Blinkens Lügengeschichten – Ein starkes Stück, selbst für die US-Cowboy-Diplomatie

Bei den russisch-amerikanischen Sicherheitsgesprächen in Genf hatte Washington offensichtlich keine guten Argumente. Stattdessen haben Top-US-Regierungsvertreter ihren Mangel an realer Substanz mit einer Aneinanderreihung von Lügengeschichten zu kompensieren versucht.
Blinkens Lügengeschichten – Ein starkes Stück, selbst für die US-Cowboy-DiplomatieQuelle: AFP © Denise Balibouse

von Rainer Rupp

Die russische Botschaft in den USA hat Washingtons Herangehensweise an die bilateralen Sicherheitsverhandlungen scharf kritisiert und Äußerungen der Chefsprecherin des Weißen Hauses zurückgewiesen, wonach Moskau angeblich bezüglich der Gespräche in Genf lügt.

Tatsächlich hatte die Pressesprecherin des US-Präsidenten Joe Biden am 10. Januar 2022 im Weißen Haus in Washington bei einer Pressekonferenz über die russisch-amerikanischen Verhandlungen in Genf vom selben Tag vor den internationalen Medienvertretern Russland indirekt der Lüge beschuldigt, indem sie wörtlich erklärte:

''Ich werde ein paar Dinge anmerken: Wir bereiten uns auf die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit vor, – niemand sollte überrascht sein – falls Russland Desinformation über Verpflichtungen verbreitet, die nicht eingegangen wurden, oder falls sie [die Russen] noch weiter gehen und etwas anzetteln, um es als Vorwand für weitere destabilisierende Aktivitäten zu benutzen.''

Diese schäbige Herangehensweise ist in etwa vergleichbar mit dem Bürgermeister eines Ortes, der im Gemeinderat Stimmung gegen eine eigensinnige Familie am anderen Dorfende macht und erklärt: ''Egal, was diese Leute sagen, wir müssen auf die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit vorbereitet sein, dass sie uns belügen. Niemand sollte über ihre Lügen überrascht sein, wir wissen ja, was für hinterhältige Leute das sind! Und ganz sicher würde der Familienvater auch leugnen, dass er seine Frau regelmäßig verprügelt, wenn man ihn das fragen würde.''

Diese hinterhältige Methode des Rufmordes ist zwar abgegriffen, aber immer noch wirksam, besonders bei den einfach gestrickten Klatschmäulern, die im Westen die sogenannten ''Qualitätsmedien'' bevölkern. Aus langjähriger Erfahrung ist davon auszugehen, dass diese Art Top-Journalisten sich die Weisung von Bidens Pressesprecherin zu Herzen nehmen und Dank der von Frau Psaki verordneten Brille nur noch Desinformation und Irreführung in russischen Äußerungen erkennen.

Da hilft es wenig, wenn die russische Botschaft in den USA in einer offiziellen Erklärung gegen diese niederträchtige Attacke des Weißen Hauses Stellung bezieht:

''Solche Unterstellungen weisen wir entschieden zurück. Die russischen offiziellen Erklärungen entsprechen vollkommen der Realität. Unser Land hat von Anfang an maximale Transparenz demonstriert, was diesen Dialog angeht.''

Weiter heißt es in der Erklärung, dass als Beweis für diese maximale Transparenz Russland der internationalen Gemeinschaft den Entwurf des Vertrags zwischen der Russischen Föderation und den Vereinigten Staaten von Amerika über Sicherheitsgarantien und ein Abkommen über Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Russischen Föderation und der Mitgliedsstaaten der NATO zur Kenntnis gebracht habe.

Allerdings hat es bereits bei der Vorbereitung der russisch-amerikanischen Sicherheitsgespräche in Genf von Anfang an fette Lügen, Desinformationen und Irreführung der westlichen und Weltöffentlichkeit gegeben, aber nicht von russischer, sondern von amerikanischer Seite aus, die alles den Russen in die Schuhe schieben. Diesbezüglich erinnert Washingtons Verhalten an die Geschichte von dem verschlagenen Taschendieb, der auf der Flucht vor seinen Verfolgern sich einen Weg durch die Menschenmenge zu bahnt, indem er laut schreit: ''Haltet den Dieb! Haltet den Dieb!''

