Meinung

Exklusiv: Ein britischer Geheimdienst-Oberst als Verbindungselement zwischen Skripal und Syrien

Der ehemalige Oberst der britischen Armee und NATO-Kommandeur Hamish de Bretton-Gordon spielt eine Schlüsselrolle in der Skripal-Affäre. Er ist auch ein entscheidender Stichwortgeber, wenn es um Chemiewaffen in Syrien geht - und trainiert die Weißhelme im Umgang mit diesen.
Exklusiv: Ein britischer Geheimdienst-Oberst als Verbindungselement zwischen Skripal und SyrienQuelle: Reuters © Reuters

von Jürgen Cain Külbel

In dieser Analyse gehe ich der kriminalistischen Frage nach, ob zwischen den angeblichen C-Waffen-Angriffen in Syrien, zuletzt in Duma bei Damaskus, und dem Giftanschlag auf den Ex-Doppelagenten Segej Skripal und dessen Tochter im britischen Salisbury ein Zusammenhang besteht, und ob eine britische „special op“ dahinter stecken könnte. Selbstredend sind nur wenig Informationen zugänglich, eine exakte kriminalistische Untersuchung kaum möglich -  doch es existieren Fakten.

Untersuchungsfrage:

Tage vor dem Mordversuch in Salisbury endete Großbritanniens Übung zum Umgang mit chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Waffen (CBRN), genannt „Toxic Dagger“ („vergifteter Dolch“). Gibt es einen Bezug zwischen der Übung und dem Mordanschlag?

Ermittlungsergebnis:

Salisbury Plain, eine Hochebene in Südengland, berühmt für das in der Jungsteinzeit errichtete Stonehenge, ist bestückt mit militärischen Anlagen, Sperrgebieten, Übungsplätzen der britischen Armee. Darunter das 1943 geräumte Dorf Imber, einst Trainingsgebiet für US-Truppen, heute von britischen Soldaten genutzt, sowie Porton Down, die Forschungsanlage der Defence Science and Technology Laboratory (DSTL), deren Arbeiten geheim sind.

Bis kurz vor dem Mordanschlag in Salisbury absolvierten dort das 40 Commando der Royal Marines und das DSTL die größte jährliche CBRN-Übung Großbritanniens. Das dreiwöchige Programm, unterstützt von Public Health England (PHE) und The Atomic Weapons Establishment (AWE), simulierte realistische Angriffe und Szenarien und schloss mit einer Übung ab, an der Wissenschaftler aus Regierung und Industrie sowie 300 Militärangehörige teilnahmen.

Major Rob Garside, 40 Commando Royal Marines, sagte: „Durch die Zusammenarbeit mit DSTL verfügen wir über die aktuellsten Informationen und eine realistische Übung. Dies stellt sicher, dass wir gut auf CBRN-Rahmenbedingungen vorbereitet sind. Es ist entscheidend, dass wir schnelle Entscheidungen treffen können und Spezialisten schützen und unterstützen können, die sich mit den Vorfällen befassen. Bei Operationen stehen diese Spezialisten zur Beratung bereit und wir müssen sicherstellen, dass wir bereits ein starkes Verständnis für ihre Fähigkeiten haben und was sie von uns als militärischer Kraft verlangen.“

Der Leiter von DSTL ergänzte: „Das 40 Commando (also die Marines) würde im Falle eines CBRN-Vorfalls zuerst am Platz sein. Wir stellen sicher, dass sie über die neuesten Bedrohungen auf dem Laufenden sind und die Übung wirklich realistisch machen. Sie müssen nicht nur eine Streitmacht in einer instabilen Umgebung zur Verfügung stellen, sie müssen auch in der Lage sein, die Szene zu beurteilen und müssen wissen, womit sie es zu tun haben.“

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Wie dem auch sei. Tage später ging die Übung „Toxic Dagger“ nahtlos in die „Operation Morlop“ über: 180 britische Soldaten, die an „Toxic Dagger“ teilgenommen hatten, wurden nun „auf Anfrage der Polizei“ nach Salisbury verlegt, um die vom Giftanschlag auf die Skripals tangierten Örtlichkeiten zu dekontaminieren und ein Fahrzeug aus dem Unfall- und Noteingang des Salisbury Hospital in Wiltshire zu evakuieren. Randbemerkung: Sämtliche militärische Einsatzkräfte trugen Schutzmasken der Firma Avon Protection Systems.

