Ist Bellingcats "MH17-Forensiker" Timmi Allen ein Hochstapler?
Vergangene Woche hat in den Niederlanden nach sechs Jahren Ermittlungen der Strafprozess zum Abschuss des Flugs MH17 der Malaysia Airlines über der Ukraine begonnen. Angeklagt sind drei Russen und ein Ukrainer, die das Luftabwehrsystem "Buk" von Russland aus in die Ukraine transportiert haben sollen. Mit der Rakete sei die Passagiermaschine später abgeschossen worden, so die Anklage. Die Gerichtsverhandlung findet in Abwesenheit der Angeklagten statt.
Das Verfahren beruht auf den internationalen Ermittlungen des JIT (Joint Investigation Team). Die Erkenntnisse des JIT wiederum fußen zu einem Großteil auf den Recherchen der privaten Plattform "Bellingcat" – insbesondere was die "forensische Analyse" hinsichtlich des Buk-Systems betrifft, die von dem deutschen Bellingcat-Mitstreiter Olaf Neitsch (alias Timmi Allen) stammt. Der ehemalige Kriminalbeamte Jürgen Cain Külbel nimmt den Werdegang von Neitsch genauer unter die Lupe – insbesondere dessen Behauptung, in der DDR Kriminologie studiert zu haben.
von Jürgen Cain Külbel
Die Vulgärsprache des Bellingcat-Gründers Eliot Higgins ist legendär. Kritikern kontert er schon mal mit fachlichen Argumenten wie "Lutsch meine Eier". Auch Journalisten werden von Higgins und seinen Mitreitern regelmäßig beleidigt: Der international bekannte australische Journalist und Dokumentarfilmer John Pilger sei ein "Truther", meint Higgins. In diese Kategorie reiht Bellingcat-Mitglied Aric Toler auch Theodore A. Postol ein, ein US-amerikanischer Physiker und emeritierter Professor am Massachusetts Institute of Technology: "Chemical attack truther". Postol sei laut Higgins gar ein "Idiot".
Und Robert Fisks "Journalismus" sei sowieso eine "absolute Travestie", sein Name "buchstäblich Inbegriff für Plagiat und Ungenauigkeit", twitterte Nick Waters von Bellingcat. Der 73-Jährige Fisk, Nahost-Korrespondenten des Independent, ist eine lebende Legende. Nur einige wenige Beispiele von vielen, die zeigen, dass die Arroganz der Bellingcat-Aktivisten – Higgins, ohne berufliche Abschlüsse; Waters, britischer Ex-Infanterist; Toler, bis 2014 in der Bank of America-Merrill Lynch – grenzenlos scheint.
Higgins und Toler sind Mitglieder des "Bellingcat MH17 Untersuchungsteams". Ebenso der 58-jährige Ostberliner Timmi Allen, der im wahren Leben Olaf Neitsch heißt. Da trifft man sich schon mal zum gemeinsamen Grillen und Biertrinken auf dem Grundstück von Neitsch in Ahrensfelde, tiefst im Osten der Bundeshauptstadt. Neitsch, für die Truppe so etwas wie ein Übervater, hat seinen Mitstreitern bezüglich seiner Vita offenbar eine Lüge aufgetischt: er sei studierter Kriminalist.
Olaf Neitsch, 1989 als Unterleutnant der Staatssicherheit der DDR von der Kreisdienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) Berlin-Treptow ins zivile Leben entlassen, machte sich nach der "Wende" in den Sphären des Internets als Timmi Allen einen Namen. Für die "unabhängige Investigativ-Plattform" Bellingcat, die eng mit dem transatlantischen, stramm anti-russisch ausgerichteten Atlantic Council kooperiert, ist er seit 2014 tätig. Die "russische Rolle" beim Abschuss des Fluges MH17 der Malaysia Airlines über der Ukraine am 19. Juli 2014, bei dem 298 Menschen ums Leben kamen, machte er für die Truppe mit Hilfe modernster 3D-Computergrafik "sichtbar".
