Die vergessenen Angriffe auf iranische und russische Passagiermaschinen
von Neil Clark
Ein Passagierflugzeug, das vom Flughafen Teheran gestartet war, wurde mit einer Rakete abgeschossen, mit schweren Verlusten an Menschenleben. Nein, ich spreche nicht vom Abschuss der Ukrainian-International-Airlines-Maschine mit der Flugnummer PS752 in der vergangenen Woche. Ich meine den Abschuss des Iran-Air-Fluges 655 durch eine Boden-Luft-Rakete am 3. Juli 1988. Noch nie davon gehört? Nun, es ist nicht überraschend, da es die USA waren, die das Flugzeug abgeschossen haben. 290 Menschen kamen dabei ums Leben. Und raten Sie mal: eine formelle Bitte der USA um Entschuldigung? Fehlanzeige!
Der Abschuss der iranischen Passagiermaschine vor knapp 32 Jahren wurde als technischer Fehler abgetan. Solche Dinge passieren, nicht wahr. Fünf Jahre zuvor war jedoch alles sehr viel anders, als die Sowjetunion die Maschine der Korean Air mit der Flugnummer 007 abgeschossen hatten und dadurch 269 Menschen umgekommen waren. Anders als der Iran-Air-Flug 655, der sich über iranischem Hoheitsgebiet befand, hatte sich die Maschine der Korean Air 365 Meilen weit von ihrer vorgegebenen Flugroute entfernt in den geschlossenen Luftraum der Sowjetunion verirrt.
Iran Air 655 vs. Korean Air 007
In Anbetracht der damaligen angespannten Lage im Kalten Krieg vermuteten die Sowjets nicht ohne Grund, dass es sich um ein Spionageflugzeug handeln könnte, und sandten international übliche Warnsignale. Sie blieben unbeantwortet. Wichtig zu erwähnen ist dabei, dass zum selben Zeitpunkt ein US-Aufklärungsflugzeug in dem Bereich unterwegs war.
Ich erinnere mich an die seinerzeitige Berichterstattung. Der Abschuss war der Beweis für die Verderbtheit des "Reichs des Bösen". Newsweek titelte: "Mord in der Luft". US-Präsident Ronald Reagan nannte es einen "Terrorakt" und "eine barbarische Tat".
Beim Raketenabschuss der Iran Air 655 durch die USA kamen zwar 21 Menschen mehr ums Leben. Doch es war der Abschuss der Korean Air durch die Sowjets, der die meisten Schlagzeilen machte, weil er zur vorherrschenden Erzählung des Kalten Krieges passte.
Angriffe auf russische Passagierflugzeuge
Anders sieht es auch aus, wenn Russen selbst die Opfer sind. So ist mit dem Abschuss des Siberian-Airlines-Fluges 1812 über dem Schwarzen Meer am 4. Oktober 2001 eine weitere Flugzeugkatastrophe aus dem Gedächtnis verschwunden. Die Maschine war auf dem Weg von Tel Aviv nach Nowosibirsk in Russland. Das ukrainische Militär holte sie versehentlich mit einer Rakete vom Himmel. Aber was denn, es sind doch nur die Russen und Iraner, die so was machen, oder?
Weniger lange her ist die Explosion einer Maschine der russischen Fluglinie Metrojet mit Flugnummer 9268 über dem Norden der Halbinsel Sinai am 31. Oktober 2015. An Bord waren russische Urlauber, die auf dem Weg von Ägypten zurück nach Hause waren. Eine Bombe war im Flugzeug platziert worden, wofür die Anhänger des IS-Todeskults die Verantwortung übernahmen. Der damalige britische Außenminister Philip Hammond bezeichnete es als einen "Warnschuss" an Moskau.
Stellen Sie sich den Aufschrei vor, wenn Russlands Außenminister Sergei Lawrow den Angriff auf eine Maschine mit britischen Urlaubern in derselben abscheulichen Weise beschrieben hätte. Lawrow würde das natürlich nie tun. Dafür zeigt er zu viel Menschlichkeit.
Malaysia Airlines 17 vs. Malaysia Airlines 370 und Malév 240
So wie an Land, so sind auch in der Luft einige gleicher als andere. Wir alle wissen, was der Flug MH17 bedeutet, oder nicht? Das war der Flug der Malaysia Airlines auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur am 17. Juli 2014. Daran erinnern wir uns, weil der anklagende Zeigefinger des Westens auf Russland und die prorussischen Rebellen deutete, die eine Buk-Flugabwehrrakete abgeschossen haben sollen. Das diente als Vorwand dafür, weitere Sanktionen gegen Russland zu verhängen.
Aber was ist mit MH370? Das ist heute weniger in Erinnerung, obwohl dieser Flug nur wenige Monate vor MH17 verunglückte. Um Ihre Erinnerung aufzufrischen: MH370 war der Malaysia-Airlines-Flug von Kuala Lumpur nach Peking, der sich buchstäblich in Luft auflöste, mit 239 Personen an Bord. Nur kann man Russland dafür nicht im Geringsten verantwortlich machen. So ist das Ganze aus den Schlagzeilen verschwunden. Damit lassen sich keine geopolitischen Punkte machen. Kein Vorwand, um zusätzliche Sanktionen zu verhängen. Die Neocons sind nicht weiter interessiert.
Flugzeuge können abgeschossen werden, absichtlich oder versehentlich. Wenn es allerdings die "Guten" sind, die so etwas tun oder von denen vermutet wird, dass sie es getan haben, dann erwarten Sie nicht, daran erinnert zu werden. Der vor MH370 weltweit "rätselhafteste" Flugzeugunfall war derart geheimnisvoll, dass wir selbst nach über 40 Jahren bei der Frage, wer dafür verantwortlich ist, im Dunkeln tappen. Dabei handelte es sich um die Explosion oder den Unfall des Malév-Flugs MA240 über dem Meer nahe Beirut im September 1975, wobei 60 Menschen ums Leben kamen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Machine vom Typ Tupolew Tu-154 auf ihrem Weg von Budapest in den Libanon von einer Rakete abgeschossen wurde.
Nur weshalb? An Bord der Maschine vermutete man eine große Delegation von PLO-Aktivisten, die den Flug aber schließlich nicht angetreten hatte. Erst wenige Tage zuvor hatte die PLO ein Büro in Budapest eröffnet. Es gab den Verdacht, dass die Maschine militärische Ausrüstung an Bord haben könnte. War sie versehentlich abgeschossen worden (Beirut war seinerzeit Kriegsgebiet) oder hatte jemand absichtlich auf das Flugzeug gezielt, angesichts dessen, was und wer an Bord vermutet worden war?
Irgendetwas ging damals vor sich, doch die ganze Geschichte bleibt weiterhin ein großes Geheimnis. Ein Bericht dazu blieb 2007 in Ungarn streng geheim, lange nachdem die Kommunisten von der Macht verschwunden waren.
Wir werden womöglich nie wissen, was mit den Flügen MA240 und MH370 geschah. Aber wenn dafür nur irgendwie ein geopolitischer Gegner des Westens verantwortlich gemacht werden könnte, dann darf man davon ausgehen, dass sich das ganz schnell ändert.
Neil Clark ist Journalist, Autor, Rundfunksprecher und Blogger. Sein preisgekrönter Blog ist unter www.neilclark66.blogspot.com zu finden. Er twittert über Politik und Weltgeschehen @NeilClark66.
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