Untersuchungsfrage:

Am 4. März 2018 wurden der 66-jährige Sergej Skripal und seine Tochter Julia bewusstlos auf einer Parkbank in Salisbury aufgefunden. Wie kam es zu der Behauptung, Russland sei in die Vergiftung der Skripals mit dem Nervenkampfmittel Nowitschok verwickelt?

Ermittlungsergebnis:

Die Skripals lagen noch nicht richtig in ihren Krankenbetten, da meldete sich ein gewisser Hamish de Bretton-Gordon am Montag, den 5. März 2018 auf Twitter und zog erste „Parallelen zu Litwinenko und Markow“; zwei Morde, die in London geschahen: Der russische Dissident Alexander Litwinenko war 2006 durch radioaktives Polonium beseitigt worden, der bulgarische Dissident Georgi Markow 30 Jahre früher mittels eines vergifteten Regenschirms. Nach britischer Lesart war Moskau darin verwickelt.

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Zwischen dem 6. und 8. März 2018 reiste de Bretton-Gordon nach Abu Dhabi zur „Internationalen Fachmesse für Sicherheit und Heimatschutz (ISNR) 2018“. Für den Morgen des 6. März hatte der Verteidigungs- und Sicherheitssektor der Amerikanischen Handelskammer von Abu Dhabi, die British Business Group, das kanadische Business Council und die französische Business Group zu einem „Netzwerk-Frühstück“ eingeladen. „Hamish de Bretton-Gordon, Managing Director CBRN bei Avon Protection, dem anerkannten Weltmarktführer für Atemschutzsystemtechnologie, der sich hauptsächlich auf Militär, Strafverfolgung, Brandbekämpfung und Industrie spezialisiert hat“, hielt den Vortrag.

Was ihn nicht davon abhielt, von Abu Dhabi aus den medialen Taktgeber im Fall Skripal zu spielen und diesen als „Neuauflage des klassischen FSB“ (russischer Geheimdienst) zu charakterisieren. Am 7. März 2018, noch immer in Abu Dhabi, holte ihn der TV-Moderator  Jon Snow von Channel 4 vor die Kamera. Dem britischen Sender sagte de Bretton-Gordon: „Nervenkampfstoff ist nicht das, was du in deinem Schuppen zusammenschustern kannst.“ Auf die Frage, ob der Gebrauch des Nervenkampfstoffes auf einen staatlichen Akteur hinweist, deutete er unverzüglich Richtung Russland. Dem Londoner Telegraph sagte er an jenem Tag: „Die zitternden Hände, und auch ich habe es so beschrieben, dass er (Skripal) wie eingefroren aussieht, das ist es, was Nervenkampfstoffe tun, weil sie deine Nerven zerstören.“

Am 8. März twitterte er freudig erregt von Abu Dhabi aus ein Zeitungsfoto, das Einsatzkräfte in Salisbury in Schutzanzügen und mit Schutzmasken zeigt: „Nervenkampfmittel in Salisbury – die Polizei benutzt Gasmasken von Avon Protection – Das Beste für die Besten”. Eigenwerbung darf schon sein – und geschäftliche Beziehungen zum britischen Verteidigungsministerium können nie schaden. Da rollt der Rubel, Verzeihung, das Pfund.