Im ersten Bericht von Bellingcats "MH17 Untersuchungsteam", der im November 2014 erschien, wird Allen alias Neitsch als Mitglied des Teams aufgeführt. Im Mai 2015 wird er in einem weiteren Bericht als verantwortlich für die "forensische Analyse" gelistet.
Was qualifiziert Timmi Allen (im weiteren Verlauf: Olaf Neitsch) zum forensischen Experten? Am 28. Oktober 2019 gab Neitsch dem zu Zeiten des Kalten Krieges vom US-Auslandsgeheimdienst CIA finanzierten Sender Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) ein Interview, das mit dem Titel "Von der Stasi zu Bellingcat: Ehemaliger ostdeutscher Agent wird investigativer Reporter" und dem exklusiven Aufmacher startete: "Das ist das erste Mal, dass er ein Medieninterview gibt, in dem Einzelheiten seiner früheren Arbeit für die Stasi enthüllt werden, die für ihre Brutalität und repressiven Methoden berüchtigt ist." Dann kommt Neitsch zu Wort:
'Ich möchte nicht zurückkehren [in die Zeit in der Stasi]. Ich war froh, als es zu Ende war', sagt Allen, der seinen Abschluss in Kriminologie an der Humboldt-Universität in Ostberlinmachte, bevor er zum Staatssicherheitsdienst wechselte. 'Das sind alles Dinge, die heute nützlich sind – aber das hat mich nicht zu Bellingcat gebracht.'
Dieses Statement von Olaf Neitsch war vom 28. Oktober 2019 bis zum 13. Januar 2020 auf der Webseite von RFE/RL zu lesen.
Ich bat den Briten Ray Furlong, der das Interview veröffentlichte, ebenso wie Neitsch um Klärung: Erstens war ein ziviles Kriminalistik-/Kriminologie-Studium in der DDR vor Eintritt in ein bewaffnetes Organ nicht möglich, zweitens stieß mir der Studiengang "Kriminologie" auf. Neitsch schwieg. Doch Furlong, dem ich unterbreitet hatte, dass es sich bei der Formulierung um einen Fehler gehandelt haben könnte, reagierte: "Ich habe in der Tat einen Fehler gemacht und werde ihn korrigieren." Die Korrektur liest sich seit dem 13. Januar 2020 so:
'Ich möchte nicht zurückkehren [in die Zeit in der Stasi]. Ich war froh, als es zu Ende war', sagt Allen, der nach seinem Eintritt in den Staatssicherheitsdienst Kriminologie an der Ostberliner Humboldt-Universität in Potsdam studierte. 'Das sind alles Dinge, die heute nützlich sind - aber das hat mich nicht zu Bellingcat gebracht.'
Also änderte Furlong von der Ausgangssituation am 28. Oktober 2019, Neitsch habe "seinen Abschluss in Kriminologie an der Humboldt-Universität in Ostberlin gemacht, bevor er zum Staatssicherheitsdienst wechselte", seinen Report am 13. Januar 2020 dahingehend, er habe "nach seinem Eintritt in den Staatssicherheitsdienst Kriminologie an der Ostberliner Humboldt-Universität in Potsdam studiert."
Ray Furlong, der Deutsch verhandlungssicher spricht, englische Literatur studierte, für die BBC in Prag, Berlin und London arbeitete, ist kein Vorwurf zu machen. Wer weiß schon heutzutage, dass es ein Hochschulstudium Kriminalistik in der DDR gab? Furlong nicht; DDR-Bürger, die das Fach studierten, deren Kollegen oder ihr Umfeld vielleicht. Furlong vertraute Neitsch offenbar, konsultierte ihn möglicherweise nach meiner Intervention, "verschlimmbesserte" die Sache dann aber.
Erster zu klärender Umstand: "Kriminologie an der Humboldt-Universität in Ostberlin" oder "Kriminologie an der Ostberliner Humboldt-Universität in Potsdam"?
