Meinung

Das Große Erwachen in der SPD nach arrogantem US-Auftritt in München

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz haben die USA erstmals deutlichgemacht, dass die Beziehung der "europäischen Partner" zu Washington die der treuen Vasallen sein soll. In einem SPD-Treffen mit Heiko Maas und Katarina Barley begann dann prompt das Große Erwachen.
Das Große Erwachen in der SPD nach arrogantem US-Auftritt in MünchenQuelle: AFP © John Thys

von Zlatko Percinic

Als Teil einer Reihe von Veranstaltungen zum Europawahlkampf lud die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) gemeinsam mit ihrer Spitzenkandidatin für die Europawahl, der aktuellen Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD), zu einem "Programmforum Frieden" ein. Das Thema lautete sinnigerweise "Mit Europa – Für mehr Frieden in der Welt".

Weitere Redner waren Außenminister Heiko Maas (SPD) und Dr. Ronja Kempin, eine Europaexpertin von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Auch Rudolf Scharping, ehemals Verteidigungsminister (1998 – 2002) unter Gerhard Schröder, gab sich an diesem Abend die Ehre und besuchte die Veranstaltung.

Obwohl es eigentlich um den Wahlkampf von Dr. Katarina Barley ging, überschatteten Vorfälle auf der erst zwei Tage zuvor zu Ende gegangenen, diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz den Anlass des Abends. Es ging nämlich zunächst um den Auftritt des US-Vizepräsidenten Mike Pence, der in seiner Rede von den Europäern "Gefolgschaft" einforderte, wie Maas konsterniert feststellen musste. Dass die USA das wünschen, ist an sich nichts Neues. Deshalb stellt sich die Frage, ob es vielleicht eher der Tonfall ist, der in Berlin und anderen europäischen Hauptstädten gar nicht mehr so gut ankommt.

Der deutsche Außenminister zeigte sich dann auch sichtlich enttäuscht über die Feststellung, dass die USA obendrein die Europäische Union unumwunden als wirtschaftlichen Konkurrenten betrachten und entsprechend behandeln. Die verhängten Strafzölle auf deutsche Stahl- und Aluminiumprodukte sind nur ein Beispiel der Symptome dieser Einstellung der Vereinigten Staaten, die aus nationalen Erwägungen keine ausländische Konkurrenz für Branchen mehr dulden wollen, die sie als systemrelevant einstufen.

Einen weiteren Dämpfer in der ganz "besonderen" Beziehung zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika versetzte der Rückzug der USA aus verschiedenen internationalen Verträgen und Abkommen. So ist es eben nicht etwa Russland - wie das stets allzu gern von Medien und Politikern hierzulande behauptet wird - das die internationale Ordnung, deren Institutionen und anerkannte Rahmenvereinbarungen durcheinanderbringt, sondern der Partner auf der anderen Seite des Atlantiks. Eine Antwort auf diese Entwicklung könne nur Europa selbst sein, sagte Maas, und "Deutschland muss der Motor" dafür werden.

Selbstverständlich spielte auch Russland eine Rolle an diesem Abend, aber eine weit weniger prominente, als das vielleicht noch vor der Münchner Sicherheitskonferenz der Fall gewesen wäre. Natürlich sieht die Bundesregierung krampfhaft weiterhin Moskau als verantwortlich für den Ausstieg der USA aus dem INF-Vertrag, weil ja "bedauerlicherweise die Informationen, die wir haben", eine Schuld Moskaus nahelegen. Aber Europa, oder - präzise gesagt - die gern für ganz Europa sprechende Europäische Union, dürfe die Diskussion darüber nicht alleine der NATO überlassen, sondern müsse sich in "diese Debatte einmischen".

Dass gerade der deutsche Außenminister Heiko Maas diesen Punkt so explizit erwähnt, ist von besonderer Bedeutung. Denn es ist schließlich nicht so, dass "die Europäer" diese Debatte nicht innerhalb der NATO führen könnten. Schließlich gibt es NATO-Außenminister- sowie Verteidigungsminister-Treffen, an denen jedes Mitgliedsland teilnimmt. Dass Maas nun aber fordert, dass die Europäische Union sich aktiv in die sicherheitspolitischen Belange Europas bei der NATO einmischen solle, deutet darauf hin, dass man außerhalb der Treffen dieser transatlantischen Allianz offenbar einige Dinge anders zu bewerten beginnt.

Wie zum Beispiel die Frage, was denn überhaupt Frieden bedeutet. Katarina Barley ließ es sich nicht nehmen, darauf hinzuweisen, dass es diesbezüglich doch tatsächlich wohl verschiedene Auffassungen gibt. Und möglicherweise ist sie selbst der Meinung, dass die NATO dem Frieden in Europa im Wege steht.

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