Nordamerika

Bahn frei für das "Freiheitsgas" aus Amerika

Das teure Flüssiggas aus den USA hat sein erstes großes Branding erhalten: Als "Freiheitsgas" soll es den europäischen Markt vom vermeintlich schlechten russischen Gas befreien und dabei auch gleichzeitig den schlechten Ruf des umweltschädlichen Frackinggases ablegen.
Bahn frei für das "Freiheitsgas" aus AmerikaQuelle: AFP

von Zlatko Percinic

Man kann sagen, was man will, aber eines können die US-Amerikaner wirklich sehr gut: Marketing! Als (noch) weltgrößte Marktwirtschaft wissen sie ganz genau, wie man ihre Waren an den Mann und die Frau bringt. Emotionen sollen durch geschickte Werbung geweckt und die Menschen davon überzeugt werden, ihr Geld, statt es zu sparen und zum Beispiel aufs Sparkonto zu legen, lieber in Konsum und Kredite zu stecken. Zwar erhält man auf dem Sparkonto heute nicht nur nichts mehr, sondern manchmal gar Negativzinsen. Selbst das wird aber als etwas Gutes angepriesen.

Hier geht es aber um Gas aus den Vereinigten Staaten von Amerika. Gas, das durch das sogenannte Fracking aus Schiefergestein gewonnen wird. Dabei werden Chemikalien und Wasser mit großem Druck in Tiefen von bis zu 3.000 Meter gespritzt, um das gewünschte Gestein aufzubrechen, wordurch dann das Gas freigesetzt und mittels Fracking-Flüssigkeit nach oben transportiert wird. Die Produzenten dieses Schiefergases sehen in dieser Methode keine Probleme für Mensch und Natur:

Eine Gefahr für Gesundheit und Umwelt besteht nicht: Die verwendeten Flüssigkeitsgemische sind nach geltender Rechtslage weder giftig noch umweltschädlich.

Dem stehen Berichte von Umweltverschmutzung durch ausgetretenes Methangas gegenüber, das bis zu 25-mal potenter als Kohlenstoffdioxid ist und somit den Treibhauseffekt noch verstärkt, sowie über Chemikalien, die in das Grundwasser einsickern und Erdbeben auslösen können. Menschen, die in der Nähe der riesigen Abbaugebiete in den USA leben, berichten von Gesundheitsproblemen und einer gestiegenen Zahl an Krebserkrankungen.  

Die US-Regierung sieht in dem Verfahren aber die Reduktion der US-Abhängigkeit von importiertem Erdöl sowie den Einstieg der USA in das Exportgeschäft von Flüssiggas (LNG), das zuvor von Katar, Australien und Malaysia dominiert wurde. Obwohl die erste LNG-Lieferung im Februar 2016 das Land verließ, haben die USA bis Ende 2018 bereits an 33 Länder ihr Flüssiggas geliefert und werden 2019 zum drittgrößten LNG-Exporteur der Welt aufsteigen. Zu den größten Abnehmern zählen bisher asiatische Länder.

Doch mit fünf Exportterminals (davon sind drei erst 2018 in Betrieb gegangen) und zwei weiteren geplanten steigt die Exportkapazität und damit auch der Bedarf an Abnehmern. Diese sollen nicht nur in Asien gefunden werden, sondern natürlich auch in Europa, wo die Nachfrage nach Gas in den nächsten Jahren ebenfalls steigen wird. Insbesondere Deutschland als wirtschaftlich stärkstes europäisches Land, das durch die Energiewende ohne Atom- und bald auch ohne Kohlekraft dastehen wird, gilt als Premiumkunde der US-Amerikaner. Solchen Plänen steht aber das günstigere Erdgas aus Russland im Weg, das mittels der Nord-Stream-Pipeline direkt nach Deutschland kommt, für die bald auch eine zweite Röhre fertiggestellt sein wird.

Für US-Präsident Donald Trump ist das Grund genug, um Deutschland als "von Russland kontrolliert" zu bezeichnen. Deshalb wies er seinen Botschafter in Berlin Richard Grenell an, den Deutschen in dieser Frage Dampf zu machen und durch Sanktionsandrohungen nach Möglichkeit einen Baustopp von Nord Stream 2 zu erwirken. Der Einzige, der sich davon offensichtlich beeindrucken ließ, war Manfred Weber (CSU), der EVP-Fraktionschef im EU-Parlament und Anwärter auf den Posten des EU-Kommissionspräsidenten.

Mehr zum Thema - US-Präsident Trump vor NATO-Gipfel: Deutschland wird vollständig von Russland kontrolliert

Mit der präsidialen Direktive vom 10. April machte Trump aber klar, dass der Druck auf Europa und insbesondere auf Deutschland nicht nachlassen wird, das teurere Flüssiggas aus den USA zu kaufen. Denn das Weiße Haus hat nichts weniger im Sinn, als eine "amerikanische Energiedominanz" aufzubauen. Deshalb habe die US-Regierung "Amerikas unglaubliche Energieressourcen entfesselt", heißt es in der Direktive.

Freiheitsgas mit Molekülen der US-Freiheit

Um den Europäern den Aufpreis etwas schmackhafter zu machen, wurde das verflüssigte Schiefergas nun "freedom gas", "Freiheitsgas", getauft. In Kanada sprach der US-Staatssekretär für Energie Mark Menezes über den Ausbau des Freeport-LNG-Exportterminals in Texas und meinte, dass die gesteigerte Kapazität wichtig sei, um das "Freiheitsgas in die ganze Welt zu verbreiten". Dabei lobte er ausdrücklich das Energieministerium, das alles dafür tue, dass "Moleküle der US-Freiheit in die Welt exportiert" werden können.

Ähnlich äußerte sich bereits US-Energieminister Rick Perry am 2. Mai in Brüssel, als er ganz im Sinne der geschichtsrevisionistischen Darstellung meinte, dass die Vereinigten Staaten 75 Jahre nach der Befreiung Europas "erneut eine Form von Freiheit auf den europäischen Kontinent liefern". Statt "in Form junger amerikanischer Soldaten kommt sie [jetzt] in Form von verflüssigtem Erdgas".

Ob dieses Marketingstrategie aufgehen wird, wird sich zeigen. Deutschland hat sich zumindest bereits bereit erklärt, mindestens zwei LNG-Importterminals zu bauen, um auch Flüssiggas in den Energiemix aufzunehmen. In den sozialen Netzwerken fand dieses neue Branding allerdings hauptsächlich Hohn und Spott. Manche meinten, dass dem "Freiheitsgas" nun "Freiheitskohle" folgen werde, nachdem es nach den Anschlägen vom 11. September 2001 bereits die "Freiheitspommes" ("freedom fries") gab, und dass dies dann nur noch einen Schritt von "Freiheitsbomben" entfernt wäre. Ein anderer Nutzer meinte, dass die US-Energiebehörde ihre monatliche Statistik nicht mehr in MCF (Million Cubic Feet) führen sollte, sondern in MUSF (Molecules of US Freedom) oder b/d (barrels of democracy). Eine sehr treffende Anspielung auf Aussagen des Staatssekretärs Menezes.

Mehr zum Thema - Anschlüsse für deutsche LNG-Terminals: Gaskunden sollen für den Bau zahlen 

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.