Ermittlungsergebnis: Tatsächlich gab es zu DDR-Zeiten an der Humboldt-Universität in Ostberlin keinen "Studiengang Kriminologie", wohl aber den vierjährigen Studiengang Kriminalistik an der gleichnamigen Sektion, die vom Berliner Senat 1990 "mangels Bedarf" umgehend abgewickelt wurde. Bis dahin hatten 3.000 Studierende mit der Berufsbezeichnung "Diplom-Kriminalist" diesen Studiengang abgeschlossen. Die Wortschöpfung "Ostberliner Humboldt-Universität in Potsdam" ist ein Paradoxon; in Potsdam Kriminologie studiert zu haben, ist Humbug. Zwar gab es dort die "Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit", doch erzielten dort bis 1989 rund 3.300 Personen den Abschluss "Diplom-Jurist".
Zweiter zu klärender Umstand: Studierte Neitsch "bevor er zum Staatssicherheitsdienst wechselte"?
Ermittlungsergebnis: Neitsch wurde im November 1961 geboren. Theoretisch hätte er mit 18 Jahren, also 1979, "bevor er zum Staatssicherheitsdienst wechselte", mit dem vierjährigen Studium Kriminalistik oder "Kriminologie", wie er es bezeichnet, beginnen können. Theoretisch hätte er sein Studium 1983/84 beenden können; er hätte durch ein Diplom zumindest den Dienstgrad Leutnant erworben. Es ist also davon auszugehen, dass er lügt, da ein 18-Jähriger ohne Praxiserfahrung in einem bewaffneten Organ überhaupt nicht zum Studium delegiert werden konnte. Alle Studenten wurden delegiert, es gab kein ziviles Kriminalistik-Studium, so dass es unmöglich ist, dass Neitsch nach einem Kriminalistik-Studium vom MfS übernommen wurde.
Oberstleutnant a. D. Reiner Neubert, ehemals Stellvertreter des Leiters der Kreisdienststelle Berlin-Treptow des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), damals Vorgesetzter von Olaf Neitsch, erklärte dazu gegenüber dem Autor:
Wenn er 1961 geboren wurde, wäre er 1981 20 Jahre alt gewesen und hätte schon ein vierjähriges Studium hinter sich gehabt. Wer so dreist lügt, glaubt, dass es keiner merkt. Vor Jahren hat er seine Zugehörigkeit [zur Stasi] geleugnet, jetzt gibt er sie zu.
Dritter zu klärender Umstand: Studierte Neitsch "nach seinem Eintritt in den Staatssicherheitsdienst"?
Ermittlungsergebnis: Neitsch gibt im Interview mit RFE/RL zu, dass seine "Stasi-Karriere mit einem siebenjährigen Wachdienst" in der Kreisdienststelle des MfS Berlin-Treptow begann, dass er erst "1987 zum operativen Mitarbeiter befördert wurde". Laut den Erinnerungen von OSL a. D. Neubert muss Neitsch "so 1980/81 eingestellt worden sein".
Da war er 19 oder 20 Jahre alt. Ich kenne jedoch keinen Mitarbeiter in der damaligen Dienststelle, der sieben Jahre in der Wache zugebracht hätte. Sollte es doch so gewesen sein, so hätte dies etwas mit dem Intellekt desjenigen zu tun gehabt", so Neubert.
Das deckt sich mit der Aussage von Neitsch selbst über seinen "siebenjährigen Wachdienst", schließt ein Studium vor Einstellung beim MfS aber endgültig aus. "Als Wachsoldat" – so OSL a.D. Neubert – "wurde er beim Bau, bei der Urbarmachung des Baufeldes der Dienststelle herangezogen. Das muss 1982 gewesen sein. Seit dieser Zeit war er ohne Unterbrechung [bis 1989] an seinem Dienstort [in der Kreisdienststelle Berlin-Treptow]. Es wäre auch ein Novum gewesen, wäre er in dieser Zeit zur Humboldt-Universität gegangen."
Neitsch schied, wie bereits angemerkt, nach der "Wende" 1989 als Unterleutnant aus. Als Hochschulabsolvent hätte er zu dem Zeitpunkt zumindest den Dienstgrad Leutnant getragen, hätte eine Leitungsfunktion innegehabt. "Absolventen von Fachschulen wurden in der Regel zum Unterleutnant ernannt, Absolventen von Hochschulen wurden zum Leutnant befördert", heißt es in dem Buch "Im Dienst der Staatssicherheit: Eine soziologische Studie über die hauptamtlichen Mitarbeiter des DDR-Geheimdienstes".