Fangen wir mit den dicken Lügen des eleganten Außenministers der Vereinigten Staaten, seiner Exzellenz, Antony Blinken, an: 

Am Freitag, den 7. Januar, zwei Tage vor Beginn des russisch-amerikanischen Sicherheitstreffen in Genf am Sonntagnachmittag hat Außenminister Blinken die internationale Presse über den Sachstand aus seiner Sicht der Dinge eingewiesen. Bezeichnenderweise begann er damit, Russlands ''des aggressiven Vorgehens'' zu beschuldigen und als ''Bedrohung für Frieden und Sicherheit in Europa'' darzustellen, um anschließend selbst zu drohen: ''Wir sind bereit, energisch auf weitere russische Aggressionen zu reagieren.''

Wenn wir uns Blinkens Presseeinweisung genauer ansehen, dann haben wir es mit einem grob geschnürten Paket zu tun, mit dem auf eine eher dümmliche Art historisch hinlänglich bekannte und überprüfbare Ereignisse auf den Kopf gestellt werden, um sie passend genau in das US-Narrativ vom bösartigen Aggressor Russland einzufügen. Wirklich erstaunlich ist, dass es in Blinkens Text kaum eine Zeile ohne Lüge oder Halbwahrheiten gibt, auf die eigentlich nur geschichtslose Ignoranten hereinfallen können. Aber vielleicht sind die außenpolitischen US-Korrespondenten der Medienkonzerne der US/NATO-Länder inzwischen tatsächlich auf diesen intellektuellen Tiefstand gefallen.

Hier ist der Absatz, mit dem Blinken in das Ukraine-Thema einsteigt: 

''Im Jahr 2014 hat sich das ukrainische Volk für eine demokratische und europäische Zukunft entschieden. Russland reagierte, indem es eine Krise inszenierte und einmarschiert ist. Seitdem hat Russland das Territorium der Ukraine auf der Krim besetzt und einen Krieg im östlichen Teil der Ukraine, den es mit Stellvertretern führt, die es ausbildet, versorgt, und finanziert. Der Krieg hat fast 14.000 Menschen getötet. Russland hat die Grenzen der Ukraine mit Gewalt neu gezogen.''

''Über seine militärische Aggression hinaus hat Moskau auch versucht, die demokratische Demokratie der Ukraine und seiner Institutionen zu untergraben. Russland hat sich in die Politik und die Wahlen der Ukraine eingemischt; es hat Energie und Handel blockiert, um die Führung einzuschüchtern und die Bürger unter Druck zu setzen; es setzt Propaganda und Desinformation ein, um Misstrauen zu säen und es hat Cyberangriffe auf die kritische Infrastruktur des Landes gestartet.''

''Dann begann im vergangenen März und während des Herbstes Russland mit einem massivem, nicht provoziertem Aufbau von Streitkräften und Ausrüstung an der ukrainischen Grenze – fast 100.000 Soldaten heute, mit Plänen, doppelt so viele in sehr kurzer Zeit zu mobilisieren.''

''Wie also erklärt Moskau sein Handeln? Mit Desinformation. Es behauptet, dass die Ukraine Russland bedroht, dass die Ukraine versucht, einen Konflikt zu provozieren, und dass die russische Truppenaufstockung und die Panzer und die schwere Artillerie alle rein defensiv sind. Das ist, als würde der Fuchs sagen, er müsse den Hühnerstall angreifen, weil seine Bewohner darin ihn bedrohen.''

Bei so vielen frechen Lügen bleibt einem die Spucke weg. Gelogen ist bekanntlich auch, wenn man nur die halbe Wahrheit sagt. Zum Beispiel, Herr Lehrer, der Karl hat mich geboxt. Eine klare Aussage, aber dann stellt sich heraus, dass der Geboxte zuvor dem Karl ans Schienbein getreten hat. Sowas kommt von sowas! Das gilt auch in der internationalen Politik. Aber bei Blinken ist die Politik Washingtons makellos, eine Darstellung, die nur mit extrem sparsamem Umgang mit der Wahrheit erreicht wird.

Allerdings sind auch einige ganz besonders dicke Lügen in Blinkens Text, die auch von manchen politisch interessierten Lesern nicht auf Anhieb erkannt werden und geschickt in seinem primitivem Schmäh gegen Russland versteckt sind. So sagte er zum Beispiel: ''Es ist Russland, das einen Teil der Ukraine und die Krim militärisch besetzt hält. Es ist Russland, das bis heute den Krieg in der Ostukraine anheizt.''  Und dann fügt er fugenlos an:

''Es ist Russland, das es versäumt hat, auch nur eine seiner Minsker Verpflichtungen umzusetzen. Tatsächlich ist es aktiv dabei, gegen viele von ihnen zu verstoßen. Zugleich weigert es sich anzuerkennen, dass es eine Partei in diesem Konflikt ist.''