Erst am 9. März 2018 deutete Großbritanniens Verteidigungsminister Gavin Williamson als erster offizieller Regierungsvertreter im britischen TV-Morgenmagazin Good Morning Britain an, dass Russland „eine immer größere Bedrohung werde”. Er lehnte es jedoch noch ab zu sagen, ob Russland hinter dem Angriff auf die Skripals steckt. Am 11. März 2018, nun wieder zurück in Großbritannien, schlaumeierte Hamish de Bretton-Gordon im Londoner Express:

Wir (sic!) wissen, dass es ein Nervenkampfstoff ist, und sowohl Sarin als auch VX wurden offiziell ausgeschlossen, was Nowitschok übrig lässt. Es ist so konzipiert, dass es in keiner standardmäßigen chemischen Sicherheitsprüfung nachweisbar ist. Skripal hätte es nur berühren müssen, als er ein Paket öffnete, damit es in seinen Blutkreislauf aufgenommen wurde. Es hätte ungefähr 40 Minuten gedauert, bis er die Auswirkungen gespürt hätte. Nervenkampfstoffe haben normalerweise eine hohe Viskosität, was es schwierig macht, sie aus kleinen Behältern zu sprühen. Aber es hätte nur eine sehr kleine Menge gebraucht, die in das Päckchen gelegt wurde, um erfolgreich auf Skripal zu zielen. Es kann auch in Pulverform geliefert werden.

De Bretton-Gordon behauptete gar, die Russen besäßen genug Nowitschok, um mehrere hunderttausend Menschen zu töten. Und er warnte, dass es auch für diejenigen, die damit in Kontakt kommen, „versteckte Kosten“ geben könnte: „Mutationen in der nächsten oder zukünftigen Generation“. Am 12. März, als Hamish de Bretton-Gordon die „Angst“ umtrieb, wonach die  Substanz aus Salisbury genauso giftig sei „wie die Kampfstoffe, die wir (sic!) in Syrien finden“, verkündete er in der BBC: „Nowitschoks sind Super-Nerven-Kampfstoffe, die von der ehemaligen Sowjetunion entwickelt wurden. Wenn es ein Nowitschok ist, weist es sehr direkt nach Moskau.“ Dem Sender Sky News erklärte er, dass Nowitschok schwer zu beschaffen sei, „was die Wahrscheinlichkeit einer Beteiligung eines staatlichen Akteurs bei der Vergiftung erhöht“. Natürlich Russland.

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Am späten Nachmittag des 12. März 2018 war es dann endlich soweit: die britische Premierministerin Theresa May hatte endlich die Stimme des Herrn de Bretton-Gordon erhört und verkündete im Londoner Parlament, dass „höchstwahrscheinlich“ Russland für das Attentat auf Skripal verantwortlich sei; dies habe eine Analyse des verwendeten Gifts ergeben. Schließlich berät Hamish de Bretton-Gordon seit Jahren hochrangige Mitglieder der britischen Regierung und des Militärs in Sachen CBRN und vermeintlicher Chemiewaffen-Angriffe in Syrien. Doch das ist längst nicht alles.

Wer ist Hamish de Bretton-Gordon?

Oberst a. D. Hamish de Bretton-Gordon diente 23 Jahre lang in der britischen Armee. Der heute 54-Jährige war Kommandeur des CBRN-Regiments und des Rapid Reaction CBRN Battalion der NATO. Danach, man merke auf: stellvertretender Direktor der Nachrichtendienstüberwachung und Aufklärungslandstreitkräfte im Londoner Verteidigungsministerium. Als Soldat und Offizier war er in beiden Golfkriegen, auf Zypern, in Bosnien, Kosovo, Irak und Afghanistan, wo er an “hochgeheimen Operationen“ teilnahm. Im Jahr 2005 erhielt er dafür den britischen Ritterorden „Order of the British Empire“.

