Genießen US-Neonazis die Rückendeckung der Geheimdienste? Verdacht erhärtet sich
Von Wladislaw Sankin
In den USA, dem Land der BLM-Bewegung und der "woken" Political Correctness, fühlen sich klassische und offene Neonazis recht wohl. Ein besonders illustres Beispiel sind Kent McLellan, Spitzname "Boneface", und Gruppen seiner Gleichgesinnten aus Florida. Er ist seit 2014 Mitglied der ukrainischen Asow-Bewegung und nahm im Frühjahr 2022 an den Kampfhandlungen in Mariupol teil – RT DE berichtete über seinen Werdegang.
Außerdem gibt der Neonazi gerne Interviews, auch sich selbst. In einem Gespräch legte McLellan eine Zusammenarbeit mit der CIA nahe, wobei er betonte, dass nicht das FBI, sondern die CIA ihn mit den nötigen Kontakten für seine Ukraine-Reisen versorgt hatte. Ihm zufolge war er auch in Gewaltverbrechen im Kampfgebiet in der Ostukraine verwickelt – eine entsprechende Ermittlung der US-Behörden blieb allerdings aus.
Dennoch, McLellan wird offenbar beim FBI als "Mitglied einer terroristischen Vereinigung" geführt. Das geht aus einem Polizeivideo hervor, das die US-Journalistin Laura Loomer am Montag auf ihrem X-Kanal (ehemals Twitter) gepostet hat. Dieses habe sie exklusiv von einer Polizeikamera von einem Polizeibeamten in Escambia County im US-Staat Florida bekommen. Mit 14,4 Millionen Klicks bekam ihr Beitrag eine enorme Reichweite.
Im Video scrollt der Polizist durch McLellans langes Strafregister und nennt einem Kollegen interessanteste Details, der ihn darum bat. So sagt er, McLellan sei "bewaffnet, gefährlich" und habe "gewalttätige Tendenzen". Er wundert sich:
"Hier steht, wir sollen das FBI kontaktieren. Das habe ich noch nie gesehen. (...) Sie haben die Nummer der Grenzpatrouille dabei."
🚨🚨🚨MUST WATCH🚨🚨🚨🚨EXCLUSIVE VIDEO: I have exclusively obtained Video evidence and police body camera footage of a police officer in Escambia County, FL by the name of Deputy K. Haley, badge number 614272 interacting with CIA/FBI Nazi Asset and Azov Battalion fighter… https://t.co/LcPsWQ3L8Ypic.twitter.com/6uwzK6JyPz
— Laura Loomer (@LauraLoomer) September 4, 2023
Das Video ist nicht datiert, doch offenbar wurde es nach der Rückkehr McLellans aus der Ukraine in Sommer 2022 aufgenommen. Dort hatte er ukrainische Staatsbürgerschaft und einen Verdienstorden verliehen bekommen. Die Journalistin, die sich bei ihren Auftritten als bekennende Konservative gibt, schlussfolgert:
"Dies ist der Beweis dafür, dass CIA/FBI und die Strafverfolgungsbehörden Floridas NAZIS und ukrainische Kriegsverbrecher schützen."
In einem anderen X-Beitrag berichtete Loomer am Donnerstag von einer Gerichtsverhandlung, bei der über die Verhaftung von McLellan wegen eines Einbruchdiebstahls mit Körperverletzung entschieden werden sollte. Im Gerichtssaal stellte ihr zufolge der Richter fest, dass McLellan nicht erschienen war, und der Staatsanwalt bat den Richter statt Haftbefehl, das in solchen Fällen ausgestellt werden soll, um einen "Passierschein" für McLellan. Diese Milde verbindet Loomer mit dem Erscheinen zweier sportlich aussehender Männer im Gerichtsgebäude:
"Außerdem betraten zwei muskulöse Männer, die wie Bundesagenten aussahen, den Gerichtssaal, um mit dem Gerichtsdiener zu sprechen, bevor die Türen für die Öffentlichkeit geöffnet wurden. Man hörte, wie sie 'Kent' sagten, bevor der Gerichtsdiener sie in den Gerichtssaal ließ."
