Meinung

AfD-Wahlkampfabend in Brandenburg: "Besser als Kino!"

Die Politikerziehung findet nicht nur in den eigenen vier Wänden statt, sondern auch in der Schule. Was lernen unsere Sprösslinge da, und wie verantwortungsvoll gehen die Lehrer mit diesem wichtigen Thema um? Ein Selbsttest mit einem Gymnasiasten aus Brandenburg förderte Erstaunliches zutage.
AfD-Wahlkampfabend in Brandenburg: "Besser als Kino!"Quelle: RT

von Lars Diebold

Florian (Name geändert) ist 15 Jahre alt und Schüler auf dem Humboldt-Gymnasium in Eichwalde/Brandenburg, das zum Berliner Speckgürtel zählt. Mit Politik hat er eigentlich nichts am Hut und interessiert sich für Dinge, die in einer vernetzten Welt üblich sind. Doch seit dem Hype um die junge schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg und dem Aufkommen der "Fridays for Future"-Bewegung hat sich etwas verändert.

Plötzlich scheint ihn die Politik zu interessieren, zumindest oberflächlich. CDU ist "scheiße", heißt es eines Abends. Nachgefragt, wie er auf diese Einschätzung gekommen ist, nennt er das Video "Die Zerstörung der CDU" des Youtubers Rezo. Und die AfD sei noch schlimmer, weil dort nur Rassisten und Nazis sind. Ob er sich denn überhaupt schon mal mit dem Thema auseinandergesetzt hat oder irgendjemanden kennt, der mit der AfD sympathisiert, frage ich. Nein, das nicht. Aber in der Schule wird das behauptet, und die werden ja wohl wissen, was sie sagen, lautete die Antwort.

Beides zeigt, über welchen Einfluss sowohl das Internet als natürlich auch die Schule auf unsere Kinder haben, die Wählerinnen und Wähler von morgen. Von Neutralität und Objektivität scheint man zumindest auf diesem Gymnasium nicht viel zu halten, stattdessen werden die Schülerinnen und Schüler in die Richtung der "Fridays for Future"-Bewegung gelenkt, ohne darüber aufzuklären, welche Interessen hinter der Fassade des Aushängeschilds Greta Thunberg stehen.  

Als parteiloser Verfechter einer pluralistischen Demokratie habe ich es vermieden, mich abfällig über die eine oder andere Partei zu äußern. Aus diesem Grund schlug ich am 30. Juli meinem Sohn überraschend vor, der Langeweile der letzten Ferienwoche zu entrinnen und an einer Politveranstaltung am Abend teilzunehmen. Zur Auswahl standen die Landtagswahlkämpfe der CDU mit Friedrich Merz in Zeuthen und der AfD mit deren Spitzenkandidaten Andreas Kalbitz und Direktkandidaten Dennis Hohloch in Eichwalde.

Da ich Florian nicht von Anfang an mit den Parteien abschrecken wollte, fragte ich ihn zunächst, wohin er gehen wolle, ob nach Zeuthen oder Eichwalde. Er entschied sich für Eichwalde. Erst auf dem Weg zum Veranstaltungsort klärte ich ihn darüber auf, dass es sich um eine AfD-Veranstaltung handelt. Warum ich ausgerechnet eine Veranstaltung von dieser Partei der Rassisten besuchen möchte, fragte er mich unterwegs. Darauf erwiderte ich meinem Sohn nur, dass es wichtig sei, sich selbst ein Bild von irgendjemanden oder irgendetwas zu machen, um sich eine eigene Meinung bilden zu können. Ein Besuch bedeute schließlich noch lange nicht, dass man die Person oder in dem Fall auch die Partei gut finden müsse, aber man sollte sich schon die Mühe machen, sich offen für verschiedene Ansichten zu zeigen. Das gilt nicht nur für die Politik, sondern generell im Leben.

Am Veranstaltungsort in der "Villa Mosaik" angekommen, warnten bereits AfD-Gegner die wartenden Besucher mit Plakaten vor den "Rassisten". Zu meiner eigenen großen Überraschung waren unter den Besuchern auch einige junge Menschen, insgesamt waren es wohl etwa 50 Personen.

Dennis Hohloch, ein 30-jähriger Lehrer, eröffnete den Abend mit der Vorstellung seiner Person und von Andreas Kalbitz, dem Spitzenkandidaten der AfD-Brandenburg. Hohloch stellte klar, dass die Reden kurz gehalten werden und sich anschließend der weitere Verlauf des Abends im Format des Bürgerdialogs gestalten soll. Man könne alle Fragen stellen, bequeme und unbequeme, solange man sich an die elementarsten Anstandsregeln der Konversation hält.

Nach nur wenigen Minuten fielen bereits zwei Frauen auf, die davon offensichtlich nur sehr wenig hielten. Immer wieder störten sie die Redner mit Zwischenrufen, gaben sich mit Antworten nicht zufrieden oder verdrehten sie vollends, ließen weder die Redner noch die anderen Gäste ausreden und suchten am Ende sogar den Streit mit ihnen. Und das alles vor den zwei kleinen Töchtern, die eine der beiden Frauen mit dabei hatte.

Immer wieder wurden sie von Hohloch aufgefordert, sich an die Gesprächs- und allgemeine Anstandsform zu halten, und er appellierte an ihre Rolle als Vorbild gegenüber ihren Kindern, doch das alles prallte an der Streitlustigkeit der beiden Damen ab. Selbst als mit dem Hinauswurf – entweder "freiwillig" oder mithilfe der Polizei, die zum Schutz der Politiker in der Nähe stand –, gedroht wurde, ließ sich die Situation nicht beruhigen. Erst als die Töchter so eingeschüchtert von dem ganzen Gezeter waren, verließen die beiden Frauen den Raum.

"Das ist besser als Kino!", kommentierte ein grinsender Florian diese nicht wirklich schönen Szenen. Interessiert hörte er danach weiterhin den Eckpunkten der Diskussionen zu, die sich entlang dem Parteiprogramm für die Landtagswahl am 1. September orientierten. Statt Nazi-Parolen und Rassisten fand er Besucher vor, die sich von der Entwicklung seit der Wende und Wiederangliederung Ostdeutschlands an die Bundesrepublik enttäuscht zeigen, und sich von den Altparteien nicht mehr länger politisch vertreten fühlen. Ob eine AfD eine für sie bessere Politik machen kann, ob sie die von den anwesenden Bürgerinnen und Bürgern geäußerten Sorgen tatsächlich besänftigen kann, steht dabei auf einem ganz anderen Blatt Papier geschrieben.

Doch für Florian hat sich dieser Abend zumindest in einer Hinsicht gelohnt, wie er danach selbst zugeben musste. Die AfD würde er zwar nach wie vor nicht wählen, aber es hat ihm geholfen, die von der Schule und Medien vermittelten Vorurteile abzubauen. Das Beispiel der zwei Frauen zeigte ihm zusätzlich noch, was Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seiner Weihnachtsansprache gemeint hat. Die Deutschen würden immer seltener miteinander sprechen, sagte Steinmeier, "und noch seltener hören wir einander zu." Deshalb "müssen wir wieder lernen zu streiten, ohne Schaum vorm Mund" zu haben.

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