Nach dem Ausscheiden aus dem Militärgeheimdienst im Jahre 2011 wurde de Bretton-Gordon Direktor von SecureBio Ltd., einer im Nordwesten Englands registrierten Firma. Seine Social-Media-Accounts platzieren SecureBio Ltd. jedoch nach Porton Down in Wiltshire, wo er selbst eine hübsche Villa bewohnt und sich das bereits genannte Chemiewaffenlabor DSTL befindet. Obwohl SecureBio Ltd. über eine beeindruckende Liste von „Kunden mit besonders hohem Wert“ verfügte, ging das Unternehmen im Juni 2015 freiwillig in die Liquidation. Beobachter meinen, SecureBio Ltd. war nichts weiter als eine Frontorganisation, um die nie abgerissenen Verbindungen zwischen de Bretton Gordon, dem Militär, dem Geheimdienst und der britischen Regierung zu verschleiern. Noch immer behauptet er, Direktor von SecureBio zu sein, erwähnt indes nicht, dass die Firma im August 2017 mit Schulden in Höhe von 715.000 Pfund aufgelöst wurde.

De Bretton-Gordon war bereits im Jahr 2014 bei Avon Protection Systems, stationiert in Melksham, Grafschaft Wiltshire, untergekommen; und zwar als Managing Director für CBRN. Auf der Webseite des anerkannten Weltmarktführers im Bereich Atemschutzsystemtechnik heißt es: „Wir liefern Atemschutzgeräte an das britische Verteidigungsministerium und andere NATO-Verbündete seit den 1920er Jahren, und wir sind der primäre Lieferant von CBRN-Atemschutzgeräten für alle Armee-, Marine-, Air Force- und Sondereinsatzkräfte des US-Verteidigungsministeriums.“

Oberst a. D. de Bretton-Gordon verkauft also Gasmasken; eben diejenigen, die auch die Einsatzkräfte der britischen Armee in Salisbury trugen; taufrisch sozusagen – erst im Februar 2018 hatte Avon Rubber, die Muttergesellschaft von Avon Protection Systems, annonciert, einen Fünf-Jahres-Vertrag über 16 Millionen Pfund mit dem britischen Verteidigungsministerium über die Lieferung von Beatmungsgeräten abgeschlossen zu haben. Bereits im November 2017 hatte das Unternehmen einen wahnwitzigen Deal mit dem US-Verteidigungsministerium in Höhe von 8 Milliarden US-Dollar über die Lieferung von CBRN-Ausrüstung ausgeheckt. Dabei verbuchte Avon Protection Systems 2017 bereits 50 Millionen Pfund Einnahmen aus Verträgen mit dem US-Militär und 63 Millionen Pfund aus Einnahmen für „Schutz- und Verteidigung“ in Großbritannien.

Untersuchungsfrage:

Tit for tat? Sind hochkarätige Verträge mit dem britischen und US-amerikanischen Verteidigungsministerium an Gegenleistungen gebunden?

Ermittlungsergebnis:

Eigentlich spielen sich Leben und Arbeit von de Bretton-Gordon so ganz und gar nicht bei Avon Protection Systems ab. Wenn er nicht gerade die Londoner Regierung auf höchster Ebene über CBRN berät oder auf BBC, Sky News, Al Jazeera und CBS News als Experte für Chemiewaffenangriffe in Syrien auftritt, die er seit Jahren beharrlich und einzig dem „Diktator Assad“ unterjubelt,  bereist er die Konfliktherde dieser Welt oder ist in diversen Nichtregierungsorganisationen aktiv. Da bleibt kaum Zeit für eine echte Kunden-Aquise oder die Tätigkeit als Managing Director. In den vergangenen 3 bis 4 Jahren hielt sich de Bretton-Gordon, der „Experte für chemische und biologische Terrorismusbekämpfung und Kriegsführung“ nur allzu häufig in Syrien, im Irak, im Mittleren und Nahen Osten auf, um dort in Terrorismus- und CBRN-Bekämpfung zu beraten oder gewisse Kräfte zu „schulen“.

