Bilanzskandal bei DAX-Konzern Wirecard – Kleinanleger tragen den Schaden
Nach der Finanzaufsicht BaFin nimmt auch die Münchner Staatsanwaltschaft den Bilanzskandal beim DAX-Konzern Wirecard unter die Lupe. Die Behörde stehe mit dem Unternehmen in Kontakt und prüfe auch diesen Vorgang, erklärte eine Sprecherin der Ermittlungsbehörde am Donnerstag auf Anfrage.
Die Münchner Staatsanwaltschaft ist bereits mit Wirecard befasst, und zwar in doppelter Hinsicht: Einerseits wird ermittelt, ob Spekulanten das Unternehmen mit illegalen Kursmanövern attackiert haben. Andererseits wird gegen Vorstandschef Markus Braun und seine Kollegen in der Unternehmensspitze wegen des Verdachts ermittelt, zweimal für die Anleger irreführende Informationen veröffentlicht zu haben. Die jetzige Prüfung der Ungereimtheiten in der Bilanz bedeutet nicht, dass nun auch in dieser Hinsicht ein formales Ermittlungsverfahren gegen konkrete Beschuldigte eingeleitet wird.
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Der Bezahldienstleister aus dem Münchner Vorort Aschheim hatte seine Bilanzvorlage für 2019 zum wiederholten Mal verschoben, weil die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY Unstimmigkeiten bei Treuhandkonten entdeckt hat, auf denen 1,9 Milliarden Euro verbucht sind. Wirecard will deswegen Strafanzeige erstatten.
Als die Londoner Financial Times das Unternehmen vor über einem Jahr mit einer Serie von Vorwürfen möglicher Bilanzmanipulationen in Bedrängnis brachte, schaltete der österreichische Manager und Wirecard-Chef Markus Braun noch vehement auf Abwehr und wies sämtliche Vorwürfe kategorisch zurück. Da sei überhaupt nichts dran, sagte er 2019 mehrfach.
Auch institutionelle Anleger – die sich mit Kritik an Unternehmen normalerweise zurückhalten – warfen Braun deswegen schon im vergangenen Jahr mangelnde Transparenz und schlechte Informationspolitik vor.
#Wirecard ist der #Amthor der Deutschen Börse! Die BaFin hat zu lange zugeschaut und stattdessen Journalisten der @FT der Marktmanipulation bezichtigt. Den Schaden haben nun auch etliche Kleinanleger. Die BaFin muss ihre Aufsichtskultur radikal ändern!https://t.co/n8ef2lffwL
— Fabio De Masi (MdB) (@FabioDeMasi) June 18, 2020
Wirecard ist seit längerem Ziel von Spekulanten. Schon vor zehn Jahren ermittelte die Münchner Staatsanwaltschaft wegen möglicher Kursmanipulationen gegen Spekulanten. Das wiederholte sich seither mehrfach.
2019 gab Braun eine Sonderuntersuchung in Auftrag, die beweisen sollte, dass alle Vorwürfe haltlos waren. Diese Sonderuntersuchung aber brachte das Ausmaß der Ungereimtheiten erst ans Tageslicht. Doch Braun erklärte lang, dass die Prüfer keine Indizien für Manipulationen gefunden hätten.
Extreme Gewinne für die einen und Verluste für die anderen
Nachdem das Unternehmen mitteilte, dass das Wirtschaftsprüfungsunternehmen EY sich geweigert habe, den Jahresabschluss für 2019 zu unterzeichnen, weil für 1,9 Milliarden Euro in Barguthaben auf Treuhandkonten – oder etwa ein Viertel ihrer Bilanzsumme – keine ausreichenden Beweise gefunden werden konnten, brach am Donnerstag der Wert der Aktie bis zu zwei Drittel ihres Börsenwerts.
Der Wirecard-Kursverlust zog den deutschen Leitindex am Donnerstag um 0,93 Prozent auf 12.267,57 Punkte nach unten, nachdem er an den beiden Tagen davor insgesamt um fast vier Prozent zugelegt hatte.
Sollte der Konzern einen testierten Abschluss bis zum morgigen Freitag, 19. Juni, nicht präsentieren, könnten Kredite in Höhe von etwa zwei Milliarden Euro gekündigt werden, warnte das Unternehmen. Aktienindex-Experten zufolge könnte Wirecard im September aus dem DAX fliegen.
Der Linken-Politiker Fabio De Masi macht auch die BaFin für Versäumnisse verantwortlich, die Kleinanleger auszubaden haben. Aktien werden von einigen Politikern immer wieder als vielversprechende Altersvorsorge angepriesen.
Leerverkäufer hingegen, die auf fallende Aktien setzten, konnten am Donnerstag spektakuläre Gewinne feiern.
"Ich habe gerade ein Vermögen gemacht", sagte ein in Deutschland ansässiger Händler gegenüber Reuters. Er sagte, er habe in weniger als 30 Minuten 750.000 Euro (844.125 Dollar) eingenommen.
Wirecard ist eines der Unternehmen, deren Dienste Verbraucher oft in Anspruch nehmen, ohne es zu wissen. Der Münchner DAX-Konzern wickelt Kartenzahlungen sowohl an Ladenkassen als auch im Online-Geschäft ab.
Für das Kerngeschäft hat Wirecard in Europa eine Bank, die als Mittelsmann dafür sorgt, dass das Geld von den Kartendiensten zu den Händlern kommt. In anderen Ländern, wo Wirecard keine solchen Lizenzen hat, arbeitet die Firma dafür mit Partnern zusammen. Es war dieser Teil des Geschäfts, der im Mittelpunkt der Berichte der Financial Times stand, in denen von potenziell künstlich aufgeblähten Umsätzen die Rede war.
Zugleich bietet Wirecard eine Palette von Dienstleistungen rund ums Bezahlen an. Neben der Integration in Kassensysteme und der Unterstützung verschiedener Bezahlmethoden gehören dazu auch Sicherheitsvorkehrungen gegen Betrugsversuche. Ein weiterer Service ist die Auswertung von Daten, die Kunden eine bessere Steuerung ihres Geschäfts ermöglichen soll.
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