Aktuelle Umfrage in Frankreich: Zustimmungswerte für EU erreichen neuen Tiefstand
von Pierre Lévy, Paris
Die in Paris erscheinende Tageszeitung Le Monde hat diese Woche die Ergebnisse ihrer jährlichen großen Umfrage über die Stimmung in der französischen Bevölkerung veröffentlicht. Durchgeführt haben die Mehrthemenumfrage das Institut Sciences-Po und die Jean Jaurès Vereinigung. Unter dem Titel "Die französischen Risse" stellte Le Monde die Ergebnisse vor.
Die EU gehört natürlich zu den kontroversen Themen, zu denen sich die etwa 1.000 befragten Personen äußern konnten. Die Einstellungen dazu gehen besonders weit auseinander. Dennoch sollte man daran erinnern: Auch wenn die Ergebnisse in eine Richtung gehen, die einem sympathisch sein mögen, ist es kein Grund, in jedem Fall davon auszugehen, dass die Zahlen verlässlich sind. Hingegen macht es aber Sinn, diese Studie in einen Zusammenhang mit den heutigen politischen Auseinandersetzungen zu stellen. Und diese lassen erkennen, dass die Popularität des Staatschefs Emmanuel Macron drastisch sinkt - dies auch gemäß mehreren anderen kürzlich vorgestellten politischen Umfragen.
Fast jeder zweite Arbeiter schätzt EU als "schlecht für Frankreich" ein
Laut der Ende Juni durchgeführten Untersuchung halten nur noch 53 Prozent der Franzosen die EU-Zugehörigkeit für eine "gute" oder "sehr gute Sache", während sich dieser Anteil im Juni 2017 noch auf 58 Prozent belief. Fast ein Drittel der Befragten (31 Prozent) schätzt dagegen diese Zugehörigkeit als "schlecht" oder "sehr schlecht" ein. Bei den Arbeitern ist es sogar jeder Zweite, was auch konsistent ist mit der an den Urnen regelmäßig festgestellten sozialen Polarisierung: In den besonders unterprivilegierten Gruppen der Bevölkerung wird die EU am stärksten abgelehnt, während die sozial am besten Gestellten sie massiv befürworten.
Diese Tendenz stimmt auch mit einer anderen politischen Evidenz überein: Exakt bei Emmanuel Macrons Wählern genießt Brüssel seine höchste Popularität. Und was die Anhänger Marine Le Pens betrifft: Diese wünschen - zu 68 Prozent - den Euro-Austritt. Dieser Anteil ist in einem Jahr stark angestiegen, obwohl doch der Rassemblement National (ehemaliger Front National) geglaubt hat, es wäre geschickter, diese Forderung aus seinem Programm zu drängen, weil ein Anschluss an den Mainstream bezüglich dieser Thesen seine Wählbarkeit erhöhen würde.
Zum Schluss meinen etwa zwei Drittel der Befragten (64 Prozent), dass die nationalen Entscheidungsbefügnisse verstärkt werden sollten - auf Kosten jener der EU-Institutionen.
Man sollte sich hüten, diese Zahlen wortwörtlich zu nehmen, zumal viele Fragen tendenziös gestellt wurden. Zum Beispiel hat man die Personen gefragt, ob sie denken, dass die EU sich den Entscheidungen des US-Präsidenten (über den Welthandel) "stark genug widersetzt" habe. Bevormundender geht es kaum noch: Diejenigen, die die Frage formuliert haben, haben implizit von vornherein ausgeschlossen, dass die Befragten die US-amerikanischen protektionistischen Maßnahmen am Ende sogar unterstützen könnten...
Großeuropa-Eliten könnte auch noch ihr letzter Strohhalm entgleiten
Was an dieser Studie aber merkwürdig ist: Sie widerspricht in drastischer Weise anderen kürzlich veröffentlichten europäischen Umfragen, besonders dem von der EU-Kommission regelmäßig bestellten "Eurobarometer". Auf dessen Basis war die Begeisterung der EU-Befürworter einhellig: Die sogenannten EU-Bürger in allen Mitgliedsstaaten hätten seit kurzem ihre Liebe zu dieser wiederentdeckt.
Diese Meinungsumfragen waren die Einzigen, die den europäischen Eliten Trost zu spenden vermochten, wo doch die Wähler sich in allen jüngsten Wahlen für die Parteien entschieden haben, die sich als kritisch gegenüber der europäischen Integration vorgestellt hatten. Das jüngste Beispiel dafür ist natürlich Italien.
In den "Narrativen" - ein Anglizismus, der die von den offiziellen Propaganda-Abteilungen hergestellten "Stories", d.h. Lesarten, bezeichnet - stellte Frankreich selbst das Sinnbild für die angeblich plötzlich wiedererwachte Liebe zugunsten der EU dar, dank Macrons Sieg im Mai 2017.
Werden sich die Umfragen, die Lieblingswaffe der Meinungsmacher, jetzt gar auch noch gegen diese letzte Hochburg wenden?
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