Russland

Expertin aus betroffener Schönheitsbranche über Impfpflicht in Russland: "Legitim, aber unfair"

In einigen russischen Regionen wurde eine Impfpflicht für bestimmte Branchen eingeführt. Die Schönheitsindustrie gehört dazu. Die Generaldirektorin der russischen Association of Beauty Industry Enterprises and Professionals, Tatjana Awerina, äußert sich dazu gegenüber RT DE.
Expertin aus betroffener Schönheitsbranche über Impfpflicht in Russland: "Legitim, aber unfair"Quelle: www.globallookpress.com © www.imago-images.de

Tatjana Awerina ist Generaldirektorin der russischen Association of Beauty Industry Enterprises and Professionals (APIC). Der Verband vertritt die Interessen der Unternehmer der Beauty-Industrie auf Bundesebene, beteiligt sich an der Entwicklung und Vorbereitung von Vorschriften, die die Herausforderungen und Wachstumschancen der Industrie betreffen. Für die Schönheitsbranche spielt die in einigen russischen Regionen eingeführte Impfpflicht für bestimmte Unternehmen eine wichtige Rolle. Über ihre Einschätzung spricht Awerina im schriftlichen Interview mit RT DE.

Halten Sie die Entscheidung über die Einführung einer Impfpflicht für legitim?

Wenn wir über die Verordnung sprechen, die Unternehmer verpflichtet, eine Impfung von 60 Prozent der Mitarbeiter zu gewährleisten, dann halte ich dies für legitim, aber unfair.

Es ist legitim, weil die Russische Gesellschaft zum Schutz der Verbraucherrechte das Recht hat, gemäß der epidemiologischen Situation Dekrete zu erlassen. Wie Sie wissen, wächst die Zahl der Erkrankten täglich rasant an. Die Verbraucher müssen geschützt werden, der Impfstoff kann die Ausbreitung der Epidemie reduzieren.

Es ist unfair, weil der Staat die Sorge um die Gesundheit der Bürger auf die Arbeitgeber abwälzt. In unserem Land werden alle Impfungen zunächst auf freiwilliger Basis durchgeführt. Ein Unternehmer sollte nicht für die persönliche Gesundheit seiner Mitarbeiter verantwortlich sein. Weder moralisch noch materiell. Wir können keine Person entlassen, nur weil sie nicht geimpft ist. Die Schönheitsindustrie ist eine menschenintensive Branche. Nach dem Lockdown haben viele Unternehmen ihre Mitarbeiter verloren und haben sich hiervon noch immer nicht erholt.

Der Arbeitgeber kann Aufklärungsarbeit leisten und Mitarbeiter mehr über Impfungen informieren, aber das alles sollte auch auf freiwilliger Basis erfolgen. Die Impfungen sollten mit der notwendigen Sorge um ihre Gesundheit durchgeführt werden und nicht, weil der Arbeitgeber oder der Staat dies gesagt haben.

Wie kann sich eine Impfpflicht auf die Schönheitsindustrie auswirken?

Das Wort "obligatorisch" hat viel Aufmerksamkeit auf das Thema Impfung gelenkt. Aus Sicht des Marketings denke ich, dass es funktioniert hat. Viele Menschen haben über ihren COVID-Status nachgedacht. Ich denke, die Situation mit dem Schwerpunkt Impfen sollte sich positiv auf die Allgemeinbevölkerung auswirken.

Für kleine und mittelständische Unternehmen wird die Impfung definitiv von Vorteil sein. Momentan schränken viele Kunden aus Sicherheitsgründen den Besuch öffentlicher Orte einschließlich der Schönheitssalons ein. Die Impfung verringert das Krankheitsrisiko und erhöht dadurch den Kundenstrom, die wirtschaftliche Situation wird sich verbessern, die psychische Situation wird sich normalisieren.

Welche Alternativen gibt es Ihrer Meinung nach zur Impfpflicht?

Die Association of Beauty Industry Enterprises and Professionals (APIC) führte eine Umfrage unter Unternehmern durch. Diese Umfrage hat folgendes ergeben:

- 15 Prozent sind geimpft;

- 24 Prozent haben Antikörper, nachdem sie an COVID-19 erkrankt waren;

- 22 Prozent planen, sich in naher Zukunft mit dem russischen Impfstoff impfen zu lassen;

- 9 Prozent warten auf einen importierten Impfstoff und

- 30 Prozent sind gegen eine Impfung.

Das sind Daten aus einer Branche, in der Menschen gewohnt sind, nach sanitär-epidemiologischen Regeln zu arbeiten. Sie führen Gesundheitsbücher und sind verpflichtet, entsprechende Desinfizierungsmaßnahmen durchführen. Sie bedürfen keiner zusätzlichen Motivation. Wir sehen jedoch, dass ein Drittel der Bevölkerung aus verschiedenen Gründen gegen eine Impfung ist. Ich denke, in anderen Branchen ist die Situation noch komplizierter.

Eine alternative Maßnahme ist es, die Bürger zu informieren. Viele haben Angst vor den Folgen. Wir müssen die Menschen über Sicherheit und mögliche Ausbreitungsmöglichkeiten aufklären. Professoren, Akademiker und Ärzte sollten erklären, dass ein Impfstoff eine Chance ist, eine schwere Form der Krankheit zu vermeiden und eine Immunität zu entwickeln, um sich und ihre Lieben zu schützen. Barzahlungen und Autos als Belohnungen für Impfungen erschrecken die Leute meiner Meinung nach nur. Es sollte mehr pädagogische Informationen geben. Natürlich sollte die Impfung nach einer ärztlichen Untersuchung erfolgen und es ist notwendig, einen Arzt zu konsultieren und nicht Blogger im Internet.

Die epidemiologische Lage im Land verschlechtert sich, immer mehr Menschen sprechen von einer Verschärfung der Beschränkungen. Wie könnte sich eine solche Verschärfung auf die Branche auswirken?

Im vergangenen Jahr, als alle kleinen und mittleren Unternehmen geschlossen waren, beteten Unternehmer, dass der Impfstoff so schnell wie möglich entwickelt wird, damit wir arbeiten können. Wir hoffen, dass die Kampagne zur Massenimpfung der Bevölkerung es uns ermöglicht, dieselbe Herdenimmunität zu erreichen. Wir werden weiter daran arbeiten und die Wirtschaft des Landes verbessern.

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