Nordamerika

Angst und Panik in Washington: Pelosi spricht von "innerem Feind" im Kongress

Verstärkte Sicherheitsmaßnahmen für Kongressabgeordnete – gegen einen "inneren Feind" im Parlamentsgebäude – hat die Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi gefordert. Auch die für die Sicherheit des Kapitols zuständige Polizei fordert schärfere Sicherheitsmaßnahmen sowie eine permanente Umzäunung des Geländes.
Angst und Panik in Washington: Pelosi spricht von "innerem Feind" im KongressQuelle: Reuters © Leah Millis

Bei einigen Abgeordneten der Demokratischen Partei im US-Kongress scheint sich Panik und ein Hang zum Einigeln im Kapitol breitzumachen. Ebenso verschärft sich die Rhetorik – es geht nicht bloß um Anhänger des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump in ihrer vermeintlichen Rolle als "Inlandsterroristen", sondern sogar um Abgeordnete der konkurrierenden republikanischen Partei als den "inneren Feind".

Die amtierende Leiterin der United States Capitol Police Yogananda Pittman forderte am Donnerstag:

"In Anbetracht der jüngsten Ereignisse kann ich eindeutig sagen, dass enorme Verbesserungen der physischen Sicherheitsinfrastruktur vorgenommen werden müssen, einschließlich permanenter Umzäunung und [ständiger] Verfügbarkeit von [polizeilicher] Verstärkung in unmittelbarer Nähe des Kapitols."

Die Forderung erfolgt vor dem Hintergrund der Unruhen in Washington vom 6. Januar, bei denen Trump-Anhänger in das Kapitol-Gebäude eindrangen. Fünf Menschen starben infolge der Stürmung des Parlamentsgebäudes, die von Anhängern der Demokraten als "Putsch" bezeichnet wurde.

Pittman gab am Dienstag im Repräsentantenhaus zu, dass die Polizei von dem großen Potenzial für gewalttätige Proteste am 6. Januar wusste, jedoch nicht ausreichend vorbereitet gewesen sei. Am Donnerstag erklärte sie, dass Experten mindestens seit dem Jahr 2001 eine erhöhte Sicherheit rund um das Kapitol gefordert hätten.

Dabei sind bereits die infolge der Stürmung verschärften Sicherheitsvorkehrungen von durchaus amtlichem Ausmaß: Für die Amtseinführung des US-Präsidenten Joe Biden am 20. Januar wurden mehr als 25.000 Soldaten der Nationalgarde nach Washington beordert, und um das Kapitol wurde ein schwer überwindbarer Sicherheitszaun aufgestellt. Außerdem wurden Checkpoints eingerichtet.

Eine Woche nach Bidens Einweihung blieben etwa 15.000 Gardisten in der Stadt. Die Nationalgarde verkündete, dass in den kommenden Wochen noch 7.000 ihrer Soldaten in Washington stationiert sein werden, wobei das Aufgebot bis Mitte März auf 5.600 Mann reduziert werden soll.

Aufgrund dieser bereits verstärkten Sicherheitsmaßnahmen gleicht das Regierungsviertel in Washington schon jetzt der abgeriegelten "Grünen Zone" in Bagdad, in der sich die US-Botschaft im vom Krieg verwüsteten Irak befindet. Die Aussicht auf einen weiteren, permanenten Ausbau der befestigten Strukturen, die dann für immer ein fester Bestandteil der Stadtlandschaft der Bundeshauptstadt werden würden, kommt jedoch bei vielen Amerikanern nicht gut an – es gibt verbalen Widerstand von Anhängern beziehungsweise Mitgliedern beider großer Parteien.

So argumentierte die Abgeordnete Elise Stefanik (Republikanerin, im Repräsentantenhaus für den US-Bundesstaat New York), dass den Abgeordneten keine glaubwürdige Bedrohung mitgeteilt worden sei, die eine solche Befestigung rechtfertigen würde:

"Dies ist das Haus des Volkes. Ich bin strengstens dagegen. Es wurde kein Briefing zu einer Bedrohung vor den Mitgliedern des Kongresses abgehalten, die diesen Vorschlag rechtfertigen würde."

Sogar die Bürgermeisterin von Washington Muriel Bowser, eine Demokratin, die erst kürzlich eine Bewaffnung des Aufgebots der Nationalgarde zur Sicherung von Bidens Amtseinführung mit Maschinengewehren sowie eine politische Säuberung der Nationalgarde gefordert hatte, hielt den Vorschlag für übertrieben. Ihrer Meinung nach seien "Zäune und die Anwesenheit" von Truppen angesichts "einiger potenziell brisanter Ereignisse" in der nächsten Zeit notwendig – doch sie sei dagegen, solche Sicherheitsvorkehrungen dauerhaft einzuführen, stellte sie klar:

"Wir werden keine zusätzlichen Truppen oder permanente Umzäunung als eine langfristige Einrichtung in DC akzeptieren."

"Ich hoffe sehr, dass es nicht dauerhaft ist", äußerte sich ebenso Adam Schiff (Demokrat im Repräsentantenhaus für den Bundesstaat Kalifornien). Auch Steve Pierce, bekannt als Medienstratege der Demokraten für den Kongress-Wahlkampfstab, zeigte sich beunruhigt über die Botschaft, die ein permanenter Zaun um das Kapitol vermitteln würde.

