Nordamerika

Und futsch sind die Milliarden: US-Behörde gestattet geheime Mittelvergabe an Nachrichtendienste

Unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung gestattete ein kaum bekanntes US-Finanzkuratorium die geheime Vergabe staatlicher Gelder durch US-Geheimdienste. Die ohnehin bereits undurchsichtige Finanzierungspraxis wird dadurch noch nebulöser.
Und futsch sind die Milliarden: US-Behörde gestattet geheime Mittelvergabe an NachrichtendiensteQuelle: Reuters

Es war der 4. Oktober 2018 und der Tag, an dem der Kampf um die Nominierung Brett Kavanuaghs an den Obersten Gerichtshof die Schlagzeilen beherrschte. Nicht in die Schlagzeilen schaffte es hingegen eine womöglich mindestens ebenso folgenschwere Entwicklung. Es handelt sich um die Bekanntgabe eines gewissen "Federal Accounting Standards Advisory Board (FASAB)".

Die Entscheidung der ominösen staatlichen Einrichtung gestattet demnach im Wesentlichen die geheime Verwendung staatlicher Gelder für die vielbeschworene "nationale Sicherheit". Die entsprechende Richtlinie firmiert unter dem Titel "SFFAS 56 – Classified Activities" und erlaubt es demzufolge Regierungsbehörden Finanzberichte zu "modifizieren" und Ausgaben von einem Posten zum anderen zu verschieben. Demzufolge ist es den Bundesbehörden ebenfalls ausdrücklich gestattet, die Steuerzahler darüber in Unkenntnis zu lassen, ob und wann öffentliche entsprechende Finanzberichte abgeändert wurden.

Das FASAB selbst hat freilich eine gänzlich unverfängliche Sicht auf die eigene Tätigkeit:

Das FASAB dient dem öffentlichen Interesse, indem es die Finanzberichterstattung des Bundes verbessert, indem es föderale Rechnungslegungsstandards herausgibt und Orientierungshilfen gibt, nachdem es die Bedürfnisse externer und interner Nutzer von Finanzinformationen des Bundes berücksichtigt", heißt es auf der eigenen Onlinepräsenz.

Professor Mark Skidmore von der Michigan State University befasst sich seit Jahren mit den eklatanten Ungereimtheiten bei den US-Verteidigungsausgaben. Für den Experten waren die neue Regelung und der Mangel an Öffentlichkeit "ein Schock"."Von diesem Zeitpunkt an", zeigte er sich überzeugt, "wird die Regierung zwei Bücher führen, ein modifiziertes Buch für die Öffentlichkeit und ein tatsächliches, das versteckt ist."

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Steven Aftergood vom Project on Government Secrecy der Federation of American Scientists zählt zu den Wenigen, die auf die FASAB-Bekanntmachung aufmerksam machten – und zeigt sich tief beunruhigt.

Sie schmälert die Glaubwürdigkeit aller Dokumente des öffentlichen Haushalts", gab er zu Protokoll.

Auf diese Weise wird die ohnehin bereits obskure Finanzierungspraxis im Bereich der US-Nachrichtendienste, noch einmal um einiges nebulöser. So betragen die offiziell bewilligten Mittel für das Geschäftsjahr 2019 81,1 Milliarden US-Dollar. 59,9 Milliarden US-Dollar davon entfallen auf das National Intelligence Program und 21,2 Milliarden US-Dollar werden dem Military Intelligence Program zur Verfügung gestellt.  

Offiziell beträgt die Bewilligung für das Geschäftsjahr 2019 81,1 Milliarden Dollar, die sich auf 59,9 Milliarden Dollar für das National Intelligence Program und 21,2 Milliarden Dollar für das Military Intelligence Program verteilen. Diese bereits enormen Aufwendungen machen seither als Trumps "Black Budget" die Runde. Doch wie Aftergood festhält, enthalt das Budget noch nicht die Finanzierung "klassifizierter DoD-Aktivitäten und Beschaffung" – die nun jederzeit angepasst werden können.