Auf „Probensuche“ in Syrien

Im Jahr 2013 reiste er „undercover“ nach Syrien. In jener Zeit, am 22. März 2013, titelte The Times: „MI6 testet aus Syrien geschmuggelte Bodenproben auf Nervenkampfstoff“. Wissenschaftler in Porton Down, so das Blatt, untersuchten eine Probe auf Sarin, die „in einer geheimen Mission“ unter Beteiligung des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6 aus Aleppo herausgebracht worden war. Syrische „Rebellen“ behaupteten, sie seien von der syrischen Armee mit der Chemiewaffe angegriffen worden. Beamte des US-Verteidigungsministeriums drangen auf Beweise, um sie den Vereinten Nationen, die eine Untersuchung des angeblichen Angriffs angekündigt hatte, präsentieren zu können. Die britische „Untersuchung“ kam, nachdem US-Präsident Barack Obama vom israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu unter Druck gesetzt wurde, etwas zu tun.

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Obama warnte daraufhin, dass jeder Schritt des syrischen Regimes, chemische Waffen gegen die Oppositionskräfte einzusetzen, ein „game changer“ wäre. Wenn Porton Down also Hinweise auf chemische Substanzen in Bodenproben fände, würde der Druck auf die internationale Gemeinschaft zunehmen, militärische Maßnahmen gegen das syrische Regime zu ergreifen. Das Untersuchungsergebnis war nicht zufriedenstellend, der politische Erfolg blieb aus. Insider vermuten nicht ohne Grund, dass de Bretton-Gordon an dieser „undercover“-Aktion beteiligt gewesen war.

Längst ist bekannt, dass er seit spätestens 2013 „mit US-amerikanischen Netzwerken und britischen Zeitungen zusammengearbeitet“ habe, um immer wieder „chemische Proben aus Syrien zu schmuggeln zwecks Verifizierung in Großbritannien und Frankreich.“ Auf einem Seminar beim britischen Zentrum für Forensische Wissenschaften am 3. März 2016 präsentierte er sich auch dementsprechend: Seit dem Beginn des Syrien-Konflikts sei er mehrere Male in das Konfliktgebiet entsandt worden, wo er im Auftrag der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) beim Aufbau einer CBRN-Taskforce mitgewirkt habe.

Darüber hinaus unterstützte er 32 Krankenhäuser und Kliniken in ganz Syrien, an denen er Ärzte ausgebildet habe, wie sie Chlor-Opfer behandeln und Beweise sammeln können, die vor Gericht weiterverwendet werden können. Zu seinen Bemühungen in Syrien gehört auch, Zivilisten auszubilden, wie sie sich gegen chemische Waffen schützen können. Bei einem Treffen der „Freunde Syriens“ im Westminster-Palast am 13. September 2017 plauderte er aus: „Ich bin heimlich in Syrien gewesen, um Beweise für Angriffe mit chemischen Waffen zu sammeln, und habe sie der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) und der UNO übergeben.“ Allerdings ergab eine Nachfrage von RT Deutsch bei der OPCW: „Mit der OPCW hat (und hatte) er nichts zu tun.“

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Über Qualität und Wertigkeit von de Bretton-Gordons Arbeit mit den Proben aus Syrien gibt ein Bericht des Telegraph vom 29. April 2014 Auskunft. Die Zeitung schrieb, es habe zusammen mit de Bretton-Gordon Tests durchgeführt und „unmissverständlich bewiesen, dass das „syrische Regime in den vergangenen zwei bis drei Wochen Chlor und Ammoniak gegen seine eigenen Zivilisten eingesetzt hat“. Fässer mit Chlorgas und Ammoniak seien in Idlib von Hubschraubern abgeworfen wurden. The Telegraph hatte von einem gewissen „Dr. Ahmad“, dessen Identität nicht preisgegeben wurde, Bodenproben erhalten. Dieser „Dr. Ahmad“ war zuvor von de Bretton-Gordon trainiert worden, wie solcherart Proben eingesammelt werden. „Unter der Aufsicht von The Telegraph prüfte de Bretton-Gordon die Proben auf Chlor und Ammoniak, und die Ergebnisse der Analyse waren bald klar: ‚In jeder der Proben haben wir Beweise für Chlor gefunden‘“. De Bretton-Gordon freute sich: „Zum ersten Mal gibt es unabhängig gesammelte und produzierte Beweise dafür, dass das Regime Chlor und Ammoniak verwendet hat.“ Die Zeitung hat also aufgepasst, dass die Expertise auch fach- und sachgerecht erfolgte. Was für eine Scharlatanerie.

