Wirtschaft

EY-Studie: Niedergang der deutschen Industrie beschleunigt sich

Wie aus einer aktuellen Analyse der Beratungsgesellschaft EY hervorgeht, beschleunigt sich der Abwärtstrend der deutschen Industrie. Vor allem die Autobranche ist davon betroffen: Binnen eines Jahres wurden dort sieben Prozent der Stellen abgebaut – fast jeder zweite verloren gegangene Industriejob.
EY-Studie: Niedergang der deutschen Industrie beschleunigt sichQuelle: Gettyimages.ru © Florian Wiegand/Getty Images

Die Talfahrt der deutschen Industrie beschleunigt sich. Das geht aus einer Analyse der Beratungsgesellschaft EY hervor, die sich auf Daten des Statistischen Bundesamtes beruft. 

"Der Abwärtstrend hält an und verstärkt sich sogar: Der Umsatz deutscher Industrieunternehmen sank im zweiten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,1 Prozent, nachdem er im ersten Quartal um 0,2 Prozent geschrumpft war", heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Studie. Es ist das achte Negativergebnis in Folge.

Laut der EY-Studie haben sich abgesehen von der Elektroindustrie alle großen Industriebranchen im zweiten Quartal negativ entwickelt. Am schwächsten entwickelte sich in diesem Zeitraum die Gummi- und Kunststoffindustrie, die um 3,3 Prozent schrumpfte.

Autobranche Spitzenreiter bei Stellenabbau  

Die Autoindustrie als wichtigste deutsche Industriebranche schrumpfte um 1,6 Prozent. Allein in dieser Branche wurden innerhalb eines Jahres netto rund 51.500 Jobs oder fast sieben Prozent der Arbeitsplätze abgebaut. Kein anderer Industriesektor ist vom Stellenabbau so stark betroffen. Fast jeder zweite in Deutschland verloren gegangene Industriejob entfiel auf die Autoindustrie.

Im Maschinenbau fielen EY zufolge gut 17.000 Stellen binnen eines Jahres weg, in der Metallerzeugung gut 12.000. 

Seit 2019 gingen in der deutschen Industrie fast eine Viertelmillion Arbeitsplätze verloren, bilanziert die Studie. Insgesamt lag die Zahl der Industriebeschäftigten zum 30. Juni demnach bei 5,42 Millionen Menschen – 2,1 Prozent weniger als zwölf Monate zuvor. Binnen eines Jahres wurden damit etwa 114.000 Stellen gestrichen – seit dem Vor-Corona-Jahr 2019 schrumpfte die Zahl der Beschäftigten sogar um rund 245.000, ein Rückgang um 4,3 Prozent.

Einbruch bei Exporten in die USA

Ein wichtiger Faktor für den Rückgang im zweiten Quartal dieses Jahres ist der Einbruch der Exporte in die USA um zehn Prozent. "Die USA sind der wichtigste Exportmarkt für die deutsche Industrie. Der massive Rückgang der Exporte in Richtung USA hat die deutsche Industrie zuletzt empfindlich getroffen", so Jan Brorhilker, Managing Partner des Geschäftsbereichs Assurance von EY in Deutschland. Und eine Besserung ist laut ihm vorerst nicht in Sicht: "Denn aufgrund der hohen Einfuhrzölle verteuern sich deutsche Produkte in den USA, was im weiteren Jahresverlauf zu sinkenden Umsätzen auf dem US-Markt führen dürfte."

Das seien auch schlechte Nachrichten für Schul- oder Hochschulabsolventen, so Brorhilker. Denn die Automobilindustrie und der Maschinenbau stellten heute deutlich weniger junge Menschen ein als in den vergangenen Jahren. "Der Arbeitsmarkt etwa für junge Ingenieure wird ungemütlich, viele werden sich neu orientieren müssen. Wir werden eine steigende Arbeitslosigkeit bei Hochschulabsolventen sehen – etwas, was es in Deutschland lange nicht gab", warnt der EY-Analyst. 

Schwache Inlandsnachfrage größtes Problem

Das Hauptproblem sieht er jedoch in der schwachen Inlandsnachfrage. Während die Exporte der Industrieunternehmen im zweiten Quartal um 0,6 Prozent sanken, schrumpfte der Umsatz mit Kunden aus Deutschland binnen eines Jahres um 3,8 Prozent. "Die Binnennachfrage ist viel zu schwach und eines der Hauptprobleme für die Industrie", sagt Brorhilker.

Als Gründe benennt er eine seit Jahren anhaltende Investitionszurückhaltung, "die offenbar auch auf mangelndes Vertrauen in eine Konjunkturwende in Deutschland und eine nachhaltige Stärkung des Standorts Deutschland zurückzuführen" sei. Viele Probleme seien seit Jahren bekannt, würden aber nicht effektiv angegangen. Dazu zählt Brorhilker die hohe Steuerbelastung, hohe Lohnnebenkosten, eine lähmende Bürokratie, langsame Genehmigungen und eine schleppende Digitalisierung. "Es braucht einen spürbaren Wachstumsimpuls, sonst wird sich die Stimmung nicht drehen", mahnt der EY-Analyst.

Einen wichtigen Faktor, der der deutschen Industrie schwer zu schaffen macht, hat Brorhilker in seiner Aufzählung allerdings vergessen: die hohen Energiekosten infolge der Entscheidung der gegenwärtigen und der vorherigen Bundesregierung, auf günstige Energielieferungen aus Russland zu verzichten und stattdessen auf teure Flüssiggasimporte aus den USA zu setzen.

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