Einen Fachschulabschluss hätte Neitsch an der Humboldt-Universität zu Berlin (beziehungsweise an der "Ost-Berliner Humboldt-Universität in Potsdam", die es gar nicht gibt) überhaupt nicht erlangen können. Ob er eine Fachschule besucht hat, ist mehr als fraglich. Er hätte 1987, sofort nach Übernahme aus dem Wachdienst, mit dem Studium beginnen müssen, dieses aber erst 1990 beenden können.
"Das Fachschulstudium wurde in verschiedenen Fachrichtungen und teilweise an Schulen der Diensteinheiten durchgeführt, z. B.: Schule der HA KuSch für Angehörige in operativen Dienststellungen (Abwehr), Schule der HA VI für Angehörige in spezifisch-operativen Dienststellungen (Passkontrolle), Schule Gransee für Angehörige in sicherstellenden Dienststellungen, Schule WSE (Wach- und Sicherungseinheit) für Angehörige in militärisch-operativen Dienststellungen in Groß Schönebeck, Kreis Eberswalde", schreibt Günter Förster in "Die Dissertationen an der 'Juristischen Hochschule' des MfS".
Tatsächlich war Olaf Neitsch zuletzt, also 1989, in der Kreisdienststelle des MfS Treptow als Unterleutnant und Auswerter im "Referat BO – Bewaffnete Organe" tätig, das für die Kontrolle und Absicherung der bewaffneten Organe der DDR – Grenztruppen, Nationale Volksarmee, Volkspolizei – zuständig war. RFE/RL tischte er auf: "Meine Aufgabe war es, Berichte auszuwerten und sie auf Informationen zu durchsuchen. Insbesondere Informationen über Menschen, die gegen den Staat arbeiten wollten. Aber genau das hat mich Anfang 1987 dazu veranlasst, Zweifel [an der kommunistischen Doktrin] zu hegen."
Nebenschauplatz: Furlong von RFE/RL ist tief beeindruckt: "Der Bellingcat-Forscher Timmi Allen zoomt in Google Earth auf eine Berliner Polizeistation, in der er einst für die gefürchtete DDR-Geheimpolizei – die Stasi – gearbeitet hat. 'Unter dieser Station befindet sich ein tiefer Bunker, der einer Atombombe standhalten sollte', sagte Allen."
OSL a. D. Neubert hält dagegen:
Der 'Bunker' hatte lediglich ein Untergeschoss. Die Bezeichnung 'Atombunker' ist hoffnungslos übertrieben. Er besaß nur eine geringe Schutzgüte. Er war eher gedacht als Erstschutz vor konventionellen Waffen, einschließlich Gas, oder als Schutz vor atomaren Auswirkungen, wenn das Epizentrum kilometerweit entfernt war. Dazu gab es auch eine Entaktivierungsanlage und ansonsten nur Räume für Unterkünfte. Was der aussagt, ist kompletter Unsinn.
Vierter zu klärender Umstand: Existieren an der Humboldt-Universität zu Berlin Unterlagen zum Studienabschluss von Olaf Neitsch?
Ermittlungsergebnis: Prof. Dr. sc. jur. Frank-Rainer Schurich, letzter Direktor der Sektion Kriminalistik an der Humboldt-Universität, gab 2015 zusammen mit Prof. Dr. Ingo Wirth, ehemals Hochschuldozent für Kriminalistik und forensische Medizin, das Buch "Die Kriminalistik an den Universitäten der DDR (Schriftenreihe Polizei)" heraus. In dem gedruckten Werk sind sämtliche Diplomarbeiten sowie Dissertationen A und B verzeichnet, sofern sie gefunden wurden.
Allerdings ist die Aufstellung nicht vollzählig, insbesondere Fernstudenten fehlen, die in der Regel hochrangige Vertreter der Ministerien waren. Die abgedruckte Aufstellung ist also ein wenig bereinigt. Allerdings, so wurde dem Autor versichert, waren in der Erstfassung des Buches alle aufgefundenen Diplomarbeiten verzeichnet. Der Name Neitsch findet sich weder in dem gedruckten Werk noch in dessen Erstfassung.