Der Ex-Nachrichtendienstler und Chemiewaffen-Experte de Bretton-Gordon war aber auch fleißig für die andere Seite des Atlantiks. Laut Homeland Security Today vom 22. Mai 2015 „sammelte und analysierte er Mitte April 2015 Proben des (vermeintlichen) Chlorangriffs in Sarmin, Syrien“, die seinerzeit „von der US-Botschafterin Samantha Power dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt wurden“. Er arbeitet also den Regierungen zu, die seit Jahren Tag für Tag damit hausieren gehen, Assad vergase sein eigenes Volk.

Das Sandhurst-Nest: „Doctors Under Fire“ und die „Weißhelme“

Hamish de Bretton-Gordon „schult“ seit 2013 aber auch syrische Aktivisten, Ärzte und Ersthelfer im Umgang mit chemischen Angriffen und gefährlichem Material. Seine „Ausbildungsprogramme“ begannen 2013 in der Türkei. Seit November 2016 ist er nun auch Direktor der in Edinburgh gegründeten NGO "Doctors Under Fire", die sich ebenfalls in Syrien herumtreibt; unter den vier „Gründungsmitgliedern“ befinden sich zwei Absolventen der Königlichen Militärakademie im britischen Sandhurst: Saleyha Ahsan, die erste Muslimin, die dort einen Offiziersgrad erhielt, sowie Hamish de Bretton-Gordon selbst.

Des Weiteren berät de Bretton-Gordon seit längerem auch die medizinische Hilfsorganisation „Union of Medical Care and Relief Organizations“ (UOSSM), eine „Koalition humanitärer, nichtstaatlicher und medizinischer Organisationen in den Vereinigten Staaten, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Schweiz und Türkei“, die ebenfalls in Syrien aktiv ist, und dort mit den berüchtigten „White Helmets“ („Weißhelme“) verbunden ist und deren Operationen koordiniert. Es handelt sich dabei um eben jene „Weißhelme“, die 2016 den alternativen Friedensnobelpreis erhielten, obwohl sie gemeinsame Sache mit Terroristen machen und eine zwielichtige Rolle bei den behaupteten Giftgas-Angriffen in Syrien spielen. All diese Truppen schult de Bretton-Gordon; und zwar darin, wie sie die Opfer von Chemiewaffenangriffen „behandeln“ und „Beweise“ für solcherart „Angriffe“ sammeln sollen. Voller Stolz konnten sie auch bald erklären, angeblich „200 Einsätze von chemischen Waffen in Syrien“ durch ihren Erzfeind Assad dokumentiert zu haben.

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Apropos Sandhurst und Militärakademie. Die Weißhelm-Propagandagruppe  wurde vom Ex- oder-doch-nicht-Geheimdienstler der britischen Armee, James Le Mesurier, gegründet und mit Geld von der Insel sowie aus Übersee betrieben: die United States Agency for International Development (USAID), eine Behörde der Washingtoner Regierung für Entwicklungszusammenarbeit, schob der Truppe 32 Millionen US-Dollar zu, während die britische Regierung 20 Millionen Pfund beisteuerte. Kein Wunder, dass die Sprecher der „White Helmets“ regelmäßig westliche Militärschläge gegen die syrische Regierung und ihre Verbündeten einfordern und so mit den Interventionisten in Washington und London harmonieren.

