Nordamerika

Streit im US-Kongress um Geheimdokument: Die Wege führen mal wieder nach Moskau

Der Streit um die von Republikanern geforderte Freigabe eines Memos des US-Kongresses ist eskaliert. Moskau steckt hinter der Kampagne zur Freigabe des Dokuments, behauptet zumindest der German Marshall Fund. Die Demokraten griffen diese Anschuldigung bereitwillig auf.
Streit im US-Kongress um Geheimdokument: Die Wege führen mal wieder nach MoskauQuelle: www.globallookpress.com © Global Look Press

Der Streit zwischen den Republikanern und Demokraten in den USA um die Freigabe eines Geheimdokuments spitzt sich weiter zu. Es handelt sich dabei um ein vierseitiges Memo, das die Abgeordneten des Repräsentantenhauses bereits einsehen konnten. Dabei handelt es sich um eine Zusammenfassung der Erkenntnisse des Geheimdienstausschusses des Kongresses über den Missbrauch des Gesetzes zur Überwachung in der Auslandsaufklärung („Foreign Intelligence Surveillance Act“; FISA). Darin soll es auch um das mutmaßliche Ausspionieren der Wahlkampagne von Donald Trump durch US-Dienste gehen.

Nach Ansicht von Republikanern ist der Inhalt des Memos schwerwiegender als der Watergate-Skandal. Demokraten werfen diesen hingegen vor, viel Lärm um nichts zu machen. Der Ruf nach einer Freigabe des Dokuments wurde nicht nur unter Republikanern immer lauter. Auch viele Twitter-Nutzer schlossen sich der Forderung unter dem Hashtag #ReleaseTheMemo an.

Es dauerte nicht lange und es kam, was kommen musste: Russland ist für die erfolgreiche Verbreitung der Forderung in den sozialen Medien verantwortlich, behauptet der German Marshall Fund. Die US-Denkfabrik, die sich der Förderung der transatlantischen Beziehungen verschrieben hat, steht hinter der „Allianz zur Sicherung der Demokratie“. In deren Beirat sitzen prominente Neokonservative wie Michael Chertoff oder William Kristol.

Zur Rettung der Demokratie spürt die Allianz vermeintlichen russischen Einflussversuchen in den sozialen Medien nach. Auf der eigens dafür eingerichteten Webseite „Hamilton 68“ heißt es, #ReleaseTheMemo sei der Top-Trend auf Twitter unter den Pro-Kreml-Accounts. Die Initiative überwacht rund 600 Social-Media-Konten, deren Nutzer sie als prorussische Einflussagenten ausgemacht haben will. Dabei soll es sich oftmals um sogenannte Bots handeln.

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Demokraten sehen Moskau am Werk

Die demokratische Senatorin Dianne Feinstein und ihr Parteikollege Adam Schiff, Abgeordneter des Repräsentantenhauses, griffen diese Steilvorlage auf. In einem Schreiben an die Chefs von Twitter und Facebook bitten sie diese um „dringende Unterstützung“ bei der Aufklärung der angeblichen russischen Einflussnahme. Darin heißt es: 

Laut öffentlichen Berichten nutzen Accounts, die mit der russischen Regierung in Verbindung stehen, erneut die Plattformen Twitter und Facebook aus, um die öffentliche Meinung zu manipulieren. Diese jüngsten russischen Bemühungen sollen die Arbeit des Kongresses beeinflussen und die Untersuchung [der russischen Einflussnahme auf die US-Wahlen] des Sonderermittlers Robert Mueller untergraben.

In ihrem Schreiben verweisen die beiden Demokraten auf einen Artikel des Business Insider, der wiederum auf Angaben des German Marshall Funds basiert. Die Zeitung zitiert in diesem Zusammenhang den Kommunikationskoordinator der Allianz zur Sicherung der Demokratie. Er könne sich nicht daran erinnern, wann es das letzte Mal ein Thema gab, das so stark von prorussischen Bots und Trollen unterstützt wurde, sagte Bret Schafer.  

An einem normalen Tag wird der Top-Hashtag ungefähr 400 Mal in einem 48-stündigen Zeitraum von dem Netzwerk genutzt, das wir beobachten.

Dagegen sei #ReleaseTheMemo mehr als 3.000 Mal, zusammen mit ähnlichen Hashtags über 4.500 Mal in zwei Tagen benutzt worden. Die Top-URL sei das Angebot von WikiLeaks-Chef Julian Assange, Geld für den Erhalt des Memos zu zahlen. „Das sieht gewiss nach einem Zeichen für eine koordinierte Vorgehensweise der Bots und Trolle aus“, so Schafer.

Wenn diese Berichte zutreffen, erleben wir einen fortwährenden Angriff der russischen Regierung durch mit dem Kreml verbundene Social-Media-Akteure, die aktiv versuchen, in unseren demokratischen Prozess einzugreifen und ihn zu beeinflussen“, heißt es in dem Schreiben von Feinstein und Schiff.

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Spuren führen in die USA, nicht nach Russland

Wie The Daily Beast jedoch unter Berufung auf eine „kenntnisreiche Quelle“ am Mittwoch berichtete, habe eine von Twitter durchgeführte interne Analyse ergeben, dass die weite Verbreitung des Memo-Hashtags auf authentische US-amerikanische Nutzerkonten zurückzuführen ist. Es gebe keine Hinweise darauf, dass vornehmlich pro-russische Nutzer oder Bots den Hashtag verbreitet haben.

Die Quelle verwies dabei auf die große Reichweite, die konservative und rechte Accounts haben, die sich dieses Hashtags bedienen – darunter auch der von Präsident Donald Trump. Alleine er erreicht 2,5 Millionen Menschen, die ihm auf Twitter folgen. Die mit Russland in Verbindung gebrachten Nutzer fielen dagegen kaum ins Gewicht.

Gegenüber der Zeitung ruderte Clint Watt vom Hamilton 68-Projekt daraufhin zurück. „Die Mehrzahl der Tweets ist definitiv republikanischen Ursprungs“, gestand er ein. Seine Initiative setze ohnehin die von vermeintlich prorussischen Accounts ausgehenden Aktivitäten nicht ins Verhältnis zur Gesamtzahl der Twitter-Nutzer und deren Aktionen.

Es gehe lediglich darum zu zeigen, auf welche Themen der Kreml anspringe, „um ein Narrativ zu stärken, mit dem demokratische Institutionen unterminiert werden“. Damit gesteht Watts zum einen ein, dass „Hamilton 68“ über den tatsächlichen Einfluss des von ihm beobachteten Netzwerks keine Aussage treffen kann, denn dazu müsste es ins Verhältnis zur gesamten Nutzeraktivität gesetzt werden. Außerdem gibt er damit zu, dass ein als „prorussisch“ identifizierter Nutzer lediglich sein Interesse an einem Thema kundtun muss, damit die Allianz zur Sicherung der Demokratie von einer unzulässigen Einmischung Russlands zur Untergrabung der westlichen Werte spricht. 

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