Fünfter zu klärender Umstand: Existieren an der ehemaligen Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit in Potsdam Unterlagen zum Studienabschluss von Olaf Neitsch?
Die Suche im "Absolventenverzeichnis der Diplomstudiengänge bis 1990. Bibliographie der Diplomarbeiten und Abschlußarbeiten im postgradualen Studium" der bereits genannten Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit in Potsdam stößt ebenso ins Leere: kein Eintrag unter dem Namen Neitsch. Dessen "Dienstbiographie" beim MfS (sieben Jahre Wachdienst, drei Jahre operative Tätigkeit) widersprach auch der Zulassungsordnung der Potsdamer Hochschule. Darin ist seit 1980 geregelt, dass "nur Angehörige des MfS zu einem Studium zugelassen wurden". Weiter heißt es darin:
Grundsätzliche Voraussetzung war der Nachweis der Hochschulreife, die durch das Abitur, ein erfolgreich abgeschlossenes Fachschulstudium oder die Absolvierung der Offiziersausbildung in den 'Diensteinheiten des MfS' erworben werden konnte. Außerdem musste der Bewerber fünf Jahre in einer politisch-operativen Diensteinheit tätig gewesen und zwischen 25 und 30 Jahren alt sein. Die zugelassenen Bewerber wurden zum Hochschulstudium durch die Diensteinheit des MfS, bei der sie tätig waren, delegiert.
Die Delegierungsvorschläge wurden – in der Regel ein Jahr vor Aufnahme des Studiums – von den Diensteinheiten zusammen mit der Hauptabteilung Kader und Schulung erarbeitet ... Sie enthielten neben einer ausführlichen Beurteilung mit Zeugnissen eine Begründung der Delegierung, in der die Notwendigkeit des Studiums, die Leistungs- und Verhaltenseigenschaften des Bewerbers sowie sein geplanter Einsatz nach Studienabschluss dargestellt wurden.
Sechster zu klärender Umstand: Welche forensischen Qualifikationen und Fähigkeiten besitzt Olaf Neitsch?
Ermittlungsergebnis: Die Berufsbezeichnung "Forensiker" ist nicht geschützt. Doch kann Der Spiegel Auskunft geben: In einem Artikel des Hamburger Nachrichtenmagazins ("Bellingcat betreibt Kaffeesatzleserei") kritisiert der Bildforensiker Jens Kriese bereits im Jahre 2015 eine von Neitsch erstellte "forensische Analyse", die er unter Zuhilfenahme des Internet-Analysewerkzeuges FotoForensic.com durchgeführt hatte, um Russland die Fälschung von Satelliten-Aufnahmen zur MH17-Katastrophe nachzuweisen. Auch der Schöpfer des Werkzeuges, Dr. Neal Krawetz, distanzierte sich: das sei ein gutes Beispiel, "wie man eine Analyse nicht machen sollte".
In einer Presseerklärung vom 3. Juni 2015 schrieb junge Welt:
Nach dem Anschluss der DDR versuchte er (Neitsch) sein Glück zeitweise als Kneipier in Bernau und wechselte später in die Versicherungsbranche. Bei der Deutschen Krankenversicherung (DKV) taucht er online als Mitarbeiter auf (olaf-neitsch.dkv.com). Auskunftsfreudiger ist sein Werbeauftritt für die ergo-Versicherung, wo er nach dem Motto 'Versichern heißt verstehen!' als 'Organisationsleiter (Werbekolonnen)' in Ahrensfelde bei Berlin den Verkauf von Policen koordiniert.
Aber auch sonst ist Neitsch in den Sphären des World Wide Web kein unbeschriebenes Blatt, im Gegenteil: In Sachen Internet scheint er über eine besondere Expertise zu verfügen, die ließ ihn bei 'Bellingcat' vielleicht interessant erscheinen: Für das Onlinespiel 'Second Life' (deutsch: zweites Leben) bietet er über seine Firma 'Virtual Services' Tier- und Landschaftsbilder zum Verkauf an. Die Mitarbeit bei 'Bellingcat' betreibt Neitsch nach eigener Auskunft als Hobby.