Nun muss man bedenken, dass die offizielle Finanzierung der US-Nachrichtendienste bereits mehr Mittel verschlingt als die jährlichen Verteidigungsausgaben aller Staaten der Welt. Aller? Nicht ganz. Zwei Staaten scheren aus: China und die USA selbst.

Die Geschichte der Schattenhaushalte begann bereits 1949 mit der Verabschiedung des "Central Intelligence Agency Act". Dieses Gesetz befreite die neu entstandene Behörde von der Offenlegung der erhaltenen öffentlichen Finanzmittel – und hebelte damit die eigene Verfassung aus. Von nun an hieß es:

Die dem Dienst [der CIA] zur Verfügung gestellten Beträge können ohne Rücksicht auf die Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Verwendung öffentlicher Mittel verwendet werden. Für Objekte vertraulicher, außergewöhnlicher oder dringender Art sind diese Ausgaben ausschließlich auf der Bescheinigung des Direktors ausgewiesen werden.

So ergab es sich, dass in einigen wenigen Fällen in den Fünfzigerjahren bekannt wurde, dass die CIA-Ausgaben als Einzelposten des Verteidigungsministeriums deklariert wurden. Bis auf einige wenige Geheimdienst-Skandale und -Enthüllungen gab es in den nächsten Jahrzehnten keine nennenswerte Debatte um die skandalöse Finanzierungspraxis der Geheimdienste.

Es war im Jahr 1990, als der US-Kongress im zweiten Jahr der Präsidentschaft von George H. W. Bush schließlich den "Chief Financial Officers Act" verabschiedete. Durch dieses Gesetz sollten die Löcher gestopft werden, durch die jährlich "Milliarden von Dollar durch Betrug, Verschwendung, Missbrauch und Misswirtschaft" versickerten. 23 Bundesbehörden – darunter die Ministerien der Verteidigung, der Justiz, des Inneren und vieler anderer Bereiche – sollten von nun an regelmäßig Rechenschaft über ihre Finanzen ablegen.

Diese Berichte sollten in Form von "vollständigen, zuverlässigen, zeitnahen und konsistenten Finanzinformationen" erstellt werden. Um einen einheitlicheren Standard für die Rechenschaftspflicht zu schaffen, wurde im selben Jahr das FASAB gegründet – ohne dass es bis heute seiner Aufgabe gerecht geworden wäre. Schließlich suchte der US-Kongress sein Heil in der Beauftragung externer Rechnungsprüfer wie Ernst & Young. Prompt schmiss dass 1.200-Mann-Team des Unternehmens frustriert das Handtuch. Zu groß das buchhalterische Durcheinander, zu undurchsichtig und verkrustet die behördlichen Strukturen.

Wir haben die Buchprüfung nicht bestanden, aber wir haben auch nie erwartet, sie zu bestehen", erklärte der stellvertretende Verteidigungsminister Patrick Shanahan lakonisch zu diesem Offenbarungseid.

Dass das Pentagon krachend durch die Prüfung fiel, war indes keine Überraschung, gab es doch bereits signifikante Hinweise darauf, dass selbst die offizielle Version der Verteidigungsbudgetierung einem schlüpfrigen Morast glich. Am Tag vor dem tragischen 11. September 2001 etwa, erklärte der damalige Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, dass man aufgrund verschiedener Schätzungen davon ausgehe, dass man den Verbleib von ganzen 2,3 Billionen Dollar nicht zurückverfolgen könne.

Im Jahr 2015 war es dann das Büro des Generalinspekteurs, das verkündete, dass allein die US-Armee – die in diesem Jahr über ein Budget von 122 Milliarden verfügte – stattliche 6,5 Billionen Dollar an "Jahresendanpassungen" aufwies, die sich nicht "ausreichend alimentieren“ ließen.

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