Russland

Sergej Lasarew singt für Russland beim Eurovision Song Contest

Sergej Lasarew tritt zum zweiten Mal für Russland beim größten Schlagerwettbewerb der Welt an. In den russischsprachigen Ländern ist er eine feste Größe im Pop-Geschäft, denn er landet einen Hit nach dem anderen. Auch in der queeren Szene ist der Sänger fest etabliert.
Sergej Lasarew singt für Russland beim Eurovision Song ContestQuelle: www.globallookpress.com

Am Donnerstag tritt Sergej Lasarew für Russland im Halbfinale des ESC an, um dann hoffentlich am Samstag im Finale zu singen - und, wenn es gut läuft, zu siegen.

Sergej tritt zum zweiten Mal an. Bereits 2016 sang er auf dem Schlagerwettbewerb und landete mit "You Are the Only One" auf dem dritten Platz.

Wäre es nach dem Publikum gegangen, hätte er damals gewonnen, doch aufgrund des Votings der Jury gewann schließlich die Ukrainerin Jamala mit dem Titel "1944". Das Voting hatte einen fahlen Beigeschmack, wurde daher auch breit kritisiert. Politische Inhalte sind beim ESC ausdrücklich unerwünscht; Jamala trat in der politisch aufgeheizten Situation mit einem explizit politischen Song auf. Es ging um die Deportation der Krimtataren unter Stalin. Sie waren wie auch andere Volksgruppen des Kaukasus in den Verdacht geraten, mit Nazi-Deutschland zu kooperieren.

Heute sieht man das in Russland deutlich differenzierter. Von Unterdrückung der tatarischen Minderheit ist man daher heute weiter entfernt denn je. Der Lebensstandard der Krimtataren ist heute durch den allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung der Krim deutlich höher als zu Zeiten der Ukraine, die Integration deutlich weiter fortgeschritten.

Aktuell wird auf der Krim für die muslimische Minderheit eine Moschee gebaut, in der zehntausend Menschen Platz finden, zudem wird ein Erinnerungszentrum errichtet, das die Bedeutung der Kultur der Krimtataren für die Region ebenso verdeutlicht, wie es an die Deportationen erinnert.

Jamala war übrigens zur Feier der Teileröffnung eingeladen. Sie schlug die Einladung aus, singt dafür heute auf rechten Veranstaltungen in der Ukraine, auf denen der Nazi-Kollaborateur und Kriegsverbrecher Stepan Bandera verherrlicht wird. Die Gräueltaten des Faschismus scheint die Sängerin anders zu gewichten als gemeinhin üblich.

Sergej Lasarew tritt in diesem Jahr mit dem Titel "Scream" an.

Vorgestellt wurde der Song erst vor wenigen Wochen. In Russland gibt es nur unregelmäßig eine Publikumsauswahl. Das letzte Mal 2012. Dabei haben sich die Russen für die singenden Großmütter entschieden, die mit "Party for Everybody" im Finale einen guten zweiten Platz erreichten.

In diesem Jahr gab es keine Publikumsauswahl. Es fragte der für die russische Ausgestaltung des Song Contests zuständige erste Kanal erneut Sergej an, ob er noch einmal antreten würde. Der Sänger sagte nach einigem Abwägen zu.

Die Abwägung hat auch mit seinen veränderten Lebensumständen zu tun, denn Sergej ist inzwischen Vater eines Sohnes, dem er seine gesamte Aufmerksamkeit widmet. Sein Sohn Nikita wurde in Leihmutterschaft ausgetragen; Sergej ist nicht verheiratet und hat auch keine Lebenspartnerin. Nicht nur das gibt Anlass zu Spekulationen über seine sexuelle Orientierung. Immer wieder nimmt sich Lasarew queerer Themen an, wie zum Beispiel im Clip zu "Tak krasiva", zu Deutsch: "So schön".

Zudem tritt Sergej häufig in den schwulen Clubs Russlands auf, ist regelmäßiger Gast beispielsweise im Central Station, dem größten Gay-Club Europas.

Dort stand kürzlich auch die Ukrainerin MARUV auf der Bühne, die in der Ukraine den Vorentscheid gewonnen hat, dessen ungeachtet jedoch nicht nach Russland zum Wettbewerb fahren wird. Die Ukraine hat für dieses Jahr ihre Teilnahme abgesagt, denn es gab offene Zerwürfnisse mit den Künstlern. Schuld daran hat unter anderem Jamala, die mit einer inquisitorischen Befragung MARUV vor laufender Kamera offensichtlich bloßstellen wollte. MARUV verzichtet auf die Teilnahme auch, weil sie für diese Knebelverträge unterschreiben sollte, die ihr unter anderem künftige Auftritte in Russland untersagten. Derartige Bedingungen waren auch für die Zweit- und Drittplatzierten des Vorentscheids unannehmbar. Sie wurden zwar gebeten, einzuspringen, sagten jedoch ab, denn Russland ist der wichtigste und größte Markt für Pop aus der Ukraine. Und Russland hält den Teilnehmern des Wettbewerbs auch eher die Treue. Während die Auftritte der ehemaligen Siegerinnen wie Lena Meyer-Landrut oder auch Conchita Wurst inzwischen eher unter den Begriff "tingeln" fallen, füllen die russischsprachigen Teilnehmer wie Dima Bilan, Loboda, Ani Lorak oder eben Sergej Lasarew noch immer riesige Hallen.

Inzwischen kursiert in der Ukraine das Gerücht, Sergej hätte sich mit MARUV abgesprochen, es handele sich bei ihrer Absage um russische Einflussnahme. Sergej weist dies in einem Interview mit der aus der Ukraine stammenden und in Russland als Moderatorin arbeitenden Regina Todorenko deutlich zurück.

Er bedauert den Rückzug der Ukraine, er kenne MARUV persönlich, schätze sie und ihre Musik. Er hätte sie gern in Tel Aviv getroffen, beteuert er.

In diesem Interview erzählt Sergej auch über sein gespaltenes Verhältnis zu den sozialen Netzwerken. Man müsse sich ihnen und sie bedienen, allerdings sei das Bild, das man dort zur Schau stelle, verzerrt. Es wird im Interview deutlich, er führt ein deutlich bescheideneres Leben als das, was er in den sozialen Netzwerken sich abzubilden gezwungen sieht.

Sein tatsächliches Privatleben bleibt weitgehend unangetastet. Man weiß von seinem Sohn, man weiß von der Leihmutterschaft, man weiß von seinem Ausbildungsweg und seiner Karriere, ansonsten weiß man eigentlich nichts. So sind natürlich Tür und Tor für wilde Spekulationen geöffnet, die zudem dadurch angeheizt werden, dass in Interviews um die eigentlich ganz naheliegende, sich aufdrängende Frage immer drumherum gefragt wird. Allerdings hat die queere Community in Russland die Antwort auf die nie gestellte Frage für sich schon längst beantwortet. Sie ist sich ganz sicher, dass Sergej einer der ihren ist, auch wenn er dazu öffentlich nie Stellung genommen hat.

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