Mit seiner Online-Firma "Virtual Services" ist Neitsch dagegen bereits seit Anfang 2007 in der virtuellen Welt präsent, hat sich offenbar zu einem Marktführer bei der Erstellung von Benutzerinhalten entwickelt. Die Firma verkauft Tier- und Landschaftsbilder für die 3D-Weltsimulation "Second Life", betreibt Bild- und Videoanalyse und entwickelt neue Analysemethoden.
Man muss wissen, das "Linden Lab" aus San Francisco ist der Betreiber von "Second Life". Die User in dem gleichnamigen Produkt wiederum werden laut Edward Snowden spätestens seit 2009 vom größten Geheimdienst der USA, der National Security Agency (NSA), überwacht. Agenten der NSA und des britischen Nachrichtendienstes GCHQ sind in dem 3D-Spiel inkognito angemeldet, suchen Hinweise auf konspirative Gruppen, Chat-Nachrichten und Aktivitäten von potenziellen Terroristen.
Es sei laut Snowden "in den Computerspielen einfach gewesen, Wissenschaftler und Ingenieure weltweit zu kontaktieren, um sie als Informanten anzuwerben". Wir wissen nicht, ob Timmi Allen alias Olaf Neitsch, der seit 2007 virtuelle Meetings und Konferenzen in "Second Life" sowie eine individuelle Einführung und Schulung der Teilnehmer anbietet, sich unter den Angeworbenen befindet. Sein Weg zu Bellingcat wäre so zumindest plausibel erklärbar.
Bellingcat-Gründer Eliot Higgins verteidigte Neitsch. Er sei nicht in der Position, Deutschen zu erzählen, was sie über die Vergangenheit von Timmi Allen denken sollten, sagte er gegenüber Spiegel Online: "In den vergangenen neun Monaten habe ich ihn als Freiwilligen kennengelernt, der seine Freizeit geopfert hat, um die Wahrheit hinter dem Mord von 298 Passagieren an Bord von Flug MH17 aufzudecken."
Schlussfolgerung
Neitsch ist weder Kriminalist noch Kriminologe mit Hochschulabschluss, allerhöchstens selbsternannter "forensischer Analyst". Geradezu lächerlich wirkt es dann, dass sich das internationale Joint Investigation Team (JIT) in Den Haag, das die Verantwortlichen für die MH17-Tragödie vor ein Tribunal stellen will, auf "Ermittlungen" dieser Bellingcat-Aktivisten stützt. Insbesondere auf die "Befunde" des hochstapelnden Nicht-Kriminalisten Neitsch, die unprofessionell insinuieren, die Buk-Rakete, mit der das Flugzeug abgeschossen wurde, sei aus Russland gekommen.
Diese "Ermittlungen" sind von Eliot Higgins, einem Amateur ohne Abschlüsse, vom Ostberliner Neitsch, der zwischen Dichtung und Wahrheit lustwandelt, und von einem niederländischen Musiker, der seinen Namen nicht veröffentlicht sehen will, "kreiert" worden.
Ob in Sachen Skripal, MH17 oder Chemiewaffen in Syrien: Die von Medien des Mainstream hochgelobte Bellingcat-Plattform erweist sich als ein williges Werkzeug transatlantischer Interessengruppen, um Russland oder Syrien Verbrechen in die Schuhe schieben zu können. Medien- und Journalisten-Preise, mit denen Bellingcat überschüttet wurde, können über das Ausmaß der Fälschungen nicht hinwegtäuschen.
Anmerkung des Autors: Olaf Neitsch wurde mehrfach sowohl direkt als auch über Bellingcat kontaktiert, ihm wurden Teile dieses Artikels, sein Studium betreffend, vorgelegt mit der Bitte: "Sollte ich falsch liegen, so bitte ich dringend um Ihre Intervention, Richtigstellung, Untersagung, gegebenenfalls Ihre Aufforderung oder die Ihres Anwaltes zur Unterlassung der Veröffentlichung oder Teilen davon. Sie können mich auch telefonisch erreichen …" Olaf Neitsch machte davon keinen Gebrauch.
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