Entweder hat Blinken das Abkommen von Minsk II nicht gelesen oder er führt seine Zuhörer absichtlich in die Irre, was angesichts seiner vorangegangenen plumpen Reden die wahrscheinlichere Erklärung ist. Sehr geehrte Exzellenz Blinken, hier nochmals zum Mitschreiben: Laut dem Minsk II Abkommen sollen in der ersten Phase die beiden Kontrahenten, die Machthaber in Kiew und die gewählten Vertreter der abtrünnigen Provinzen im Donbass zusammenkommen und den im Abkommen enthaltenen Fahrplan zur De-Eskalation und zur Beilegung der Krise abarbeiten. Beide Kriegsparteien haben dem Fahrplan in Anwesenheit von hohen Vertretern Russlands, Deutschlands und Frankreichs zugestimmt.

Erst wenn diese Hürde genommen ist und sich beide Parteien unter anderem auf einen semi-autonomen Status des Donbass geeinigt haben, obliegt es Deutschland, Frankreich und Russland als Garantiemächten, die weitere Umsetzung des ausgehandelten Abkommens zu begleiten. Allerdings haben sich die Machthaber in Minsk bisher noch keinen Millimeter auf dem Minsk II-Fahrplan in Richtung Konfliktlösung bewegt. Alle Initiativen aus dem Donbass ließ Kiew unbeantwortet.

Das Minsk II Abkommen ist durch einen Beschluss des UNO-Sicherheitsrats völkerrechtlich verbindlich geworden, was bedeutet, dass es von keiner Partei geändert werden kann. Nur wer keinen Respekt vor dem Völkerrecht hat, was die Amerikaner allerdings oft genug bewiesen haben, kann sich wie Blinken ohne rot zu werden vor die internationale Presse stellen und Minsk II nach Wunsch und Wille Washingtons uminterpretieren, um Russland anzudichten, es sei Teil der Konfliktparteien und es verstoße gegen seine Minsker Verpflichtungen. Selbst für die US-Cowboy-Diplomatie ist das ein starkes Stück.

Aber quirlig, wie er ist, unterhielt Blinken die internationale Presse munter weiter mit seinen Lügengeschichten, wobei ich nur noch einige besonders dicke Klopse, die einem ob ihrer Frechheit den Atem rauben, hervorheben möchte, zum Beispiel:

''Es ist auch erwähnenswert, dass Moskau das falsche Narrativ vorantreibt, dass die NATO eine Bedrohung für Russland darstellt, dass die NATO plant, militärische Infrastruktur in der Ukraine zu stationieren, um Konflikte mit Russland vom Zaun zu brechen, dass die NATO nach dem Kalten Krieg geschworen hat, keine osteuropäischen Länder aufzunehmen, und dass die NATO diese Versprechen gebrochen hat. Jede dieser russischen Behauptungen ist falsch.'',

so Blinken und setzt noch einen drauf:

''Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis. Es existiert, um zu schützen, nicht um anzugreifen.''

Ja, Ja, Herr Botschafter Blinken; erzählen sie das doch mal den Familien der Tausenden von serbischen Zivilisten, die die US-Luftwaffe gemeinsam mit der NATO im völkerrechtswidrigen Angriffskrieg ermordet hat, oder erklären sie das den Menschen in Libyen, deren wunderbares Land sie im Zusammenspiel mit der NATO ebenfalls in einem völkerrechtswidrigen Krieg in einen gescheiterten Staat mit wiederbelebtem Sklavenhandel verwandelt haben; nur um einige Beispiele zu nennen.

Aber an sowas denk Blinken nicht. Er hat vielmehr schon den nächsten großen Konflikt im Auge: ''Wir sind bereit, energisch auf weitere russische Aggressionen zu reagieren'', betonte Blinken vor der internationalen Presse, nur um im Anschluss ganz staatsmännisch zu beruhigen, denn ''eine diplomatische Lösung'' sei ''immer noch möglich und vorzuziehen, wenn Russland sie wählt.''

Die friedliche Lösung der Sicherheitskrise in Europa liegt also ausschließlich in den Händen Russlands und laut Blinken stehen die USA so unschuldig daneben, wie ein neugeborenes Kind. Mit anderen Worten, wenn die Russen Frieden wollen, dann sollen sie sich fügen und klein beigeben und den Amerikanern glauben, dass die nur das Beste für die Russen wollen.

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