Nordamerika

"Verrotte in der Hölle!": Zornige Studenten stören Kissinger-Veranstaltung

Während einer Veranstaltung an der New York University (NYU) ergoss sich der Zorn von Studenten über den altgedienten US-Diplomaten und Geostrategen. Was ihm an den Kopf geworfen wurde, entspricht dabei nicht seinem Image als Leuchturm der Weltpolitik.
"Verrotte in der Hölle!": Zornige Studenten stören Kissinger-VeranstaltungQuelle: Reuters

Überall wo er in der westlichen Hemisphäre das diplomatische Parkett betritt, wird er als großer Denker der internationalen Beziehungen, versierter Diplomat und Urgestein der transatlantischen Beziehungen hofiert: Henry Kissinger, der Friedensnobelpreisträger von 1973 und ehemaliger US-Außenminister.

Der CDU-Politiker Thomas de Maizière bezeichnete ihn als einen "der großartigsten Staatsmänner des 20. Jahrhunderts" und einen "brillanten Wissenschaftler“. Selbstverständlich trifft das Wirken des „Patriarchen“ der US-Diplomatie auch in Übersee auf höchste Anerkennung. Hillary Clinton bezeichnete ihn als "Freund", Donald Trump vertraut auf die Eingebungen und Ratschläge des Deutsch-Amerikaners.

Die außenpolitische Vita Kissingers ist jedoch alles andere als unbefleckt und die Flecken auf seiner weiß gewaschenen Weste rückten nun erneut in den Vordergrund. Im Rollstuhl wurde der nunmehr 95jährige in das Auditorium der Stern School of Business an der NYU gerollt. Dort war es seine Rolle, als diesjähriger Redner an der Veranstaltungsreihe "In Conversation with Mervyn King" teilzunehmen.  Mervyn Allister King ist ehemaliger Gouverneur der Bank of England und setzt sich, zwischenzeitlich zum Baron King of Lothbury ernannt, für einen liberalen Finanzplatz London ein.

Doch während Kissinger seine salbungsvollen Worte gen Publikum richtete, wurde er ein ums andere Mal von zornigen Studenten unterbrochen:

Henry Kissinger, im Namen des Internationalen Strafgerichtshofs, Sie sind ein Kriegsverbrecher. Sie haben einen Genozid gegen die Weltbevölkerung begangen", schallte es dem verdutzten Gast um die Ohren.

Die Tiraden setzten sich weiter fort. "Henry Kissinger Sie haben Blut an ihren Händen", wollte ein weiterer Protestler über den Altmeister der US-Geopolitik wissen.

Was ist mit Chile? Sie müssen mit den Ergebnissen dessen was Sie getan haben, leben!" schlug es ihm aus anderer Richtung entgegen.

Die Studenten wurden jeweils abgeführt, ausgebuht und ließen sich doch nicht abschrecken.

Sie verdienen es, für Ihre Verbrechen Rechenschaft abzulegen! Sie verdienen es, in den Knast zu wandern und dann in der Hölle zu verrotten" zeigte sich ein weiterer Student lautstark überzeugt.

Die diplomatische Karriere Kissingers weißt durchaus einige Höhepunkte auf, wie etwa die Verbesserung der Beziehungen zu China und der Sowjetunion. Doch er ist es auch, der einen von den USA gesponserten Putsch in Chile einfädelte, der argentinischen Junta nach dem Putsch von 1976 freie Hand für Massenmorde und Menschenrechtsverletzungen ließ oder Pakistans Völkermord an Bangladesch 1971 unterstützte.

Kissinger war auch der taktische Strippenzieher hinter der Ausweitung des Vietnamkriegs nach Laos und Kambodscha, die sich zu einer vierjährigen Bombenkampagne entwickelte, bei der bis zu 100.000 Zivilisten ihr Leben verloren. Das folgende Machtvakuum ebnete wiederum den Weg für Pol Pot, um die Macht in Kambodschas zu ergreifen. Es folgte der Völkermord der Roten Khmer an schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen.

Mehrere Studentengruppen hatten die NYU aufgefordert, die exklusive Veranstaltung für geladene Gäste abzusagen:

Wenn dieser Mann öffentlich als Weiser der Diplomatie, der nationalen Sicherheit und der Außenpolitik gefeiert wird, wird seiner abscheulichen Falkenhaftigkeit implizit zugestimmt.

Die Universität antwortete:

Der freie Austausch verschiedener Ideen und Standpunkte ist ein grundlegender Wert für die NYU. Daher sollte ein eingeladener Redner ohne Unterbrechung gehört werden können.

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