Nordamerika

Pentagon gegen Außenministerium – Machtkampf in Washington um Reaktion auf Ukraine-Krieg?

Laut der investigativen Webseite "Consortium News" stach das US-Verteidigungsministerium zwei Berichte an die Presse durch, die ein ganz anderes Licht auf die Kriegsführung Russlands in der Ukraine werfen sollen. Die russische Offensive sei keineswegs "ins Stocken geraten".
Pentagon gegen Außenministerium – Machtkampf in Washington um Reaktion auf Ukraine-Krieg?Quelle: AFP © Brendan Smialowski

Laut der investigativen Webseite Consortium News versuchen das Pentagon und das US-Außenministerium im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine gegeneinander jeweils ihren Einfluss auf US-Präsident Joe Biden stärker geltend zu machen. Wie die Webseite berichtet, hätten zwei durchgestochene Berichte aus dem Pentagon "die Lügen der Mainstream-Medien darüber entlarvt", wie Russland den Krieg in der Ukraine führt. Consortium News zufolge versuche das Pentagon so, "der Propaganda entgegenzuwirken, mit der die NATO in den Konflikt hineingezogen werden soll".

Wie die Webseite weiter schreibt, befinde sich das Pentagon in einem folgenschweren Konflikt mit dem US-Außenministerium und dem US-Kongress, um eine direkte militärische Konfrontation mit Russland zu verhindern. US-Präsident Joe Biden stehe mitten in diesem Konflikt. Bisher habe sich Biden laut Consortium News auf die Seite des Verteidigungsministeriums gestellt und erklärt, dass es keine NATO-Flugverbotszone über der Ukraine geben werde.

Bei einem Auftritt vor seinen Parteifreunden von der Demokratischen Partei im US-Bundesstaat Pennsylvania hatte sich Biden vergangene Woche auch zu der Debatte um die mögliche Übergabe von Kampfflugzeugen an die Ukraine geäußert. Es dürfe keine Situation geben, in der die USA Flugzeuge oder Panzer mit amerikanischer Besatzung in die Ukraine schicken, sagte Biden. "Das muss man verstehen, da darf man sich nichts vormachen, egal was alle sagen – das heißt dann dritter Weltkrieg", sagte der Präsident.

Auch US-Verteidigungsminister Lloyd Austin liegt mit Biden auf einer Linie. Anfang März hatte Austin gesagt:

"Präsident Biden hat klar gesagt, dass die US-Truppen in der Ukraine nicht gegen Russland kämpfen werden, und wenn man eine Flugverbotszone einrichtet, muss man, um diese Flugverbotszone durchzusetzen, russische Flugzeuge angreifen. Und das wiederum würde uns in einen Krieg mit Russland führen."

Dennoch nehme laut Consortium News der Druck auf das Weiße Haus seitens des Kongresses und der Medien zu. Dazu gehöre auch die Berichterstattung vieler westlicher Medien, die schrieben, dass Russland den Krieg verliere, dass seine Militäroffensive "ins Stocken geraten" sei und dass es aus Frustration absichtlich Zivilisten angreife und Städte dem Erdboden gleichmache.

Doch am Dienstag ließ das Pentagon Consortium News zufolge Journalisten zwei Berichte zukommen, die diesem Narrativ widersprechen sollen. In einem Artikel mit dem Titel "Putins Bomber könnten die Ukraine verwüsten, aber er hält sich zurück. Hier sagen wir warum" schrieb das Nachrichtenmagazin Newsweek:

"Russlands Verhalten in dem brutalen Krieg erzählt eine andere Geschichte als die weithin akzeptierte Ansicht, dass Wladimir Putin darauf aus ist, die Ukraine zu zerstören und der Zivilbevölkerung maximalen Schaden zuzufügen – und es enthüllt den strategischen Balanceakt des russischen Führers."

Der Artikel zitiert einen namentlich ungenannten Analysten der Defense Intelligence Agency (DIA) des Pentagons mit den Worten:

"Das Herz von Kiew wurde kaum berührt. Und fast alle der Langstreckenangriffe waren auf militärische Ziele gerichtet."

Ein pensionierter Offizier der US-Luftwaffe, der jetzt als Analyst für einen Auftragnehmer des Pentagons arbeiten soll, fügte in dem Artikel hinzu:

"Wir müssen das tatsächliche Verhalten Russlands verstehen. Wenn wir uns nur einreden, dass Russland wahllos bombardiert oder dass es nicht mehr Schaden anrichtet, weil sein Personal der Aufgabe nicht gewachsen ist oder weil es technisch ungeschickt ist, dann sehen wir den wahren Konflikt nicht."

In dem Newsweek-Artikel heißt es weiter:

"Seit dem vergangenen Wochenende hat Russland in 24 Tagen des Konflikts etwa 1.400 Einsätze geflogen und fast 1.000 Raketen [abgefeuert ...] Bei einem Teil dieser Angriffe wurden zivile Einrichtungen beschädigt und zerstört und unschuldige Zivilisten getötet und verletzt, aber das Ausmaß von Tod und Zerstörung ist im Vergleich zu Russlands Kapazitäten gering."

Newsweek zitiert den DIA-Analysten weiter mit den Worten:

"Ich weiß, es ist schwer zu glauben, dass das Gemetzel und die Zerstörung viel schlimmer sein könnten als es ist [...] Aber das ist es, was die Fakten zeigen. Das deutet zumindest für mich darauf hin, dass Putin nicht absichtlich Zivilisten angreift, dass er vielleicht darauf bedacht ist, den Schaden zu begrenzen, um einen Ausweg für Verhandlungen zu finden."

Ein zweiter pensionierter Offizier der U.S. Air Force sagte:

"Ich bin frustriert über die derzeitige Darstellung, dass Russland absichtlich Zivilisten angreift, dass es Städte zerstört und dass es Putin egal ist. Eine solch verzerrte Sichtweise steht der Suche nach einem Ende im Wege, bevor es zu einer echten Katastrophe kommt oder der Krieg auf das übrige Europa übergreift. Ich weiß, dass in den Nachrichten immer wieder behauptet wird, dass Putin Zivilisten ins Visier nimmt, aber es gibt keinen Beweis dafür, dass Russland dies absichtlich tut. Ich würde sogar sagen, dass Russland Tausende von Zivilisten mehr töten könnte, wenn es das wollte."

Ein zweiter erschienener Artikel widersprach Bidens dramatischer Warnung vor einem russischen Chemiewaffen-Angriff unter falscher Flagge. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte in dem Artikel geschrieben:

"Die Vereinigten Staaten haben noch keine konkreten Hinweise auf einen bevorstehenden russischen Angriff mit chemischen oder biologischen Waffen in der Ukraine gesehen, aber sie beobachten die Informationsströme genau, sagte ein hochrangiger US-Verteidigungsbeamter."

Reuters zitierte in dem Beitrag den Pentagon-Beamten mit den Worten:

"Es gibt keine Anzeichen dafür, dass in dieser Hinsicht derzeit etwas unmittelbar bevorsteht."

Aber weder die New York Times noch die Washington Post veröffentlichten den Reuters-Artikel, der letztendlich auf der weniger bekannten Newsplattform U.S. News and World Report erschien.

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