Le Mesurier ist - wie auch Hamis de Bretton-Gordon - Absolvent der Militärakademie in Sandhurst. Das ist offenbar auch der Grund, wieso die Webseiten von „Doctors under Fire“ -“ und den „White Helmets““ nahezu vollständig identisch sind. 

Countdown: Hamish de Bretton-Gordon klärt den Mordanschlag in Salisbury auf

Wir erinnern uns: Am 12. März 2018 beschuldigte Theresa May Russland, Drahtzieher des Mordanschlages auf Vater und Tochter Skripal zu sein. Am 13. März 2018 sagt de Bretton-Gordon dem US-Nachrichtensender CNN, Nowitschok sei „eine hoch entwickelte chemische Waffe“, die nur eine sehr begrenzte Anzahl von Staaten handhaben könnten. „Es ist schwierig, sich ein Szenario vorzustellen, in dem es keine russischen Hände gibt“. Auf Twitter legt er nach: „Russland hat seine chemischen Waffen nicht zerstört, wie es den Vereinten Nationen erklärt wurde“. Am 14. März 2018 legte er sich im Guardian fest: „Schichany war der einzige Ort für die Entwicklung und Produktion von Nowitschok.“

Zugleich wies er zurück, dass die Chemikalie an anderen Orten der ehemaligen Sowjetunion wie beispielsweise der Ukraine und Usbekistan gefunden werden könnte: „Sie haben nirgendwo anders mehr" etwas davon. Jonathan Beale, Korrespondent für Verteidigungsangelegenheiten bei der BBC, verbreitete die Nachricht umgehend: „Der Ort, an dem das beim Skripal-Angriff verwendete Nervenkampfmittel hergestellt wurde, wurde vom Chemiewaffenexperten Hamish de Bretton-Gordon als Schichany in Zentralrussland identifiziert. Deren Pendant zu Porton Down.“ Und dieser legt am 30. März 2018 im Telegraph frech nach:

Der Angriff auf Salisbury könnte sich als großer Fehler des Kreml erweisen, der in Europa einen großen Teil seines Mechanismus zum Sammeln von Informationen verloren hat. Es scheint sich um ein Attentat gehandelt zu haben, das schiefgelaufen ist, da vielleicht ein übereifriger Aufsteiger im FSB - in dem Versuch, den ‚hohen‘ Führer zu beeindrucken – Russlands geheime ‚Super-Massenvernichtungswaffe‘ und so einen marginalen Vorsprung gegenüber den westlichen Militärs verraten und so gezeigt hat, dass Russland nicht vertrauenswürdig sondern verschlagen ist. Als ob wir es nicht wüssten. Die Krise in Syrien und die Vergiftung in Salisbury sind eng miteinander verbunden. Jetzt ist die Zeit für eine starke Entschlossenheit, Frau May und Ihre Kollegen von der UNO. Sie müssen dem Einsatz chemischer Waffen Einhalt gebieten und einen neuen Kalten Krieg verhindern. Wenn Sie nebenher Zeit haben, können Sie bitte etwas gegen das Böse unternehmen, das direkt auf Krankenhäuser und Sanitäter in Syrien und anderswo abzielt?

Wenige Tage später, am 4. April 2018, lies der angebliche „Zivilist“ endlich die Hosen runter. De Bretton-Gordon sagte dem Guardian:

Nachdem ich viele verschiedene Geheimdienstquellen gesehen habe, bin ich zu 100 Prozent zuversichtlich, dass die Premierministerin recht hat, dass die Russen schuldig sind. Porton Down hat die Arbeit gemacht, die sie tun müssen. Sie haben den Nervenkampfstoff identifiziert und gesagt, dass es sich um Nowitschok handelt... Russland als Unterzeichner der Chemiewaffenkonvention sollte Untersuchungen unterstützen, einschließlich des Besuchs der OPCW in Schichany, um zu überprüfen, ob das Nowitschok von dort kam. Wenn die Russen so unschuldig sind, wie sie sagen, sollten sie denen erlauben, das so schnell wie möglich zu besuchen.