Auch dieser Vorfall gab der Journalistin den Anlass, Kent McLennan, den Neonazi mit dem Spitznamen "Boneface", einer besonderen Verbindung zu Geheimdiensten zu verdächtigen:
"Die einzigen Leute, die einen Passierschein bekommen und von einem Richter entschuldigt werden, wenn sie nicht zur Anklageverlesung erscheinen, sind FBI-Agenten, vertrauliche Informanten und Bundesbeamte."
Es ist bemerkenswert, dass McLellan und seine Mitstreiter sich bei ihren öffentlichen Auftritten in außenpolitischen Fragen regierungstreu zeigen. So erklärte einer der Aktivisten unlängst bei einer Kundgebung in Orlando in Florida, dass Joe Biden besser als Donald Trump sei, weil er Raketen in die Ukraine schickt. Bei der Aktion war auch "Boneface" McLellan zugegen. Er und die anderen schrien "Slawa Ukrajini" (Ruhm der Ukraine) und zeigten den Hitlergruß.
Ob McLellan wegen seiner Nützlichkeit bei der Rekrutierung von US-Neonazis für die Ukraine-Front die Rückendeckung der Geheimdienste bekommt, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Es ist bekannt, dass die US-Geheimdienste radikale Bewegungen nicht nur überwachen, sondern zu politischen Zwecken instrumentalisieren oder sogar imitieren.
Fox News: FBI beschäftigt Provokateure
Laut einem Bericht des Fernsehsenders Fox News aus dem Jahr 2012 waren 17 der 20 vom FBI vereitelten Terroranschläge mit angeblich islamistischen Hintergrund in Wirklichkeit "von der Bundesregierung selbst geplant, ausgeheckt, kontrolliert und durchgeführt" worden.
"Das FBI fand junge muslimische Männer. Einzelgänger, die verbittert von den USA waren. Sie freundeten sich mit ihnen an, umgarnten sie und überredeten sie. (...) In all diesen Fällen arbeiteten die Agenten verdeckt und gaben sich den Zielpersonen gegenüber als Araber mit ähnlich unamerikanischer Gesinnung aus", so Fox News.
Über eine andere Täuschungsoperation hat Moderator Tucker Carlson in seiner Sendung bei Fox News berichtet. Ihm zufolge hat das FBI einen Plan zur Entführung der Gouverneurin von Michigan ausgearbeitet, um das Verbrechen Trump-Anhängern und "Rechtsextremisten" in die Schuhe schieben zu können.
Was hat der "QAnon-Schamane" mit ukrainischen Neonazis zu tun?
Im März hatte Carlson Videoaufnahmen gezeigt, die ein Zusammenwirken von FBI und mutmaßlichen Provokateuren beim sogenannten Sturm auf Kapitol am 6. Januar nahelegen.
So hatten mehrere Überwachungskameras gezeigt, wie Kapitol-Polizisten einen der bekanntesten Aktivisten der "Erstürmung", Jacob Chansley, auch bekannt als "QAnon-Schamane", in aller Ruhe durch die Gänge im Inneren des Kapitols führen, um ihm exklusiven Zutritt zum Plenarsaal zu gewähren. Wenig später hatte Chansley im Sitzungsaal für Fotografen posiert und sich bei der Polizei für den Zutritt bedankt.
Dabei hatte er geschrien und Grimassen geschnitten. Durch sein markantes Äußeres mit tätowiertem nacktem Oberkörper, gehörnter Fellmütze und US-Flagge ist er weltweit zu einer medialen Symbolfigur der Ausschreitung geworden. Laut Carlson und anderen Kommentatoren aus dem konservativem Lager könnte dies einer geheimen Strategie geschuldet sein – um die Anhänger des Ex-Präsidenten als "Haufen verrückter Wilder" zu diskreditieren.
