Live im russischen Fernsehen: Mitarbeiterin zeigt Anti-Kriegs-Plakat
Am Montagabend hat eine Mitarbeiterin des Perwy Kanal während der Abendnachrichten gegen den Krieg in der Ukraine protestiert. Als die Moderatorin von westlichen Sanktionen gegen Russland sprach, schlich sie sich vor die Kamera, und rief "Stoppt den Krieg. Nein zum Krieg". Auf ihrem Plakat stand: "Glauben Sie der Propaganda nicht. Hier werden Sie belogen. Russen gegen den Krieg." Wenige Sekunden später wurde die Übertragung abgebrochen, die Zuschauer bekamen einen Bericht aus einem Krankenhaus zu sehen. Der Pressedienst des Senders kündigte Ermittlungen an.
Marina Ovsyannikova, an editor at a TV channel in Russia, interrupted a live broadcast with a sign that read “NO WAR. Stop the war. Don't believe the propaganda. They're lying to you here.” She has since been detained. This is an act of incredible courage. pic.twitter.com/BOJ70m2ztv
— Bernie Sanders (@SenSanders) March 14, 2022
Später wurde bekannt, dass es sich um Marina Owsjannikowa handelt, die beim Sender Perwy Kanal als Redakteurin tätig ist. Im Internet ist zudem eine Videobotschaft aufgetaucht, in der Owsjannikowa die Geschehnisse in der Ukraine kritisierte. Sie sagte, ihr Vater sei Ukrainer und ihre Mutter Russin, und sie seien nie Feinde gewesen. Was derzeit passiere, sei ein Verbrechen. Sie brachte ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass sich die beiden Völker noch versöhnen und forderte die Menschen auf, auf die Straße zu gehen:
Wir, das russische Volk, sind denkend und clever, und es steht nur in unserer Macht, diesen Wahnsinn zu stoppen. Kommt zu Kundgebungen, habt vor nichts Angst. Sie können uns nicht alle einsperren.
Ein Fragment des Videos ging viral und bekam Zuspruch von zahlreichen Internetnutzern in Russland. Sie nannten Owsjannikowa "mutig" und eine "Heldin". Das Portal The Insider twitterte, sie seien bereit, die Redakteurin einzustellen. Der Vorfall schaffte es auf das Titelbild der britischen Zeitung The Guardian:
Le @guardian salue en Une le courage extraordinaire de Maria Ovsyannikova, journaliste arrêtée depuis, qui a perturbé hier en direct le JT le plus regardé de Russie. “C'est de la propagande, ils vous mentent. Non à la guerre”. Quel sacrifice. pic.twitter.com/Q2lupUSFb5
— 𝔾𝕦𝕚𝕝𝕝𝕒𝕦𝕞𝕖 𝔸𝕦𝕕𝕒 (@GuillaumeAuda) March 15, 2022
Mehrere Medien berichteten am Dienstagmorgen, es unklar sei, wo sich die Redakteurin derzeit aufhalte. Sie melde sich nicht, ihr Anwalt habe keinen Kontakt zu ihr.
Laut der Nachrichtenagentur TASS wurde gegen Owsjannikowa mittlerweile eine Voruntersuchung eingeleitet. Nach einem kürzlich in Kraft getretenen Gesetz können Menschen in Russland, die die Handlungen der russischen Armee verunglimpfen, zur Verantwortung gezogen werden.
Nachtrag: Die betreffende Mitarbeiterin des Senders Perwy Kanal ist in einem ersten Schnellverfahren zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Marina Owsjannikowa muss eine Geldstrafe von 30.000 Rubel zahlen. Das sind derzeit umgerechnet rund 235 Euro.
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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.