Sachsen-Anhalt: Strenge Corona-Auflagen auch ohne Corona-Fälle
von Susan Bonath
Wirklichkeit und mediale Darstellung klaffen immer weiter auseinander. Während Regierungsexperten, Politiker und Leitmedien unaufhörlich vor der Apokalypse durch Delta und Co. warnen, sinken die Corona-Zahlen. Laut Robert Koch-Institut (RKI) lag die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz am Freitag bei 5,0. Das heißt: Fünf positiv Getestete pro 100.000 Einwohner kamen vorige Woche hinzu. Sachsen-Anhalt stand mit 1,0 am besten da – das sind 22 neue Fälle bei 2,2 Millionen Einwohnern. Im dortigen Landkreis Börde gab es bereits über eine Woche lang trotz umfangreicher Testungen keinen neuen Positivfall. Die Inzidenz beträgt null. Dennoch gelten strenge Maßnahmen für Schul- Abschlussfeiern am Wochenende. Das liegt an der Corona-Landesverordnung.
In der Börde-Kreisstadt Haldensleben feiern rund 70 Abiturienten ihren Abschluss am Sonnabend in der Ohrelandhalle, einer 1.220 Quadratmeter großen Sporthalle. Die Schüler mussten ein umfangreiches Hygienekonzept beim Gesundheitsamt des Landkreises Börde einreichen.
Die Auflagen, unter denen es genehmigt wurde, sind streng: Alle Schüler und ihre Angehörigen dürfen die Feier nur mit einem zertifizierten negativen Corona-Testergebnis betreten, das nicht älter als 24 Stunden sein darf – sofern sie nicht geimpft oder genesen sind. Maskenpflicht herrscht überall in der Feierhalle, außer beim Sitzen am Tisch. "Sogar beim Tanzen mit der eigenen Freundin müssen wir den Mund-Nasen-Schutz tragen", berichtete ein betroffener Schüler der Autorin. Für manche Angehörige sei dies eine Hürde.
Maßnahmen unabhängig von Inzidenzwerten
Wie kann das sein in einem Landkreis, in welchem seit über einer Woche niemand mehr positiv getestet wurde? Das wollte die Autorin von Kreissprecher Uwe Baumgart wissen. Doch er winkte ab: "Da müssen Sie sich an das Land wenden." An dessen Verordnung müsse man sich halten, so der Sprecher. "Wir sind nur eine Behörde, die hier Vorgaben erfüllt, und das haben wir gemacht."
Martin Bollmann vom Landessozialministerium, das auch für Gesundheit zuständig ist, stellte klar: "Einige Maßnahmen, wie Maske tragen und Testen sind in der aktuellen Corona-Schutzverordnung unabhängig vom Inzidenzwert definiert." Und die Verordnung fuße auf den Regelungen zur "epidemischen Lage von nationaler Tragweite". "Wir können ja nichts dafür, dass der Bund die Regelung verlängert hat, und daran haben wir uns zu halten", so Bollmann. Eine Null sehe diese nicht vor.
Das bedeutet unabhängig davon, ob es Corona-Fälle gibt oder nicht: Unterhalb einer Sieben-Tage-Inzidenz von 35 sind überall dort, wo sich mehr als 50 Personen in einem Innenbereich aufhalten oder wo an der frischen Luft "Gedränge herrscht", ein negatives Testergebnis und das Tragen einer Maske weiterhin vorgeschrieben sind – auch wenn es keine positiv Getesteten mehr gibt.
Verordnungen nur für Ungeimpfte ab Herbst?
Nun heißt es, dass Masken und Tests vor Ansteckungen mit Corona schützen sollen. Es müsste also Fälle geben, bei denen man sich anstecken könnte. Gibt es sie nicht, ist eigentlich die Ursache für derlei Grundrechtseingriffe weggefallen – sollte man jedenfalls meinen. Bollmann sieht das anders: "Wenn nicht mehr getestet wird, kann auch die Inzidenz nicht steigen."
Nein, es sei nicht so gemeint, dass man eine steigende Inzidenz anstrebe, verbesserte er sich. Aber nur durch Tests könne man asymptomatische Fälle entdecken. Zu der fragwürdigen politischen Erzählung, wonach Menschen ohne irgendwelche Krankheitssymptome andere anstecken können, wollte sich Bollmann nicht äußern.
Auf Nachfrage blickte er aber in die Zukunft. Immerhin ist es wahrscheinlich, dass im Herbst die Positiv-Fälle wieder steigen könnten. Ein Ende der Corona-Verordnungen sieht der Sprecher nicht. Möglich sei es aber, betonte er, "dass diese dann nur noch Maßnahmen für all jene regeln, die sich nicht impfen lassen haben".
Dass ein künftiger Maßnahmenstaat für Ungeimpfte kein Hirngespinst ist, deutete bereits Kanzleramtsminister Helge Braun im Gespräch mit dem MDR an. Dort sagte er kürzlich im Interview, dass ein neuer Lockdown für Menschen mit einer vollständigen Impfung nicht zumutbar seien. Für diesen Teil der Gesellschaft müssten Angebote offen bleiben. Es könnte also passieren, dass Schwimmhallen, Theater oder Zoos, aber auch Abiturfeiern, künftig nur mit Impfnachweis betreten werden dürfen.
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