Chansley war zu 41 Monaten Haft verurteilt worden, ist jedoch im April vorzeitig entlassen worden. Am Montag berichtete Newsweek unter Verweis auf Loomer, dass das FBI ihn bei einem Verhör zur Anwesenheit des mutmaßlichen ukrainischen Spions Sergei Dubinin bei den Unruhen befragt habe.
Dubinin war am 6. Januar am Eingang zum Kapitol mit Chansley gesichtet worden. Ein gemeinsames Foto von ihm mit Chansley wird von Loomer als Beleg für eine ukrainische Einmischung interpretiert. Andere Fotos von Dubinin, die im Internet auftauchten, zeigten ihn in einem Helm vor dem zerstörten Gebäude des Donezker Flughafens und in einem Tarnanzug.
This is massive. You all need to read this. I have exclusively confirmed that the FBI identified Ukrainian operatives and Neo Nazis who were at the US Capitol on J6 and even questioned J6ers about these Ukrainian spies during interviews with the FBI. During their private… https://t.co/dmWgtC8bh6pic.twitter.com/4Zrvm93Q9H
— Laura Loomer (@LauraLoomer) September 4, 2023
Diese Bildvergleiche nährten den Verdacht, er sei mit den Neonazis von Asow und ukrainischen Geheimdiensten verbunden. Er und womöglich auch weitere Einflussagenten seien nach Washington geschleust worden, um die Unruhen zu schüren und Trump als unbequeme Figur zu diskreditieren, lautet seit Jahren die Erzählung einiger konservativen Blogger. Chansley soll im Interview mit Loomer gesagt haben:
"Das FBI wusste, dass Sergei Dubinin ein Spion war, und fragte, ob ich ihn kenne. Ich sagte, dass ich ihn nicht kenne und nur für ein Foto mit ihm posiert habe. Warum darf er frei herumlaufen?"
Das FBI lehnte eine Stellungnahme zu Chansleys Aussagen ab, schreibt Newsweek. Damit kann deren Echtheit nicht unabhängig geprüft werden.
Doch eine kurze Internet-Recherche zeigt: Einen Mann namens Sergei Dubinin gibt es tatsächlich. Und er war am 6. Januar 2021 nachweislich genau an dem Ort gewesen, an dem auch das Foto mit dem "QAnon-Schamanen" Chansley entstanden war. Aber er ist kein Geheimagent und auch kein Asow-Kämpfer, sondern Kameramann des ukrainischen Fernsehsenders Inter.
Mit dem Korrespondenten des Senders war er mitten im Getümmel: Sie hatten eine Reportage gedreht – hier auf dem Youtube-Kanal der Sendung des Senders Podrobnosti (Einzelheiten) nachzusehen. Sein Name wird bei Sekunde 21 eingeblendet. Auf einem der Bilder ist zu sehen, wie Menschen mit Chansley wegen dessen schillernden Aussehens Selfies machen.
Auch der Kameramann hatte der Verlockung nicht widerstehen können, mit dem gehörnten "Schamanen" ein Erinnerungsfoto an diesen ohne Zweifel außergewöhnlichen Tag zu schießen. Dass das Bild den Antrieb für eine ganze Verschwörungstheorie über eine provokante Verstrickung der Asow-Leute in die Erstürmung des Kapitols geben würde, hatte er natürlich nicht ahnen können.
Da alle Pressevertreter für Dreharbeiten grundsätzlich eine von den Behörden ausgestellte Akkreditierung brauchen, wusste das FBI natürlich von Anfang an, wer Dubinin ist. Dennoch, auch der gut vernetzten Newsweek wurde ein klärender Kommentar verweigert. Sollten die Informationen von Loomer stimmen, befeuert auch das FBI die Theorie von der ukrainischen Einmischung. Auch hier gilt: je nebulöser, desto besser! Damit behalten die Meister der Geheimoperationen alle Optionen in der Hand. Wer weiß, wie die ukrainische Karte demnächst wieder ausgespielt wird?
Mehr zum Thema – Medien: US-Geheimdienste bestätigen aktive Rolle der CIA im Ukraine-Konflikt
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.