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Gegenüber Radio Freies Europa / Radio Liberty betonte er, „dass Geheimdienstinformationen, die er gesehen habe, eindeutig auf die Einrichtung in Schichany hinwiesen. Die dort lagernden Mengen von Nowitschok reichen für Angriffe aus, seien aber für militärische Operationen zu klein.“

In Summa: All die Vorhaltungen, die Oberst a. D. Hamish de Bretton-Gordon im Zuge der Skripal-Affäre öffentlich vorgetragen hat, wurden nachher artig von Londoner Regierungskreisen repetiert.

De Bretton-Gordon, so scheint es, ist der vortrefflichste Souffleur für Premierministerin Theresa May und Außenminister Boris Johnson in Sachen Chemiewaffen-Angriff in Salisbury. Und vor allem auch in Sachen Syrien. Nach Auffassung des Autors ist er offenbar maßgeblich am Betrug über die mutmaßlichen Einsätze von Chemiewaffen in Syrien beteiligt. Er ist ein „go-between“ zwischen den Tätern in Syrien, die vor Ort Chemiewaffen-Angriffe simulieren; er beschafft dubiose Proben, die er selbst auswertet, und deren „Ergebnisse“ er nachher brutal medial vermarktet und dem politischen Establishment als willkommenes Futter für Verleumdungskampagnen gegen die Präsidenten Putin und Assad anbietet. Aktiv gestaltet er mit am verzerrten Bild von Russland und Syrien mit dem Ziel, beide Staaten für ihre angeblichen Chemiewaffen-Einsätze zu Paria-Staaten innerhalb der sogenannten „Weltgemeinschaft“ zu deklarieren. Dabei bedient er lediglich die kommerziellen und politischen Interessen des britischen militärisch-industriellen Komplexes - und seine eigenen.

Denn er profitiert selbst von staatlichen Zuwendungen, mit denen seine Operationen in Syrien beispielsweise finanziert werden. Ganz abgesehen von den Millionen- und Milliarden-Verträgen, die seine Firma Avon Protection Systems aus Washington und London zugesteckt bekommt. Es kann nur vermutet werden, dass de Bretton-Gordon, der ehemals ranghöchste Experte für CBRN innerhalb der NATO, noch immer im Auftrag der britischen Regierung unterwegs und tätig ist. Dass der Mann generell spannende Geschichten auf Lager hat, seine Phantasie offenbar grenzenlos scheint, zeigt sich auch darin, dass er dem ehemaligen britischen Angehörigen des Elite-Regiments Special Air Service, Bear Grylls, dabei hilft, seine neue Abenteuerserie zu schreiben. Die Bücher des nunmehrigen Abenteurers, Dokumentarfilmers, Pfadfinderleiters und Autors, „Ghostflight“ und „Burning Angels“, avancierten zum internationalen Bestseller. Vielleicht sollte sich Hamish de Bretton-Gordon vollständig dem Fantasy-Genre hinwenden.

Doch vorerst hat er andere Pläne: Am 13. April twitterte er, er habe eine Ahnung, dass nach dem Fall von Ghuta in Syrien - „ein entscheidender Moment für Assad, bewirkt durch den Einsatz von chemischen Waffen, die Provinz Idlib“ das nächste Ziel sein wird für Assads Chemiewaffen-Angriffe.

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Da gibt es viel zu tun für ihn, seine „Weißhelme“ und die Informanten vor Ort -  seien es nun Christian T., Künstler und Historiker für ein Freies Syrien, Amer A., freier Kameramann und Fotojournalist, Mohamad K., Verteidiger der Menschenrechte von der den islamistischen Muslimbrüdern nahestehenden Syrian American Medical Society „SAMS“, Firas A., freier Fotograf aus Ghuta und all die anderen „Rebellen“, die ihm den Stoff für seine Märchen liefern, mit denen er Mainstream-Medien sowie Regierungen in London, Paris und Washington beglückt.

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