies Bayer viel Geld kosten. Ab jetzt gehe es für den Konzern nur noch um Schadensbegrenzung, mit Blick auf die zweite Prozessphase sei das Schlimmste zu befürchten, meint Analyst Gunther Zechmann von Bernstein Research.

Die Wahrscheinlichkeit steige, dass Bayer eine große Zahl der vielen tausend Glyphosat-Klagen in den USA verlieren könnte, warnte Michael Leacock vom Investmenthaus Mainfirst. Er rechnet aktuell mit rund elf Milliarden Euro an Rechtskosten für den Konzern.

Der Bayer-Chef Werner Baumann gerät wegen der milliardenschweren Übernahme des US-Saatgutriesen Monsanto damit weiter unter Druck. Bislang bereitet der teuerste Auslandszukauf eines deutschen Konzerns nichts als Ärger. 

Mit dieser Transaktion schaffen wir erheblichen Wert für die Aktionäre, unsere Kunden, Mitarbeiter und für die Gesellschaft insgesamt", hatte Baumann versprochen, als er den Deal 2016 besiegelte.

Doch stattdessen litt der Aktienkurs und es hagelte Kritik von allen Seiten. Die Zweifel an der von Beginn an umstrittenen Fusion wachsen, die Kritik an Baumann nimmt zu. Angesichts der Schwäche an der Börse könnte Bayer nach Einschätzung des Experten Markus Mayer von der Baader Bank sogar selbst zum Übernahmeziel werden, sollte der Kurs sich wieder den Tiefständen von 2018 nähern.

Bayer zeigte sich in einer Stellungnahme enttäuscht von der Entscheidung der Jury. Dennoch sei das Unternehmen weiterhin fest davon überzeugt, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse bestätigen, dass glyphosatbasierte Herbizide keinen Krebs verursachen. Bayer sei zuversichtlich, im zweiten Teil des Prozesses beweisen zu können, dass Monsantos Verhalten angemessen war und das Unternehmen nicht für Hardemans Krebserkrankung haftbar gemacht werden sollte.

Etwa 11.200 glyphosatbezogene Klagen gegen Monsanto in den USA

Für Bayer und Konzernchef Baumann ist der Fall Hardeman hochbrisant, da es sich um einen richtungsweisenden "Bellwether Case" handelt. Damit ist im US-Recht eine Art Musterfall in einem Massenverfahren gemeint. Mehrere dieser repräsentativen Fälle sind angesetzt. Sie sollen den Streitparteien helfen, das Ausmaß von Schäden und die Höhe denkbarer Vergleichszahlungen besser abschätzen zu können. Insgesamt sind bei dem zuständigen US-Richter Vince Chhabria mehrere hundert Klagen von Landwirten, Gärtnern und Verbrauchern gebündelt.

Die US-Klagewelle gegen Bayer war so richtig ins Rollen gekommen, nachdem eine Geschworenenjury dem Krebspatienten Dewayne Johnson in einem anderen Verfahren im August insgesamt 289 Millionen Dollar an Schmerzensgeld und Entschädigung zugesprochen hatte. Die Richterin senkte zwar später die Strafe gegen den im vergangenen Jahr von Bayer übernommenen US-Saatgutkonzern Monsanto auf gut 78 Millionen Dollar (69 Mio Euro), im Grundsatz änderte sie am Urteil aber nichts.

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Der Bayer-Aktienkurs war schon nach dem Urteil im August eingebrochen. Anleger und Analysten warfen bereis damals die Frage auf, ob die Leverkusener die Risiken des rund 63 Milliarden Dollar teuren Monsanto-Kaufs unterschätzt hätten. Das aktuelle Verfahren ist erst der Anfang: Bis Ende Januar wurden Monsanto in den USA glyphosatbezogene Klagen von etwa 11.200 Klägern zugestellt. Am 28. März soll bereits ein weiterer Prozess bei einem Landgericht im kalifornischen Oakland starten, weitere sollen rasch folgen.

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(rt deutsch/dpa)

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