Meinung

"Hitler – ein Merkel-Fan!" – BILD irrlichtert im Führer-Fieber

Bild macht auf Long Island einen Großneffen Adolf Hitlers ausfindig und nötigt ihn zu einer Art Interview. Was als journalistische Großtat gefeiert wird, ist in Wirklichkeit ein Armutszeugnis - und ein weiterer Beitrag zur medialen Geschichtsklitterung
"Hitler – ein Merkel-Fan!" – BILD irrlichtert im Führer-Fieber© Screenshot: Meedia.de

von Andreas Richter

"Letzter Hitler bricht sein Schweigen!" lautete die Bild-Schlagzeile vom Montagmorgen. So kann man es nennen, wenn ein bedauernswerter älterer Herr von einem aufdringlichen Reporter dazu genötigt wird, durch die halbgeschlossene Tür ein paar Fragen zu beantworten. Der Mann ist einer der drei Großneffen des "Führers", die auf Long Island im US-Bundesstaat New York leben.

Bild schickt also einen Reporter dorthin, der im dritten Anlauf ein paar Worte mit einem der drei angeblichen Hitlers wechseln kann, ein Kollege schießt inzwischen, wahrscheinlich heimlich, von der Straße aus ein verwackeltes Foto. Das Gespräch bringt wenig Berichtenswertes. Erfreulich für die Bild: Der Mann findet Merkel toll und kann Trump nicht leiden.

Um das Gespräch aufregender zu gestalten, nennt Bild den Interviewten immer wieder Hitler, obwohl die Zeitung selbst darauf hinweist, dass er einen anderen Nachnamen trägt: "Hitler trägt kurze Hose", "Hitler fährt Hyundai", "Hitler mag Merkel".

Und natürlich ist es mit einem einzelnen Artikel nicht getan: Auf "Letzter Hitler bricht sein Schweigen!" folgen "Warum hatte Hitler keine Kinder?" und "Hitlers Großneffe liebte eine Jüdin". Weitere Fortsetzungen sind zu befürchten, unter anderem warten noch die Themen Hitlers Schäferhunde, Hitlers Ernährung und Hitlers Verdauung.

Nun ist Bild längst nicht das einzige Medium, dass mit Hitler-Titeln Auflagen und Klickzahlen zu steigern versucht. Der Spiegel macht regelmäßig das gleiche, notorisch sind auch die Hitlerdokus des ZDF. Kein Aspekt des Privatlebens dieser Person ist abseitig genug, um von den deutschen Medien nicht unter die Lupe genommen zu werden. Ein Nebeneffekt dieses medialen Kollektivwahns besteht darin, dass das NS-Regime als Werk eines einzelnen Irren begriffen werden kann.

Deshalb sollten sich Bild und Co. endlich neue Hitlerthemen suchen: Wie wäre es mit "Hitlers Freunde und was sie und ihre Nachkommen heute so treiben?" Wer bei Demonstrationen wie denen in Chemnitz regelmäßig das Vierte Reich vor der Tür stehen sieht, muss vielleicht daran erinnert werden, dass die Nazis seinerzeit nicht als Graswurzelbewegung an die Macht gelangten, sondern ihnen diese von den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Eliten des Landes ordnungsgemäß übergeben wurde.

Und was erwarteten die damaligen Eliten von den neuen Herren? Zum einen das Niederhalten der organisierten Arbeiterschaft und der Löhne, zum anderen ein neues imperiales Projekt für ein deutsches Europa. Na Bild, klingelt da was? Nein? Dann mal weiter mit Hitlers Schäferhunden.

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