"Ich trauere immer noch darüber, dass so etwas überhaupt notwendig geworden ist."  

Angst und Panik in DC: Der unsichtbare "innere Feind" im US-Parlament

Pittmans Vorschlag fällt in eine Zeit, in der einige demokratische Abgeordnete wegen ihrer eigenen Sicherheit innerhalb des Kapitols Alarm schlagen. Die Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi (Demokratin, Bundesstaat Kalifornien), verkündete, dass Mitgliedern des Kongresses wahrscheinlich zusätzliche Mittel bewilligt werden müssten, um für ihre persönliche Sicherheit beim Aufenthalt im Kapitol zu sorgen – zumal "wenn zusätzlich zu dem, was draußen passiert, sich der Feind [auch] innerhalb des Repräsentantenhauses befindet – eine  Bedrohung, über die die Mitglieder besorgt sind".

Pelosi und andere Demokraten wie die Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez (im Repräsentantenhaus für den Bundesstaat New York) brachten in den letzten Tagen ihre Ängste vor Mordanschlägen zum Ausdruck – vor Mordanschlägen, die ausgerechnet einige ihrer republikanischen Kollegen in Zukunft begehen könnten. Sie deuteten an, dass republikanische Abgeordnete, die die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl 2020 in Frage stellten, auch für den sogenannten "Aufstand" vom 6. Januar verantwortlich gewesen sein sollen.

Auf die Bitte hin, den "Feind im Inneren" etwas genauer zu benennen, sprach Pelosi von

"Mitgliedern des Kongresses, die Waffen in den Plenarsaal bringen wollen und anderen Kongressabgeordneten Gewalt angedroht haben".

Wie diese Gewaltandrohungen konkret lauteten oder wer sie wem gegenüber geäußert haben soll, präzisierte die Demokratin indes nicht.

Damit schließt sich der Kreis zu Pelosis Vorwurf, der frühere Präsident Donald Trump habe seine Anhänger im Rahmen der Proteste gegen die Wahlergebnisse am 6. Januar zum Eindringen in das Kapitol aufgerufen und damit "einen Putsch angezettelt" – und dafür gesorgt, dass Mitglieder des Repräsentantenhauses Angst vor ihren eignen Kollegen bekommen hätten.

"Es sollte nicht so sein, dass der Präsident der Vereinigten Staaten nicht bloß einen Putsch anzettelt, sondern weiter das Feuer anfacht und die Sicherheit der Mitglieder des Kongresses bis zu einem Punkt gefährdet, an dem sie sich sogar Sorgen machen, dass Mitglieder des Repräsentantenhauses eine Gefahr für sie sind."

In einem Schreiben an die Führung des Repräsentantenhauses von dieser Woche baten mehrere Abgeordnete um Erlaubnis, auf eigene Faust einen privaten Sicherheitsdienst zu beauftragen – unter Berufung auf den angeblichen Anstieg der eingehenden Bedrohungen gegen sie. Auf diese Bedenken beruft sich nun Pelosi.

Begründete Bedenken oder blühende Fantasie?

Demokratische Abgeordnete deuteten in den Wochen nach den Ereignissen vom 6. Januar an, sich vor Abgeordneten der republikanischen Partei zu fürchten. Besonders blumig gab sich dabei Ocasio-Cortez: Sie habe Angst gehabt, dass Abgeordnete des Repräsentantenhauses, mit denen sie nach dem Eindringen der Demonstranten ins Kapitol eingesperrt war, sie den randalierenden Trump-Anhängern ausliefern würden.

Während sie keine Kongressmitglieder beim Namen nannte, warf die Demokratin Ted Cruz (Republikaner, im Senat für Texas) in einem an ihn gerichteten Tweet vor, er habe "versucht, [ihre] Ermordung zu erwirken".

"Ich bin gerne bereit, mit den Republikanern bei diesem Thema zusammenzuarbeiten –  insoweit es eine gemeinsame Grundlage gibt. Aber Sie haben mich vor drei Wochen fast umbringen lassen, also können Sie sich das schenken.

Bin bereit, mit fast allen anderen Republikanern zusammenzuarbeiten, die nicht versuchen, mich umbringen zu lassen. Wenn Sie in helfen wollen, dann treten Sie zurück."

Obwohl insbesondere Pelosis scharfe Rhetorik gegen angebliche "innere Feinde" in den Reihen republikanischer Kongressabgeordneter extrem erscheinen mag, sind solche Töne für sie alles andere als ungewöhnlich: Im August 2020 und damit lange vor dem "Aufstand" am US-Kapitol bezeichnete die Repräsentantenhaus-Sprecherin die Republikaner samt damaligem Präsident Trump als "innenpolitische Feinde" und "Feinde des Staates" – einzig dafür, dass sie es gewagt hatten, die Zuverlässigkeit der massenhaften Briefwahl-Praxis in Frage zu stellen. Dabei hatten Sie und ihre Partei den Wahlprozess selbst jahrelang in Frage gestellt und behauptet, Trump sei dank russischer Einmischung ins Präsidentenamt gekommen. 

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